Ihr schuldet uns was
Sandra Kostner und ihre Mitautorinnen und –Autoren sezieren die Identitätslinken, die Menschen wieder an ihre Herkunft ketten
„Bist du dir sicher, dass Du das wirklich publizieren willst? Hast du keine Sorge, dass dir so ein Text schaden wird?“
Die Soziologin und Migrationsforscherin Sandra Kostner schreibt präventiv schon auf den ersten Seiten, was ihr Kollegen aus dem Wissenschaftsbetrieb sagten, als sie ihnen von ihrem Buchprojekt erzählte. „Identitätslinke Läuterungsagenda“ stellt für die neuen, regressiven Linken tatsächlich die größtmögliche Provokation dar. In den USA gibt es die Kritik an linker Identitätspolitik schon länger. In Deutschland trifft bisher kein Buch den Nerv dieser Ideologie so präzise wie der von Kostner herausgegebene Sammelband.
Die Wissenschaftlerin beschreibt eine Begegnung im australischen Cairns, die bei ihr zu einer Auseinandersetzung mit dieser neuen Linken und schließlich zu dem Buch führte. Bei einer Party erzählten ihr mehrere Lehrerinnen stolz, sie hätten erkannt, dass Aborigines-Schüler es deshalb so schwer im Mathematikunterricht hätten, weil Mathematik „westlich“ und nicht Teil „ihrer Kultur“ sei. Stattdessen würden sie die Ureinwohner-Kinder jetzt in Kunst und story telling unterrichten; seitdem ginge es in den Schulstunden viel entspannter zu. Als Kostner ihnen versuchte klarzumachen, dass sich die Lehrerinnen mit ihrer Herablassung vielleicht auf gut gemeinte Weise rassistisch, aber jedenfalls rassistisch verhielten, reagierten die Pädagoginnen giftig: Aborigines mit „westlichen“ Inhalten zu traktieren sei eine Fortsetzung des Kolonialismus, und sie, Kostner, verstünde das als Zugereiste eben nicht. Ihr Freund, so die Autorin weiter, habe ihr nach der Party gesagt, er halte die Argumentation der Lehrerinnen auch für absurd, spreche das aber nicht offen aus, um sich nicht sozial zu isolieren. Und zu dieser Zurückhaltung rate er ihr auch.
In ihrem Text entwickelt Kostner zwei Schlüsselbegriffe zur Beschreibung der Identitätslinken: Täter- und Opferentrepreneure. Täterentrepreneure entstammen der Mehrheitsgesellschaft, sie erklären sich zum Anwalt der Marginalisierten, die durch ihr Handeln die Schuld ihrer Gruppe – der weißen Mehrheit – abtragen helfen. Dafür fällt für sie eine „moralische Dividende“ (Kostner) ab, die sich in Definitionsmacht ummünzen lässt. Opferentrepreneure wiederum nutzen ihren Opferstatus, also Hautfarbe, Herkunft, sexuelle Identität – unabhängig von ihrer tatsächlichen Situation – um Ressourcen zu beanspruchen und sich gleichzeitig gegen jede Kritik zu immunisieren.
Zwischen beiden, Täter- wie Opferentrepreneuren , so Kostner, bestehe eine „Symbiose“, die einen stärken die Position der anderen. Das ursprünglich linke Modell von Unterdrückern und Unterdrückten wird dabei beibehalten, aber von den sozialen Verhältnissen auf die „Diversität“ übertragen. Oder, mit Kostner: „Was serviert wird, ist neuer Identitätswein in alten marxistischen Schläuchen.“
Die linke Identitätspolitik lebt von zwei Voraussetzungen: Erstens von der untilgbaren Schuld der weißen, westlichen Mehrheitsgesellschaft. Deshalb auch „Läuterungsagenda“: Die Schuld soll angeblich gemildert werden, wächst aber eher noch an: denn je stärker die Ankläger Ungleichheiten skandalisieren, desto leichter können sie „die gesteigerte Sensibilität in neue Hypersensibilität (Stichwort ‚Mikroaggressionen’ ) überführen. Sie setzt im besten Eigeninteresse alles daran, Diskriminierungsnarrative aufrechtzuerhalten, unabhängig davon, was in der Realität passiert.“
Aufrechterhalten werden muss auch die Rolle von Schuldigen und Opfern, die, so die Autorin, zu diesem Zweck von der neuen Linken jeweils in ihr „Identitätsgefängnis“ gesperrt werden. Der Bauhelfer mit 1900 Euro brutto bleibt als weißer Mann immer „privilegiert“ und Unterdrücker, da Mitglied der „Mehrheitsgesellschaft“, die gutverdienende Akademikerin mit Migrationshintergrund gilt dagegen immer als „marginalisiert“; sie wird nach identitätslinker Logik einem Opferkollektiv zugeschlagen, ob sie will oder nicht. Statt um soziale Befreiung wie bei der alten Linken geht es der neuen darum, die Ungleichheit dauerhaft zu behaupten, anzuklagen und zu bewirtschaften.
