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Später Wochenrückblick: Schreiben und Meinen nach dem Attentat in Halle

Ein Text schaffte es in der vergangenen Medienwoche vor allen anderen, einen heftigen öffentlichen Streit auszulösen: Der Artikel des Springer-Vorstandschefs und Journalisten Mathias Döpfner zu dem versuchten Attentat auf die Synagoge in Halle (und dem Tod zweier Zufallsopfer). „Nie wieder ‚nie wieder’” hatte Döpfner sein Stück überschrieben, und darin die selektive Wahrnehmung des Antisemitismus in Deutschland in Medien und in der Politik und Bequemformeln wie „Nie wieder“ gegeißelt.

Antisemitismus, stellte Döpfner fest, beginnt nicht erst dann, wenn in Deutschland ein schwer Bewaffneter loszieht, um Juden zu töten. Und Judenfeindlichkeit kommt nicht nur von rechtsextremer Seite. Sondern gerade in der letzten Zeit von Muslimen, militanten Palästinensern, außerdem in toxischem Vokabular und Gleichgültigkeit auch von etablierten Politikern und Medien. Mit ihrer politischen Korrektheit, das ist die zentrale These des Springer-Chefs, machen sich viele Medien und andere Tonangeber willentlich blind gegenüber einem erheblichen Teil des Judenhasses in Deutschland.

„Ein Zeichen war es vielleicht, dass wenige Tage zuvor, am 4. Oktober in Berlin, ein Syrer die Absperrung einer Synagoge überwindet, ‚Fuck Israel’ und ‚Allahu Akbar’ ruft und daraufhin ein Kampfmesser zieht“, schrieb Döpfner. „Er wird festgenommen und am Tag darauf wieder freigelassen. Neben Hausfriedensbruch bestehe kein weiterer Tatverdacht. Solche Zeichen werden verstanden. Als Einladung. […]

Deutschlands Politik- und Medieneliten schlafen den Schlaf der Selbstgerechten und träumen den Wunschtraum der Political Correctness. Möchten sie nicht, dass diese Ruhe gestört wird?“

Döpfner nennt in seinem Text den Auftritt der beiden israelfeindlichen Rapper Shadi Al-Bourini und Shadi Al-Najjar am Brandenburger Tor in Berlin, die dazu aufrufen, Tel Aviv und Juden zu „zertreten“ (Beide bekamen übrigens, obwohl ihre Ansichten bekannt sind, problemlos Einreisevisa von der deutschen konsularischen Vertretung in Ramallah). Er hätte auch weitere Fälle nennen können: den eines jüdischen Schülers, der in einer Schule in Berlin-Friedenau so lange von überwiegend muslimischen Mitschülern gemobbt und gedemütigt wurde, bis ihn seine Eltern von der Schule nahmen. Oder den eines amerikanisch-jüdischen Gastprofessors in Bonn, dem ein, wie es dann im Polizeibericht hieß, Deutscher mit palästinensischen Wurzeln tagsüber im Hofgarten die Kippa vom Kopf schlug mit den Worten: „Kein Jude in Deutschland“
Schon damals warf der Herausgeber der Jüdischen Rundschau Rafael Korenzecher der politisch-medialen Elite vor, „mit linksäugiger Erblindung den Feind der Juden gegen jede Evidenz auch heute noch ausschließlich rechts zu suchen“.
Der versuchte Messerangriff auf die Synagoge in der Oranienburger Straße kurz vor dem Attentat in Halle schlug sich übrigens nur als kurze Nachricht in Berliner Zeitungen nieder. Tichys Einblick Online und Publico gehörte zu den wenigen überregionalen Medien, die davon berichteten.

Der WELT– und ehemalige taz-Journalist Deniz Yücel warf Döpfner darauf vor, vom eigentlichen Thema abzulenken. Das Thema, meinte er, heiße Rechtsterrorismus, und dürfte auch nur so heißen.
Nein, Döpfners Thema hieß eben Antisemitismus. Allerdings war die WELT so frei, Yücel Platz freizuräumen, damit er gegen den Springer-Vorstandschef schreiben konnte.

