Möglicherweise war der Leiterin des Fischer-Verlags Siv Bublitz gar nicht klar, dass sie mit dem Hinauswurf der Autorin Monika Maron nach vierzig gemeinsamen Jahren Literaturgeschichte schreiben würde. Ein Verlag feuert einen Schriftsteller ausdrücklich nicht aus künstlerischen Gründen, sondern aus politischen – das war in der Geschichte der Bundesrepublik bis dahin noch nicht vorgekommen.
Falls Bublitz vom Feuilleton Sträuße weißer Rosen für ihre Entscheidung erwartet hatte, dann wusste sie es zumindest am Tag nach der Bekanntgabe besser. Es gab Kritik an diesem Einschnitt – Harald Martenstein nannte ihn Kulturbruch – sowohl in Medien als auch von anderen Schriftstellern. Zur Erinnerung: Die Verlagschefin erklärte zum einen, Maron sei „eine wichtige Schriftstellerin für die deutschsprachige Literatur“, sie verhandle „klug politische Themen und spielt raffiniert mit gesellschaftlichen Widersprüchen“. Über ihren nun im Wortsinn letzten Roman bei Fischer, „Artur Lanz” habe sie sich sehr gefreut.Warum dann der Bruch? Der, so Bublitz, liege „nicht an den politischen Themen der Bücher oder in den journalistisch-politischen Äußerungen von Monika Maron“. Zu dem Hinauswurf nach vier Jahrzehnten sei es gekommen, weil sie ihren Essayband „Krumme Gestalten, vom Wind gebissen“ in der Edition des Dresdner Buchhauses Loschwitz herausgebracht habe. Das Buchhaus „kooperiere“ wiederum mit dem Antaios-Verlag, der, wie die Fischer-Chefin feststellt, Bücher mit völkisch-rassistischen Positionen verlege. Damit habe sie eine absolute Grenze überschritten. Man könne nicht gleichzeitig Fischer-Autor sein und sich in dieses Umfeld begeben.
Dass ein Verlag mit langer Tradition eine Autorin heraussäubert, der das Haus viele gute Verkäufe verdankt, liegt also nicht an ihren Büchern, nicht an ihren Ansichten, noch nicht einmal an dem Verlag, in dem sie zum ersten Mal in den vergangenen vierzig Jahren einen Band außerhalb von S. Fischer publizierte, ein Buch, das Fischer übrigens ursprünglich nicht machen wollte. Es liegt also im „Umfeld“ dieses anderen Verlages.
Nun veröffentlichten schon etliche Medien eine offenbar nötige Anmerkung zu Antaios. Es handelt sich dabei um einen Kleinverlag, aber vor allem um einen Buchvertrieb, der prinzipiell jedes in Deutschland erhältliche Buch anbietet, auch etliche andere Titel von Fischer, etwa die Kafka-Biografie von Reiner Stach, aber auch Werke von Margarete Stokowski und anderen. Zur Entfernung von Maron führt also das Umfeld ihres Umfeldes. Das stellt gewissermaßen ein Problem des Raums dar. Dazu kommt noch das Problem der Zeit. Genauer, der Chronologie.
Unterläuft einem Autor mit einer Romanfigur so etwas, etwa eine Schwangerschaft von 12 Monaten oder eine Teilnahme an Napoleons Russlandfeldzug von 1811, dann spricht man von einem Datierungsfehler. Von der Absicht ihrer Autorin, Essays in der Edition Buchhaus Loschwitz zu veröffentlichen, wusste S. Fischer spätestens Anfang des Jahres. Vorher hatte Maron gefragt, ob ihr Heimverlag das Buch machen wollte. Der winkte damals ab. „Krumme Gestalten, vom Wind gebissen“ erschien im März 2020. Dass dieses Buch wie viele andere bei Antaios vertrieben wird, wussten die Zuständigen in Frankfurt auch. Dass Antaios-Chef Götz Kubitschek weit rechts steht, dürfte dort ebenfalls bekannt gewesen sein.