Für Kostner ist das „freiheitsvergiftend“, da jede Kritik an dieser Ideologie von den Diskurshegemonen sofort als „rassistisch“ und „sexistisch“ niedergehämmert wird, erst recht, wenn die Kritiker zur Mehrheitsgesellschaft zählen. Lieber schweigen deshalb viele – so wie ihr Begleiter seinerzeit in Cairns.
Susanne Kostner schreibt in einem dichten und erfreulich klaren Stil. Sie klagt nicht an, sondern analysiert mit Distanz und, heute gar nicht so häufig in der akademischen Welt, mit echtem Erkenntnisinteresse.
So halten es auch die anderen zwölf anderen Autorinnen und Autoren, darunter auch der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer.
Sie habe auch Vertreter der Identitätslinken eingeladen, an dem Sammelband mitzuarbeiten, schreibt Kostner im Vorwort, aber keine Antworten erhalten.
Angegriffen wurde sie bisher nicht. Es scheint dafür eine Übereinkunft zu geben, das Buch zu ignorieren. Rezensionen findet der Autor im Netz keine.
Der Band „Die identitätslinke Läuterungsagenda“ verdient Verbreitung trotz seines sperrigen Titels. Er übt dringend nötige Ideologiekritik auf riskantem Terrain.
Sandra Kostner (Herausgeberin): Identitätslinke Läuterungsagenda. Eine Debatte zu ihren Folgen für die Migrationsgesellschaft
Ibidem Verlag 313 Seiten 22 Euro
Keine weiteren Phrasen
Alexander Kissler sortiert die gängigen Sprachschablonen der Republik
Bücher zur Kritik des gedankenarmen Sprechens gibt es etliche, und darunter viele berühmte, etwa Ambrose Bierces „Des Teufels Wörterbuch“, Gustave Flauberts „Wörterbuch der Gemeinplätze“, Léon Bloys „Auslegung der Gemeinplätze“, und, schon ziemlich gegenwärtig, Eckhard Henscheids „Dummdeutsch“. Phrasen müssen immer wieder abgemäht werden, die Arbeit gehört zu den Tätigkeiten, die niemand ein für alle mal erledigen kann. Das weiß auch Alexander Kissler, obwohl es in der Unterzeile seines Buchs „Widerworte“ überoptimistisch heißt: „Warum mit den Phrasen Schluss sein muss“.
In Zeiten, in denen Politiker und sonstige Meinungsbildner von den Bürgern verlangen, auf Gemeinplätzen zusammenzustehen, gesellt sich auch der Berliner Philologe Alexander Kissler dazu. Allerdings, um die Harmonie zu stören, indem er Sätze wie „Jeder verdient Respekt“, „Willkommenskultur ist der beste Schutz vor Terror“ oder „Menschlichkeit kennt keine Obergrenze“ sorgfältig auseinanderschraubt. Fünfzehn mal beantwortet er in „Widerworte“ die Frage: Warum ist diese Wendung falsch?