Es gab in der vergangenen Woche noch andere Reaktionen auf Döpfners Text. Der Deutsche Journalistenverband überlegte in einem Tweet laut, ob Mathias Döpfner nach seiner „Hasstirade auf Journalisten“ als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) noch „tragbar“ wäre.

Nun ist der DJV eine ganz eigene Kategorie. Als Billy Six, Journalist für die Junge Freiheit, im sozialistischen Venezuela wegen seiner Reportertätigkeit vom Geheimdienst verhaftet und inhaftiert wurde, verkündete DJV-Sprecher Hendrik Zörner auf Anfrage fast schon stolz, sein Verband werde „nichts“ für die Freilassung von Six tun. Begründung: Six sei eben „rechts“.
Damit unterschied sich der DJV beispielsweise von Reporter ohne Grenzen – die Organisation forderte unbeschadet aller politischen Differenzen die Freilassung des Journalisten. Genau so wie übrigens Deniz Yücel, der damals twitterte, journalistische Freiheit sei unteilbar.
Die Frage stellt sich also eher so herum: Warum sollte ein Journalist mit Restselbstwertgefühl noch Mitglied im DJV sein? Dass dem DJV keine Argumente gegen Döpfner einfallen, sondern nur die Forderung, er müsse aus seinem BDZV-Amt entfernt werden, zeigt noch einmal und eigentlich überflüssigerweise, dass in dem so genannten Journalistenverband die Verweser ihres Berufsstandes hocken.

Wer wäre eigentlich besser als Verlegerpräsident geeignet als Döpfner, jemand, der mit seinem Text offenbar einen Nerv trifft? In zehn Jahren werden vermutlich nur noch Medien existieren, die es heute schaffen, echte Debatten zu entfachen.

Trübe ist eher ein Beitrag auf dem Portal Übermedien von Stefan Niggemeier, auf den der DJV sich beruft. Niggemeier, Gründer von Übermedien, behauptet dort, Döpfner spreche mit seinem Text über den toten Winkel vieler Medien beim Thema Antisemitismus „der AfD aus der Seele“. Ich schätze Stefan Niggemeier, obwohl ich die Schlussfolgerung in vielen seiner Texte nicht teile. Meinungsähnlichkeit ist und war mir allerdings für eine Wertschätzung nie wichtig. Meine eigene Meinung kenne ich schon, und ich bin dankbar, wenn ich hin und wieder interessante Texte eines Autors lesen kann. Sein Text über Döpfner als angeblichen Seelenredner der AfD zählt allerdings zu den deprimierenden, weil weit unter seinem sonstigen Niveau argumentierenden Wortmeldungen.

Auch deshalb übrigens, weil die „Seele der AfD“ gerade nach Halle ein weites Feld ist. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, Vorsitzende des Rechtsausschusses im Parlament, retweetete eine Textbotschaft, in der es hieß, die Opfer von Halle seien „eine Deutsche“ und „ein Bio-Deutscher“ gewesen: „Warum lungern Politiker mit Kerzen in Moscheen und Synagogen rum?“ Abgesehen davon, dass es wohl eher nur Synagogen waren: Der Urheber des Tweets meinte also, Deutsche beziehungsweise „Bio-Deutsche“ und Besucher von Synagogen gehörten nicht zur gleichen Kategorie, ein Deutscher könne also kein Jude sein und umgekehrt. Was ziemlich genau den Nürnberger Rassegesetzen der Nationalsozialisten entspricht. Gegenüber TE rechtfertigte sich Brandner, er habe den Tweet ja nur kommentarlos retweetet, das bedeute bei ihm keine Zustimmung. Und dass ein kategorialer Unterschied zwischen Deutschen und Juden behauptet würde – auf diese Interpretation sei er gar nicht gekommen. Die liege ihm natürlich fern. Jetzt, da er dafür sensibilisiert sei, würde er diesen Tweet natürlich nicht mehr weiter versenden.