Alle Anklagepunkte gegen Maron lagen also schon im Frühjahr vor. Weitere Vergehen kamen bis zur Mitteilung des Rauswurf-Urteils im Oktober nicht dazu. Wenn also die unerträgliche Grenzüberschreitung Marons darin bestanden hätte, sich in ein Umfeld zu begeben, das wiederum den falschen Umgang pflegt, dann hätte sich Fischer von ihr zwingend allerspätestens im März trennen müssen. Bekanntlich passierte das nicht. Weil das Haus in Frankfurt vorher schnell den Roman „Artur Lanz“ herausbringen, doch noch ein Essayband für 2021 anschieben und Maron erst dann vor die Tür setzen wollte?
Ihr Essayband „Was ist eigentlich los“ wird nun nicht bei Fischer erscheinen, „auf Wunsch der Autorin“, wie ein nachträglich eingefügter Aufkleber im Verlagskatalog mitteilt. „Auf Wunsch der Autorin“ ist gut. Tatsächlich, eine Schriftstellerin, die mit fast 80 Jahren den Verlag wechseln muss, möchte das nächste Projekt dann doch lieber in ihre neuen Heimat mitnehmen, als es dort erscheinen zu lassen, wo sie gerade zur Unberührbaren erklärt wurde, weil sie mit jemandem Tuchfühlung unterhält, der wiederum das Gebiet des ganz und gar Unberührbaren berührt. Der Plan, mit der Autorin erst noch ein bisschen das Verlagsgeschäft voranzutreiben und sie dann zu feuern, scheiterte vermutlich an Marons neuer Mischlingshündin Bonnie Propeller, über die die Autorin eine gewissermaßen außerplanmäßige Erzählung schrieb.
Dieser Text zwang Fischer, das Verhältnis zu ihr schon zwischen Sommer und Herbst zu klären und nicht erst später. Der Verlag schickte das Manuskript ungelesen zurück und vollzog den Bruch. In diesem Zusammenhang fiel von der Frankfurter Seite der Satz, Maron sei als Autorin „politisch unberechenbar“. Wenn ein Traditionsverlag politische Berechenbarkeit ihrer Autoren zur neuen Kerntugend erhebt und gleichzeitig mit der Haltungsdemonstration dem Geschäft zuliebe noch monatelang wartet, dann schwankt das Charakterbild der Fischer-Chefin Siv Bublitz und ihres Führungsteams erheblich, selbst in den Augen von manchen Feuilletonautoren, die ansonsten an Maron und deren unzeitgemäßen Ansichten viel auszusetzen haben.
Aber wo die Argumentationsnot am größten ist, wächst auch der Wille, noch zu retten, was zu retten ist. Also müssen stichhaltige Gründe für die einseitige Trennung nachgeliefert werden, um die verkorkste Dramaturgie der Geschichte noch halbwegs zu begradigen.