Meist läuft seine Antwort darauf hinaus: Weil diejenigen, die sie benutzen, etwas Grundsätzliches verwechseln. „Sogar der erste Artikel des Grundgesetzes besagt“, zitiert Kissler die Bundeszentrale für politische Bildung, „dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Jeder hat ein Recht auf Respekt, immer und überall.“ Hat er nicht. Würde besitzt jeder, auch noch ein verurteilter Mörder im Knast. Respekt (den, wie Kissler schreibt, jemand nur vor etwas haben kann), verdient jemand. Es gibt ihn also nicht voraussetzungslos: „Ein universales Desinteresse am Menschen tönt aus der Phrase, jeder verdiene Respekt. Man kann sie nur aussprechen, wenn einem alles egal ist.“
Auch denen, die in der Migrationsdebatte verkünden, Menschlichkeit kenne keine Obergrenze, erklärt der Autor, welche Kategorien sie durcheinanderbringen – nämlich die des Eigenen und die des Allgemeinen. Grenzenlos kann jemand nur über seine eigenen Mittel verfügen – sein Geld, sein Haus, im Idealfall auch über seine Geduld. Wenn innerhalb kurzer Zeit zwei Millionen Migranten und mehr ins Land einreisen, dann kommen eben nicht einzelne Samariter dafür auf, sondern eine ganze Gesellschaft. Und in einer Gesellschaft gibt es naturgemäß unterschiedliche Ansichten über das sinnvolle Maß der Einwanderung und den Einsatz öffentlicher Mittel.
Das Beispiel des barmherzige Samariters aus der Bibel, der einen unter die Räuber gefallenen Mann auf sein Reittier hob, zu einer Herberge brachte und dem Wirt zwei Denare für die Unterbringung gab, lässt sich, so Kissler, eben nicht zur Staatsräson machen: „Es war das eigene Geld, das eigene Tier, und es war eine einmalige Unterstützung in klar befristeter Notlage. Der Samariter sagte nicht zu dem Mann, er möge bei der Gemeindeverwaltung einen Antrag stellen auf Entschädigung aus dem Sonderfonds für Raubopfer, er sagte dem Wirt nicht, er solle den Mann dort dauerhaft wohnen lassen, er baute kein Haus für den Mann, dessen Frau und die künftigen Kinder, und er hätte dieses nie gebaute Haus gewiss nicht der Kommune von Samarien in Rechnung gestellt.“
Manche Verschraubungen, die Alexander Kissler sich vornimmt, fallen schon nach leichter Berührung mit den analytischen Werkzeugen auseinander, etwa der Satz: „Angst hat man vor dem, was man nicht kennt.“ In der Version des Münchner Erzbischofs Reinhard Marx klingt der Diskursgroschen so: „Je mehr Menschen sich begegnen, desto weniger Hass ist da. Und da, wo keine Begegnung mit dem anderen da ist, ist die Fremdenfeindlichkeit am größten.“ Kissler fragt: „Also wären die in den Anden lebenden indigenen Völker besonders fremdenfeindlich und hassgetrieben, während in den bunt gemischten Vierteln von Mumbai, Nairobi, Berlin nirgends ‚Angst vor dem Anderen’ (Marx) herrschte. Glaubt der Erzbischof das wirklich?“
Jedenfalls liegt sein fürstbischöfliches Palais in München in einer sehr monokulturellen Gegend.
Der Autor und Cicero-Journalist versteht nicht nur das Handwerk der Dekonstruktion. Er stellt auch den Sinn der Begriffe in seinen fünfzehn Exkursen wieder her. „Widerworte“ ist das Buch für alle, denen das Gefühl nicht reicht, dass etwas falsch klingt.
Alle Wendungen, die er seziert, haben etwas gemeinsam: Sie dienen nicht der Diskussion. Sie sollen Debatten beenden. Kisslers Phrasensammlung erzählt deshalb auch etwas darüber, wie Wohlmeinende in Politikbetrieb, Kirchen und Medien an den eigentlichen Streitfragen mit Vorsatz vorbeisprechen, weil sie „Haltung zeigen“ – auch eine im Buch behandelte Wendung – aber ihren Argumenten nicht trauen.