Brandner war nicht der einzige Politiker, der nach dem Anschlag von Halle auf Twitter offenlegte, wie es in ihm denkt. Der ehemalige CDU-Politiker Christian Säfken schaffte es, die Gewalttat nicht nur mit der AfD in Verbindung zu bringen, sondern irgendwie auch mit den Ostdeutschen.

Wer wissen möchte, warum die CDU heute im Wählerzuspruch ungefähr dort steht, wo die SPD bei der letzten Bundestagswahl landete (sechs bis sieben Prozent CSU muss man ja beim Unionswert immer abziehen), der muss sich eigentlich nur die Twitter-Chronik dieses patenten Unionschristen durchlesen.
Hoffen wir einmal, dass er nicht der Partei in toto aus der Seele schreibt.

 

 


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29 Responses
  • Libkon
    15. Oktober, 2019

    Ihre Beschreibung der Rede von Herrn Döpfner hat mich angerührt. Ach, gäbe es doch noch einige mehr von Ihrer Qualität und Ihrem Grad der Sensibilität, Herr Wendt.

    Stefan Niggemeiers „Übermedien“ las ich anfangs gerne, weil ich liberal denke. Da „liberal“ freiheitlich bedeutet, habe ich nach einigen Monaten das dortige Lesen eingestellt. Bei der Postille von Herrn Niggemeier, dessen Intellekt ich schätze, handelt es sich um ein Linksblatt, will sagen, er ist nicht neutral offen nach beiden Seiten, wie ich es von einem medienkritischen Magazin erwarte. Quasi etwas ähnliches wie die NDR Sendung „Zapp“, die für mich zappenduster ist auch aus demselben Grund wie Übermedien.

  • Hein Tiede
    15. Oktober, 2019

    Stephan Brandner hat sich mit diesen Aussagen vergalloppiert. In einer Pressekonferenz sagte er vor ein paar Monaten, dass er die “Jüdische Rundschau” abonniert habe und sie mit Gewinn und viel Zustimmung lese. Was er wohl meinte? Die Lippenbekenntnisse der deutschen Politik, die laut Lagerfeld macht was man nicht tun könne – Millionen von Judenhassern ins Land lassen.

  • Sabine Schönfelder
    15. Oktober, 2019

    Sehr geehrter Herr Wendt, alles ohne Fehl und Tadel, und zu dem sich selbst als Antidemokraten und Meinungsunterdrücker outenden, links-angepaßten Deutschen Journalisten-Verband und Herrn Hetzer Christian Säefken ist nach Ihrer Stellungnahme jede weitere obsolet.
    Zu Ihrer Bemerkung allerdings seitens der AFD, genauer zu Herrn Stephan Brandner, möchte ich Sie eindeutig darauf hinweisen, daß die Unterscheidung ‘Deutscher’ und ‘Biodeutscher’ ursprünglich aus der links-grünen Vertuschungstaktik für kriminelle Migranten erwuchs. Der inzwischen eingebürgerte ‘Migrationshintergründler’ wird in einer TÄTERBESCHREIBUNG ausschließlich als Deutscher wiedergegeben, in Abgrenzung zum indigenen deutschen Täter, wobei man mit ‘Biodeutscher’ auf seine deutsche Ahnenkette anspielt. (wie einst Frau Käßmann, ‘da weiß man, woher der braune Wind weht’) Der von Ihnen unterstellte Zusammenhang zu den Nürnberger Gesetzen ist eine böswillige Unterstellung und an den Haaren herbeigezogen. Es gab weder jüdische noch muslimische Todesopfer. Daß Brandner in Abrede stellen wollte, daß Muslime und Juden Deutsche sein können, ist diesem Tweet nicht zu entnehmen. Leider eine enttäuschende, subjektive Darstellung Ihrerseits, denn bisher waren Sie für mich ein leuchtendes Beispiel des Pluralismus.
    Mit freundlichen Grüßen.