„Rittergutspublizistik“ – vom Umdichten der Fakten
Der erste Begradigungsversuch läuft darauf hinaus, die Geschichte mit der Veröffentlichung von Monika Marons Essay-Band etwas umzuschreiben. Plötzlich soll der Verlag nicht mehr der des Buchhauses Loschwitz sein, sondern gleich der Antaios-Verlag von Götz Kubitschek. Aus Kontaktschuld wird also durch Umschreiben der Story ein Direktkontakt. Für diese Neueinrahmung tritt die Zeit-Literaturredakteurin Iris Radisch auf den Plan. Eigentlich müsste das Hamburger Blatt strikt auf besondere Akkuratesse im Fall Fischer und Maron achten – denn es gehört hälftig zur Verlagsgruppe Holtzbrinck, zu der auch der Fischer-Verlag zählt, jeder Bericht schließt also indirekt das eigene Haus mit ein. Stattdessen dichtet Radisch kurzerhand die faktische Basis um:
„Zum ersten Mal hat sich eine bedeutende Repräsentantin der deutschen Literaturgeschichte publizistisch in die Arme der neurechten Parallelwelt begeben. Mit Ultrarechten geduldig und immer wieder zu reden ist die eine Sache. Bei Ultrarechten zu veröffentlichen definitiv eine andere.“
Und fügt an, offenbar scharf auf das nächste große Berichterstattungsthema:
„Und man darf neugierig sein, wie der Suhrkamp Verlag reagieren wird, dessen Autor Uwe Tellkamp, deutscher Buchpreisträger des Jahres 2008, ebenfalls in der Loschwitzer Reihe Exil veröffentlicht hat.“
Damit ihre Leser die Botschaft auch wirklich verstehen, wirft Radisch Maron explizit vor, sie habe sich „ins Exil der wehrhaften Rittergutspublizistik“ begeben. Iris Radisch schreibt seit vielen Jahren über den Literaturbetrieb, auch über Literatur, letzteres mit einem gelegentlich skurrilen Blick, etwa dem Vorwurf, dass Romanfiguren der Phantasie des Autors entspringen („Und all die Effis und Emilias, die Käthchens und die Gretchens, die Lottes und die Lulus der Literaturgeschichte sind reine Männerfantasien“). Ihre Expertise sollte jedenfalls genügen, um den Unterschied zwischen einem Verlag und einem Buchvertrieb zu kennen. Vermutlich kennt sie ihn. In diesem Fall würde sie wissentlich eine falsche Botschaft streuen. Genau das tut auch die Süddeutsche Zeitung, indem sie über den Verlag des Buchhauses Loschwitz schreibt:
„Der kleine Dresdner Verlag gilt vielen Kritikern als eine Art verfeinerte Astgabel der treudeutschen Eiche in Schnellroda, wo der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek seinen Antaios-Verlag betreibt.“
Der eigene Miniverlag des von Susanne Dagen geführten Buchhauses Loschwitz existiert übrigens schon seit den neunziger Jahren, Antaios – als Vertrieb wie als Verlag – erst seit dem Jahr 2000. Es wäre also der erste Fall, in dem es die Astgabel früher gab als die Eiche. Aber auf einen Datierungsfehler mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an. Interessanterweise stellt die Süddeutsche ihre These zur politischen Botanik nicht selbst auf. Sie gibt nur wieder, was namenlosen Kritikern gilt. Was man so hört eben. Was die Leute halt so sagen.
In genau diesem Fach kennt sich auch der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz aus, der auf Twitter und Facebook eine nicht ganz kleine Gemeinde mit seiner Weltdeutung versorgt. Für den „Twittergott der CDU“ (taz) steht es außer Frage, dass es sich bei der Edition des Buchhauses Loschwitz um einen „rechtsextremen Verlag“ handelt. Zum Beweis führt er an, Dagens Kleinverlag sei eine „Außenstelle von Kubitscheks Institut für Staatspolitik“.
Allerdings meint er das ebenfalls nicht eigentlich selbst. Das, so Polenz, sagen „mutige Leute in Dresden“. Die bei ihm genau so namenlos bleiben wie die Kritiker, denen die Süddeutsche an den Lippen hängt. Auf diese Weise sickert die Mär weiter, Maron säße irgendwie auf Kubitscheks Rittergut beziehungsweise in dessen verfassungsschutznotorischem Institut. Die Gerüchtestreuer wissen natürlich, dass es sich bei ihrer Suggestion um Quatsch mit toxischer Soße handelt. Deshalb bemühen sie sich ja auch sorgfältig um Formulierungen, die sie vor Anwaltsschreiben schützen. Der Autor Per Leo („Mit Rechten reden“, „Flut und Boden“) hatte Polenz auf Facebook entgegenhalten, wenn Dagens Verlag rechtsextrem sei, dann müsste es sich um das weltweit erste rechtsextreme Publikationshaus ohne rechtsextremes Schriftgut handeln. Denn egal ob die Dresdner Regionalia, die Dagen verlegte, die Texte Jörg Bernigs, die Erzählung „Das Atelier“ von Uwe Tellkamp oder eben Marons Essays – nichts davon fällt in die Rubrik extremistisch. Noch nicht einmal in die Kategorie radikal. Aber das, so lautet die Beschuldigung, sei ja gerade das Raffinierte: Rechter Extremismus ohne nachweisbare Spuren von Rechtsextremismus.