Schon Karl Kraus wusste: „Die Phrase und die Sache sind eins.“
Alexander Kissler: Widerworte. Warum mit den Phrasen Schluss sein muss
Gütersloher Verlagshaus 2014 Seiten 18 Euro
Wer glaubt, muss nicht selig werden
Markus Spieker bereitet die Deutschen auf eine Zukunft vor, in der Länder wie Indien und China den Takt vorgeben
Welterfahrenheit gehört nicht zu den ausgeprägten deutschen Eigenschaften. Markus Spieker, Historiker, Journalist und von 2015 bis 2018 Leiter des ARD-Studios Ostasien, nimmt sich in seinem Buch „Übermorgenland“ auch Zeit für eine kurze Geschichte der deutschen Wirklichkeitskonstruktion, die hierzulande mehr geschätzt wird als die Anschauung. Sein Exkurs reicht von Gottfried Herder, der die Inder als „sanftmütigsten Stamm der Menschen“ lobte, ohne Indern je begegnet zu sein, über Max Müller, Autor des seinerzeit populären Buchs „Was wir von Indien lernen können“, der allerdings, wie Spieker schreibt, nie über die Donau hinausgekommen war. Und schließlich führt die Linie zu Margot Käßmann („nichts ist gut in Afghanistan“), die das Land nie betreten hatte.
Spieker, Jahrgang 1970, hält es anders: Schon vor seiner Zeit in Ostasien unternahm er gern Exkursionen außerhalb Europas. In seiner Zeit als ARD-Korrespondent in Indien reiste er in viele Gegenden weitab der Hauptstadt, aber auch durch Pakistan, Afghanistan, Bangladesch, und versuchte überall, das andere erst einmal aufzunehmen, ohne es gleich zu filtern und in ein Muster zu sortieren.
Spieker kann staunen, etwa über einen gläsernen Schrein in der Nähe des indischen Jodhpur, in dem ein Motorrad der Marke „Royal Enfield“ verehrt wird (warum, das überspringt der Rezensent). Der Journalist sieht sich die jährliche hinduistische Massenprozession im ostindischen Puri an, er spricht mit Indern über die Ausbreitung des radikalen Islam. Die Kraft der Religion, schreibt er, ist auch in einem Indien ungebrochen, in dem gleichzeitig ein hochmoderner Flughafen nach dem anderen entsteht. „Im Vergleich mit den meisten Menschen weltweit“, so Spieker, „sind die säkular ausgerichteten Deutschen die große Ausnahme“. Und anders als in der idealisierten Sicht der Deutschen tragen Glauben und Vielfalt in vielen Gegenden sehr oft nicht zur Harmonie bei. Er beschreibt, wie immer mehr Frauen in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, die Burka tragen, die dort nicht zur Landestradition gehört, wie sich in Pakistan die Zahl der fundamentalistischen Koranschulen – meist finanziert mit saudischem Geld – in den letzten 40 Jahren verhundertfachte, von vierhundert auf vierzigtausend. Wie im indischen Kerala seit der Jahrtausendwende der radikalisierte Islam das früher gut funktionierende Zusammenleben von Muslimen, Hindus und Christen zu einer brüchigen Angelegenheit macht. Warum? „Weil wir den Dingen ihren lauf gelassen haben“, zitiert er einen indischen Journalistenkollegen. „Macht in Deutschland nicht den gleichen Fehler.“
Vor dieser Folie fragt der Autor rhetorisch, was der Satz des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff „der Islam gehört auch zu Deutschland“ eigentlich sagen soll. „Auch Mormonen, Zen-Buddhisten und Wünschelrutengänger“ könnten schließlich „für sich das Etikett ‚gehört zu Deutschland’ reklamieren“. Nur: welcher Islam eigentlich?, fragt Spieker. Der sunnitisch-konservative? Und die Scharia? Er stellt auch die ungeheure Frage: „Nützt der Islam Deutschland?“
Neben der Religion bildet der wirtschaftliche Aufbruch Asiens den zweiten Schwerpunkt des Buchs. Dass hunderte Millionen Inder neben ihrer Spiritualität erst einmal ganz materialistisch nach bescheidenem Wohlstand streben, dass allein die Stadt Shanghai plant, 15 Milliarden Euro in die Entwicklung künstlicher Intelligenz zu investieren, dass China bisher 60 Milliarden Euro in wirtschaftliche Projekte in Afrika steckte – diesen Aufstiegswillen hätten die meisten Deutschen in ihrer Selbstbezogenheit gar nicht begriffen: „Das größte Wettrennen der Geschichte läuft. Und wir haben den Schuss nicht gehört.“
Seinem deutschen Publikum empfiehlt Markus Spieker vor allem Demut: Es solle erst einmal verstehen, dass die Musik, nach der global getanzt wird, in Zukunft vor allem aus Asien kommt.