    • Zillmann, Elisabeth
      16. Oktober, 2019

      Deckt sich genau mit meiner Einschätzung. Das Interpretieren von Äußerungen, die AfD—Mitglieder tun, nimmt nicht selten groteske Züge an, oft böswillige Unterstellungen. Scheint mir fast wie eine Art Gruß vom Geßler—Hut. Hätte ich von Herrn Wendt nicht erwartet. Naja, Nobody is perfekt.

    • Leonore
      18. Oktober, 2019

      Liebe Mitforistinnen,

      so verständlich hochschäumende Emotionen bei enttäuschter großer Liebe sind (alles auch meins!), bitte ich doch, von der Unterstellung (ich sage nicht “böswilligen”, denn – s.o. !) “böswilliger Unterstellung” abzusehen! Alexander Wendt hat auf einen – sehr unbedacht in die Welt gesetzten und noch viel unbedachter retweeteten – Tweet reagiert, indem er dessen “Toxizität”, wie man heute so gern sagt, mindestens aber sein Potential zum Erzeugen von Mißverständnissen und Stricke-Drehen bloßgelegt hat.

      Indem er den Absatz, der sich mit dem Tweet beschäftigt, quasi seufzend mit einem literarischen Zitat (nur ohne “…, Luise”) einleitet, ist doch schon deutlich, daß es hier nicht um verfolgen, hetzen, zur Strecke bringen geht, sondern um ein ebenso illusionsloses wie melancholisches Betrachten der menschlichen Natur und dessen, was ist. Ein freier Journalist kritisiert selbstverständlich nach allen Seiten!

  • Gerd Garstig
    15. Oktober, 2019

    Nach solchen Anschlägen wie in Halle sollte man Twitter aus Pietätsgründen ein paar Tage abschalten. Grundsätzlich sollte sich ein Kulturmensch völlig aus diesem Amazonas an Unflat heraushalten, besser erst denken, dann schreiben, nicht tweeten.

  • Hermann F.
    15. Oktober, 2019

    Herr Döpfner hat offenbar nicht mal in der WELT-Redaktion seines Hauses nennenswerten Einfluss. Dass er sich von dem zwielichtigen Herrn Yücel in seiner eigenen Zeitung zurechtweisen lassen muss, ist schlimm. Wenn man in einem Leserkommentar ganz sachlich über die tatsächliche zahlenmäßige Verteilung antijüdischer Vorkommnisse (1. islamisch, 2. links, 3. rechts) hinweist, wird es umgehend gelöscht. Die WELT pflegt einen überaus seltsamen Umgang mit der Wahrheit.

  • asisi1
    15. Oktober, 2019

    Die Verantwortlichen für die Verwerfungen in Deutschland tragen die etablierten Parteien. Sie haben regiert und das alles zugelassen und nicht die AfD. Nur leider sehen noch 80% der Michels ARD und ZDF und merken gar nicht, dass da nur noch Lügen verbreitet werden!

    • Heinz
      20. Oktober, 2019

      Da ist leider die Macht der Gewohnheit (8 Uhr Tagesschau), der Wunsch nach heiler Welt (Symbolfigur Merkel), der Versuch Ohnmachtsgefühle zu vermeiden (will ich nicht wissen, kann ich nichts machen, lass mich in Ruhe) und die Angst vor dem, was dann kommt (Chaos). Diese Strukturen kennen die Machthaber und bedienen sie derer in ihrer Propaganda. „Uns geht es gut, wir schaffen das, Deutschland bleibt Deutschland“… Wo das nicht genügt, hilft vielleicht ein Ablenkungsmanöver, die Erschaffung eines neuen Feindbildes. Das erleben wir im Moment. Deutschland als ein von NAZI‘s verseuchtes Land. 12000 Anhänger Hitlers marschieren auf die Feldherrenhalle zu. SA und SS sind schon bereit. Nun Volk steh auf und wehre dich gegen die Wiederkehr der (radikal, berechtigt und unwiederbringlich) Untergegangenen.