Das Nachweisbare zählt naturgemäß nicht für Leute, die mit dem Gegenteil von Evidenz arbeiten, nämlich dem Gerücht. Gerüchte breiten sich bekanntlich aus wie Ölflecken. Unter der Insinuation von Radisch in der Zeit findet sich eine Lesermail, die hier beispielhaft für etliche Zuschriften der gleichen Sorte zitiert werden soll:
„Eine sehr gute Entscheidung! Monika Maron kann ja bei ihren neuen Freunden weiter publizieren. Ein Buch über eine Mischlingshündin werden die Ritter aber kaum bringen, da geht es reinrassig zu.“
Das Hamburger Blatt, das in anderen Fällen oft Lesermails löscht und das mit strengen Kommentaren begründet wie „verzichten Sie auf Unterstellungen“ oder „bleiben Sie sachlich“, ließ diese und ähnliche Zuschriften stehen. Neben Dagens Verlag muss auch die Buchhändlerin selbst entsprechend markiert werden, damit sie ausreichend auf Maron zurückwirkt.
Richard Kämmerlings, literarischer Korrespondent der Welt, schreibt:
„Susanne Dagen ist auf vielfältige Weise mit dem Antaios Verlag und der AfD vernetzt.“
Die Loschwitzer Buchhändlerin sitzt im Ortschaftsrat und im Dresdner Stadtrat – allerdings für die Freien Wähler. Kämmerlings liefert keinen Beleg für eine „Vernetzung“ – obendrein eine „vielfältige“ – der Buchhändlerin mit der AfD. Auch nicht auf Anfrage von Publico und TE. Dagen saß einmal kurzzeitig im Kuratorium der Desiderius-Erasmus-Stiftung, die von der AfD als parteinahe Stiftung anerkannt wurde. Für eine „vielfältige Vernetzung“ in der Gegenwart gibt das kein Material her, abgesehen davon, dass selbst eine AfD-Mitgliedschaft Dagens immer noch nicht auf Maron abfärben würde.
Zwei Welt-Autorinnen fanden offenbar durch Internetrecherche heraus, dass Dagen und Kubitscheks Frau Ellen Kositza seit einiger Zeit eine auf Youtube verankerte Literatursendung produzieren, in der sie gemeinsam mit einem Gast Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt vorstellen*. Auch in ihrem Welt-Artikel wird wieder durchgekoppelt: Kubitschek, Kositza, Dagen, Maron. Denn: Seit es die Sendung gibt, wurden dort auch zwei Bücher Marons vorgestellt. „Die Autorin selbst war nie in der Sendung zu Gast“, heißt es in der Welt: „Das ist aber auch gar nicht nötig, denn beim Zuschauen bekommt man den Eindruck, Maron spreche unmittelbar durch ihre Figuren zu den Kritikerinnen.“
Buchfiguren sprechen zu den Kritikerinnen! Möglicherweise sogar zu den sonstigen Lesern. Alerta, alerta.
Erstaunlich, wer alles zum Thema Literatur und Kontaktverfolgung bei der Welt in die Tasten greifen darf, bei einem Blatt, das auch die 1925 von Ernst Rowohlt und Willy Haas gegründete Literarische Welt herausgibt.