Spieker schreibt leicht, eingängig und in kurzen Kapiteln. Immer wieder schneidet er asiatische Szenen, von denen es gern mehr hätte geben dürfen, mit deutschen und europäischen gegen.
Wulff, damals noch Bundespräsident, erzählt Spieker, habe ihm beim Rückflug aus Afghanistan einmal erzählt, er wolle eine Rede über Demut halten, seine Lieblingstugend. „Ich horchte auf. Demut ist auch meine Lieblingstugend, die bei mir immerhin so weit ausgeprägt ist, dass ich weiß, dass ich zu wenig davon habe.“
Die präsidiale Demutsrede Wulffs gab es nie. Sein Rücktritt kam ihm dazwischen.
Markus Spieker: Übermorgenland. Eine Weltvorhersage
Fontis Verlag 320 Seiten 20 Euro
Kommentare anzeigen (6)
Einige Erfahrungen von Sandra Kostner und ihre Gedanken zum Thema “Denk- und Redeverbote in Sozialwissenschaften” habe ich auf der "Achse des Guten" mit großem Interesse gelesen. Erstaunlich, in wie viele Masken und Kostüme der Totalitarismus seine menschheitsbeglückenden Rituale verkleidet. Die Grundmuster bleiben gleichwohl erkennbar, und es ist bitter, dass an Hochschulen wieder - wie in Zeiten des Marxismus-Leninismus - das wissenschaftliche Denken durch sie erstickt wird.
Dass Sandra Kostner von den Medien ignoriert wird, stimmt nicht ganz: Lustig ist dabei nur, dass etwa die FAZ nicht über Kostners Buch schreibt – früher hätte Lorenz Jäger sich getraut –, sondern Kostner selbst einen langen Text zum Thema „Wie linke Identitätspolitik der Gesellschaft schadet“ schreiben lässt (Paywall), den es auch als Podcast gibt, es liest Daniel Deckers:
https://blogs.faz.net/essay/2019/05/13/schuld-und-suehne-3709/
Einen Auszug aus Kostners Buch gibt es hier (mit Lesermeinungen zu den Aborigines, die mit Kostner nicht konform gehen):
https://www.achgut.com/artikel/die_identitaetslinke_laeuterungsagenda
Und wenn ich mir die Themen der „Diversitätsbeauftragten“ Kostner so ansehe und das, was sie im „Migazin“ über islamische Verschleierung geschrieben hat, bezweifle ich, dass ich sie voll und ganz eine Schwester im Geiste nennen würde; „Migazin“-Chefredakteur Ekrem Senol wird Milli Görüs zugerechnet.
Nur mal das Samaritertum herausgegriffen:
Es gibt die Pflicht, einem unverschuldet in Not geratenen Menschen aus eben dieser gegenwärtigen Notlage zu helfen, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten.
Es gibt keine Pflicht, kollektiv zu helfen; selbst Jesus Christus spricht NICHT von Fernstenliebe, sondern von Nächstenliebe.
Darauf angesprochen, deuten Kirchenobere das flugs um in den Dummdeutschsatz: Fernstenliebe IST Nächstenliebe.
Man erkennt unschwer, wieweit die Amtskirchen schon tief drinstecken in der linksgrünen Ideologie!
Und sie vergreifen sich an ihrer Geschäftsgrundlage, indem sie Bibelstellen so zurechtbiegen bzw. verfälschen, wie sie in ihren aktuellen Politkram passen. An der Frankfurter Katharinenkirche hing vor Jahren ein riesiges Anti-Pegida-Banner, auf dem „Liebe Deinen Mitmenschen – er ist wie Du“ stand. „Ein Banner gegen Fremdenfeindlichkeit“, titelte die Lokalpresse.
Auf das Banner angesprochen, hatte der ev. Stadtpfarrer den Standardquark als Begründung parat: „Die Übersetzung ist extra so gewählt“, schrieb er, „damit sie unbekannt/verstörend wirkt und so hoffentlich ein Nachdenken auslöst.“ Der Einfaltspinsel. Wir waren nicht verstört, wir fragten uns nur, was hamse sich bloß dabei gedacht, eine Bibelstelle, die seit fünfhundert Jahren in den Köpfen verankert ist – „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ –, in öffentlicher Aktion verschwinden zu lassen. In der AT-Übersetzung von Buber/Rosenzweig steht übrigens „Halte lieb deinen Genossen“, also deinen vertrauten Nachbarn, nicht den fernen Ägypter.