  • Werner Bläser
    15. Oktober, 2019

    Was soll man heute noch über Journalismus schreiben? Vielleicht gar nichts. Denn es scheint ihn kaum mehr zu geben. Nur noch ein letztes Häuflein der Aufrechten praktiziert diese vergessene Kunst (ja natürlich, Herr Wendt, Sie gehören dazu). Was heute unter dem Begriff “Journalismus” läuft, hat mit dieser Profession in der Regel nichts mehr zu tun. Es ist fast nur noch Polit-Aktivismus. Die Versuchung, harte Recherche-Arbeit zugunsten von Moralgeplärre, Inquisitionsgehabe und politischen Dogmen aufzugeben, scheint übermächtig zu sein.
    Die Reputation von Politikern liegt in Umfragen zur Wertschätzung von Berufen ganz weit unten. Diejenige von Journalisten war bisher nicht weit darüber. Aber die Mehrheit unserer Journalisten arbeitet hart daran, die Politiker in ihrem Image in der Öffentlichkeit einzuholen. Nach unten. Schliesslich ist nichts so schlecht, dass es nicht noch schlechter werden kann.
    Die Internet-Blogger freut es.

  • Sigrid Ebert
    16. Oktober, 2019

    Bei allem Respekt Herr Wendt, auf diesen “Zusammenhang” oder diese “Interpretation” bin auch ich nicht gekommen. Ich halte das für sehr weit hergeholt. Für mich sagt dieser Tweet schlicht, dass kein Jude zu Tode kam. Was der Wahrheit entspricht. Dafür jedoch medial wirksames “Gedenken” in der Synagoge. Für was? Für eine leichte, nicht weiter nennenswerte Beschädigung an der Türe? Wo waren die Betroffenheitsbekundungen für die tatsächlichen Opfer? Nicht relevant, weil es keine Juden waren? Exakt das wird durch diesen Tweet ausgedrückt. Es kommt offensichtlich darauf an, welche Brille man trägt.

    • Gunter Frank
      16. Oktober, 2019

      Soso, da wird also in der „Synagoge getrauert, während die eigentlichen Opfer deutsch waren“. Was heißt denn das? Was hat die seltsame Unterscheidung von deutsch und biodeutsch denn mit einer Religionszugehörigkeit zu tun? Juden sind also keine Deutschen, oder was? Wie nah dran ist ein solcher Quatsch an handfesten, antisemitischen Klischees?

    • Leonore
      18. Oktober, 2019

      Liebe Frau Ebert,

      es ist natürlich nicht die “Beschädigung an der Türe”!

      Wenn ein haßerfüllter Killer nur deshalb nicht ein Blutbad anrichten konnte, weil die Tür standhielt, dann kann man sich als gerade nochmal Davongekommener wohl mit Fug und Recht ziemlich mies fühlen (um das mal so salopp auszudrücken, um nicht allzu gefühlsbetont zu werden), nicht wahr? Betrifft es auch noch eine Glaubensgemeinschaft, die schon mal hierzulande “ausgerottet” werden sollte, hat das einfach nochmal eine andere Dimension.
      Übrigens hat die jüdische Gemeinde in Halle sofort den Angehörigen der Toten ihr Beileid ausgedrückt und ihnen und den Verletzten jede mögliche Unterstützung zugesagt.

  • Cornelius Angermann
    16. Oktober, 2019

    Zitat: “Der Urheber des Tweets meinte also, Deutsche beziehungsweise „Bio-Deutsche“ und Besucher von Synagogen gehörten nicht zur gleichen Kategorie, ein Deutscher könne also kein Jude sein und umgekehrt.”