„Ein Banner gegen Fremdenfeindlichkeit“:
https://www.fnp.de/frankfurt/banner-gegen-fremdenfeindlichkeit-10685806.html
Alles sehr interessant. Aber:
Seit langem geht mir die Frage "Welcher Islam?" an den Nerv. Tatsache ist, es gibt nur einen Koran. Dazu gibt es unterschiedliche Interpretationen, wobei die Unterschiede aus der Position des Ungläubigen vernachlässigbar sind. Man sieht es am Vergleich von Iran zu Saudi-Arabien: Die Konflikte sind weniger religiös als machtpolitisch zu erklären, ein Ungläubiger (oder nicht ganz so strenggläubiger Muslim) hat in beiden Ländern nichts zu lachen.
Freilich gibt es die "moderaten" Muslime, die es aus Opportunitätsgründen mit dem Koran nicht ganz so genau nehmen. Aber diese leichte Distanz zum Koran kann unter gewissen Randbedingungen ganz schnell überwunden werden, man spricht dann von Radikalisierung.
Diejenigen, die z. B. auf einen Euro-Islam hoffen, haben ein Problem mit der Realität.
Mit Blick auf den genannten indischen Journalisten kann man jedoch emotionslos feststellen:
"Wir haben den Dingen ihren Lauf gelassen, wir haben in Deutschland den gleichen Fehler gemacht.“ Der point of no return liegt hinter uns. Leider.
Zu Kostner: Früher persiflierten konservative Studenten (selbst eine verfolgte Minderheit) die Forderungen der Linken mit Sätzen wie "Jedem Linken seine persönliche diskriminierte Minderheit! Er braucht das für sein psychisches Wohlbefinden!" -
Aus Rot ist einfach Grün geworden - eine Art soziologischer Farbenverschiebung analog der linguistischen Lautverschiebung. Gemeinsam ist allen Linken, damals wie heute, dass sie sich ungefragt zum Anwalt aller tatsächlicher und vorgeblicher Unterdrückten machen. Nicht aus wirklicher Empathie - das kann man am persönlichen Verhalten der meisten klar ablesen - sondern einfach aus Geltungssucht. Nur so kann sich ein hohler Theorieschwätzer schliesslich als irgendwie bedeutend und sozial nützlich gerieren. Und ein Status auf dem moralischen Podest ist irgendwie meist auch mit einem Zipfelchen Macht verbunden. -
- Zu Spieker. Es wäre schön, wenn uns Journalisten mit ihren Weisheiten über Welt-Entwicklungen verschonen würden. Denn die arten regelmässig (Ausnahmen bestätigen die Regel) in oberflächliche, anekdotische, zahlenallergische Phantastereien aus. Über Indien kann ich nichts sagen, da ich darüber wenig weiss (Sie sehen, ich bin kein Journalist - ich gebe das zu); aber China kenne ich sehr gut.
Und da ist es erschütternd, wie erbärmlich die Berichterstattung darüber bei uns ist. Man ignoriert fast alle relevanten Tatsachen in dieser Gesellschaft und kapriziert sich auf Marginalien. Aber das reicht bis in die Politikwissenschaft hinein, deren Niveau heute auch nur noch unwesentlich über dem des deutschen Journalismus liegt.
Völlig ignoriert werden die Auswirkungen des fehlenden Rechtsstaats in China auf die Wirtschaft, die zunehmende Privatverschuldung wegen der (kulturell bedingten) Notwendigkeit, bei Heirat Häuser (und anderes) zu kaufen, das unzureichende Mietrecht, das ebenfalls zum Häuserkauf zwingt, das fehlende Zwangsvollstreckungssystem in China, das verhindert, Recht zu bekommen, das völlig absurde Schulsystem mit riesigen Klassen, in denen nur Nachplapper-Unterricht möglich ist, die problematische Alterspyramide, das unzureichende Renten- und Krankenversicherungssystem, die Auflösung der traditionellen Familie, das fehlende Sozialkapital, usw. ...
Kurz: China wird nicht den Takt der Zukunft vorgeben. Die haben riesige Probleme. Auch wenn darüber hier in der Presse ignorantes Schweigen herrscht.