    Also, ganz ehrlich: wie verdreht muss man denken, um auf so eine Schlussfolgerung zu kommen?
    Es ist doch ganz eindeutig, was gemeint war: die wahren Opfer, nämlich die, die tot sind, verschwinden im Hintergrundrauschen, während diejenigen, die zwar Opfer hätten sein können, es aber nun mal definitiv (gottseidank!) nicht waren, hochstilisiert werden, als wenn sie alle einem kollektiven Massenmord zum Opfer gefallen wären. Man sah es an den “Mahnwachen” und an den Lichterketten vor den Synagogen. “Nie wieder” hieß es da, und nicht etwa: wir trauern um die Opfer Kevin S. und Jana L. Nein, “nie wieder” bezog sich ausschließlich auf den Anschlag gegen die Synagoge. Zwar ist “nie wieder” in diesem Kontext richtig und nötig, er verdreht aber in diesem Fall die Tatsachen!

    Dahinter steckt doch ein ganz anderes Kalkül: Mit den wahren Opfern kann die herrschende politische Klasse propagandistisch nichts anfangen, aber mit den potentiellen Opfern kann man trefflich auf den politischen Gegner einschlagen!

    DAS sind die Tatsachen!

    • Gunter Frank
      16. Oktober, 2019

      Doch genau das war gemeint. Nun sind Vorurteile naturgemäß nicht vermeidbar. Die Frage ist nur, ob man sie erkennt und in der Lage ist sie zu korrigieren, wenn man sie unkritisch übernommen hat.

      • Sabine Schönfelder
        17. Oktober, 2019

        “Ein Deutscher könne kein Jude sein und umgekehrt, – doch genau das war gemeint.” Ich bitte Sie @Gunter Frank, was glauben Sie denn, wer in eine deutsche Synagoge geht? Ein finnischer Jude? Ein deutscher Christ? Ein albanischer Moslem? Natürlich gehen in Deutschland in erster Linie deutsche Juden in die Synagoge und ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich denke sie wurde eigens für den Zweck gebaut! Also diese Bemerkung so falsch zu verstehen, da gehört schon viel politisches Kalkül dazu. Man möchte eine öffentliche Entschuldigung eines AFDlers provozieren und ihn damit ins rechtsradikale Schmuddeleckchen stellen. Nicht besonders raffiniert, aber besonders perfide!

        • Gunter Frank
          21. Oktober, 2019

          Liebe Frau Schönfelder, Nationalität, Abstammung und Religion sind unterschiedliche Dinge. Wer mit (Bio!)Deutschsein argumentiert, um dann etwas Negatives über Synagogen zu sagen, macht dies nunmal mit Intention, bewußt oder unbewußt.

          • Leonore
            21. Oktober, 2019

            Lieber Herr Frank, Entschuldigung, aber “etwas Negatives über Synagogen” hat Stephan Brandner ganz gewiß nicht gesagt! Was können die Synagogen dafür, wenn irgendwelche Politiker usw. in instrumentalisierender Absicht etwa in ihnen “herumlungern” sollten ?

    • pantau
      16. Oktober, 2019

      So ist es, Herr Angermann. Die Bezeichnung “Biodeutsch” ist ja geprägt von der Erfahrung, daß Zuwanderer u. Deutsche islamischen Glaubens sowohl in der veröffentlichten Meinung als auch in der Rechtsprechung gegen den “Nur”-Deutschen bevorzugt werden. Und auch der Deutsche jüdischen Glaubens gerät da ins Hintertreffen, sobald 1 Moslem als Täter auftritt, siehe versuchter Messerdjihad in der Synagoge. “Biodeutsch” ist ein polemischer Begriff und reflektiert diese Erfahrungen. Dennoch MUSSTE diese Bezeichnung von Herrn Brandner in diesem Kontext verunglücken, weil er suggeriert, die Deutschen jüdischen Glaubens wären keine Deutschen. Kalkül oder Unterschwelliges würde ich dem Herrn Brandner aber nicht unterstellen, ist einfach nicht der Typ für sowas nach meiner Einschätzung.

    • Sabine Schönfelder
      16. Oktober, 2019

      Ich gehe davon aus, daß es sich bei dieser conclusio um die persönliche Meinung von Herrn Wendt handelt, denn sprachlich erkenne ich keine ‘Zitatangaben’. (aber vielleicht täusche ich mich) Und so stelle ich Ihre Frage Herr Angermann direkt an Herrn Wendt. “Also ganz ehrlich: wie verdreht muß man denken…..Die Antwort, Herr Wendt, würde mich sehr interessieren, Ihre Haltung zu dem Tweet des Herrn Brandner und zu dessen ‘Denke’, die sich Ihnen darin offenbart. Daß die links-orientierte Presse in Richtung ‘Nürnberger Gesetze’ intendiert ist nahezu zwangsläufig, aber Sie…..??

    • Wolfgang Welz
      17. Oktober, 2019

      Lieber Herr Angermann, ich stimme Ihnen in vollem Umfang zu. Es sind immer dieselben prominenten und oft hochrangigen Vertreter aus Politik und Medien, die kaum eine Gelegenheit auslassen, sich in den Chor derjenigen zu drängen, die einfach nicht mehr in der Lage zu sein scheinen, unsere Welt und in ihr stattfindende Ereignisse vorurteilsfrei und differenziert einzuordnen und zu bewerten. Meine Achtung und meinen Respekt haben sie längst verloren. Wer vor einer Spaltung der Gesellschaft warnt und bei jeder Gelegenheit große Teile der Bevölkerung desavouiert und ausgrenzt und identische Sachverhalte mit zweierlei Maß misst hat für mich seine Glaubwürdigkeit verloren.

    • Roland H. Müller
      17. Oktober, 2019

      Mich persönlich stört schon seit langem, dass sich, mit wenigen Ausnahmen, kein Autor der Portale, auf denen ich mich gerne informiere, nach Ausführungen, deren Schnittmenge mit den Positionen der AfD soviel größer als mit denen der Restparteien ist, den Seitenhieb auf die AfD verkneifen kann, und diese als unappetitlich, und damit unwählbar hinstellt. Ob da wohl ein „Nudging-System“ dahintersteckt? Wenn ja, bei mir funktioniert es nicht.

      • Leonore
        18. Oktober, 2019

        Diese Beobachtung, lieber Herr Müller, habe ich auch gemacht. Sie betrifft auch FAZ-Artikel, in denen eins zu eins AfD-Forderungen aufgestellt werden oder die Kritik der AfD an verschiedenen Fehlentwicklungen aufgegriffen (meinetwegen auch kongenial originär entwickelt) wird – nur eben, ohne die AfD als einzige “Mitkombattantin” zu erwähnen, oft sogar unter einer verächtlichen Bemerkung in AfD-Richtung hin. Hier habe ich das aber noch nie gesehen – und sehe es übrigens auch nicht im vorliegenden Artikel, der einfach kritisiert, was zu kritisieren – weil mißzuverstehen – ist.

        • Sabine Schönfelder
          19. Oktober, 2019

          Liebe Eleonore, Mitforistin, also folgendes führen Sie aus : Herr Wendt kritisiert Herrn Brandner, weil er beim Retweeten die nötige sprachliche Schärfe vermissen läßt, deren Fehlen Herrn Wendts hergestellten Bezug zu den Nürnberger Gesetzen durchaus rechtfertigt. Wendt allerdings formuliert seine Kritik wiederum ähnlich unklar, sodaß seine Unterstellung falsch verstanden werden mußte? Oder wie? Nach allen Seiten offen ‘kritisieren’ bedeutet in erster Linien sich an Fairneß, Ausgewogenheit und Tatsachen zu halten. Bei offensichtlich einseitigem undemokratischen Fehlverhalten der Altparteien und Presse (siehe gestrige Bundestagsdebatte!!) gegen die AFD zum “Ausgleich” diese Partei auch noch mit unsachlichen Spekulationen zu beschädigen, gehört mittlerweile zum ‘guten deutschen journalistischen Ton’ und ist w i d e r l i c h, unseriös und bedeutet sich dem linken, vorgegebenen Framing unterzuordnen. LG

  • Gastino
    16. Oktober, 2019

    Das Attentat in Halle war erwartungsgemäß eine Steilvorlage für alle die, die auf einen weiteren Anlass zur Diffamierung des politischen Gegners gewartet haben. Besonders perfide dabei ist, dass sich die am lautesten zu Wort gemeldet haben, die am meisten (antisemitischen) Dreck vor ihrer eigenen Tür liegen haben.
    Meiner Erfahrung nach korreliert die Nähe zu jeder Form von Sozialismus stark mit Antisemitismus.

  • Dreggsagg
    17. Oktober, 2019

    Allmählich scheint sich der Wind zu drehen, Richtung weg von linksgrüner Schönrederei.
    Auch im Bremer Weserkurier ist hin und wieder etwas gegen den Strich Politkorrektheit zu lesen. Die Chefredakteurin führte ein Interview mit dem Autor und Journalisten Alexander Grau über dessen Buch “Politischer Kitsch – eine deutsche Spezialität” in dem er ua. das eingerissene Schwarz-Weißdenken gerade in Deutschland zum Thema macht.
    Werde mir das Buch umgehend besorgen.

    Es gilt also, den Block des linksgrünen, monolithischen Einheitsbreis aufzubrechen und wieder zu differenzierenden Diskussionen zurückzufinden. Diese Hoffnung bleibt zumindest.

  • Dreggsagg
    17. Oktober, 2019

    Beim Lesen der Kommentare fällt mir auf, wie heikel das Thema ist.
    Leicht kann der Schreiber im dünnen Eis versinken.

    Ich unterstelle mal, daß auch ein Herr Brandner, dessen Reden im Bundestag viel interessanter sind als alles, was Linksgrün aufzubieten hat, daß er nicht das sagen oder meinen wollte, was ihm unterstellt wird.
    Es muß also sehr genau auf die Wortwahl geachtet werden, wenn man nicht mißverstanden werden will.
    Leider ist es bei vielen AfD-Abgeordneten nicht immer eindeutig, was sie sagen. Das ist bedauerlich und gibt Rotgrünchristlich stets willkommene Munition.

    • Sabine Schönfelder
      18. Oktober, 2019

      Ehrlich gesagt ärgert mich schon der Ansatzpunkt, sehr geehrter Dreggsagg (vielleicht versuchen Sie es mal mit Ihrem Namen), daß AFDler auf Ihre Wortwahl ganz besonders achten müßten; denn es hat nichts mit der sonst so erwünschten linken Gleichmacherei gemein, wenn e i n e Partei jedes Wort nach eventuellen bösartig motivierten Interpretationsmöglichkeiten abklopfen muß, während die sogenannte ‘Chefin’ der Grünen vom neuen! Element Kobold ahnungslos fabuliert und der Interviewer aus dem Staatsfunk noch nicht einmal nachfragt, was dieser Blödsinn überhaupt bedeuten soll. Das Problem liegt nicht bei der AFD, sondern bei der vorherrschenden linken Betrachtungsweise und Haltung gegenüber der Demokratie und der AFD!

      • Heinz
        20. Oktober, 2019

        Das entspricht einer alten Weisheit. Zitat aus der Bergpredigt, Matthäus 7,3:
        „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?”
        Es zeigt sich auch, bei den Etablierten ist der Hass auf die AfD unbändig und jeder, der beim Mainstream dabei sein will, muss zuerst seinen Hass auf die AfD bekennen. Selbst bei einem Konzert von Max Raabe (Interpret der Volksmusik der 20er und 30er Jahre) fühlte sich dieser bemüßigt in das AfD- und Trump-Bashing einzustimmen.

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