Im Deutschlandfunk kommt eine Literaturwissenschaftlerin namens Andrea Geier zu Wort, die eine Art Gutachten zu Maron abgibt. Der Sender fasst seine Sachverständige so zusammen:
„Zwar dürfe man Aussagen und Haltungen von Marons literarischen Figuren nicht auf die Autorin übertragen. Die meldete sich jedoch auch als öffentliche Person mit undifferenzierter Islamkritik zu Wort und mit Vokabular aus neurechten Diskursen.“
Wie eine nach Geiers Maßstäben differenzierte Islamkritik auszusehen hätte, erfahren wir nicht. Maron äußert sich zum Thema des politischen Islam etwa so wie Alain Finkielkraut, Pascal Bruckner oder neuerdings sogar Emmanuel Macron. Für eine einigermaßen offene Gesellschaft stellt das kein Skandalon dar. In neototalitären Diskursen, in denen Literaturwissenschaftlerinnen von Autoren bei bestimmten Themen nach allen Seiten abgesicherte Stellungnahmen erwarten und Verlegerinnen politische Berechenbarkeit, sieht das offenbar anders aus.
Die Gerüchterstattung über die Schriftstellerin entspricht ziemlich genau dem, was die Staatsicherheit unter „Zersetzung“ verstand, festgehalten in der Richtlinie 1/76:
„Systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben.“
Natürlich werden die maßgeblichen Verantwortlichen von Fischer diese Parallele genau so empört zurückweisen wie Journalisten, die systematisch den Ruf einer Autorin mit Halb-, Viertel- und Nichtwahrheiten diskreditieren. Sie weisen es schon mit dem Argument zurück, sie hätten biografisch nichts mit dem DDR-Apparat zu tun. Das trifft zu, es macht den Vorgang aber eher gespenstischer als harmloser, wenn ganz ähnliche Muster unter ganz anderen Bedingungen und dreißig Jahre später wieder auftauchen.
Feuilleton in Zeiten des Verdachts
Ein Autor konnte in den goldenen Zeiten der Bundesrepublik noch verlangen, für seine Bücher beurteilt zu werden und nicht dafür, wer sie neben vielen anderen Unternehmen auch vertreibt. Er durfte darauf bestehen, mit seinen Ansichten wahrgenommen zu werden und nicht mit denen von Freunden beziehungsweise deren Bekannten, und erst recht nicht anhand von Hörensagen-Kolportagen im Feuilleton.
Götz Kubitschek mit seinem Institut für Staatspolitik steht ohne Zweifel weit rechts, aber nicht weiter als die Rowohlt-Autorin Margarete Stokowski links steht, die immerhin mit „Antifa ist Handarbeit“ politische Gewalt nur leicht verblümt rechtfertigt. Ihr Verlag stößt sich nicht daran, der Spiegel, für den sie schreibt, ebenfalls nicht. Und Götz Kubitschek ist eben nicht Susanne Dagen und Susanne Dagen nicht Monika Maron. Es mag ja in Zeiten von Zuschreibungen, Poststrukturalismus und Verdachtshermeneutik eine unerhörte These sein: Aber nur Monika Maron ist Monika Maron.
Die Hanser-Autorin Kübra Gümüsay empfiehlt in ihrem Buch „Sprache und Sein“, den türkischen Autor Necip Fāzıl Kısakürek in Lehrpläne deutscher Schulen aufzunehmen, einen Schriftsteller, der aus seinem Antisemitismus, seinem Hass gegen Jesiden und Aleviten keinen Hehl machte (sie er an einer Stelle mit Unkraut vergleicht). Bei ihr und Stokowski müssen die Positionen nicht erst durch Assoziationsketten mühsam hergeleitet werden. Es handelt sich erkennbar um die Ansichten der Autorinnen selbst.
Auch nur einen halbwegs ähnlichen totalitären Flirt findet bei Maron niemand. Im Gegenteil: Sie stand schon in den achtziger Jahren in der DDR gegen eine totalitäre Herrschaft, sie machte mit „Flugasche“ auf die von der SED betriebene Umweltzerstörung in der Phase der Diktatur aufmerksam, als Zeit-Chefredakteur Theo Sommer durch die DDR reiste und dort eine „stille Verehrung“ für Erich Honecker wahrnahm.
Bis heute steht Maron auf demokratischem Boden. Von diesem Ausgangspunkt attackiert sie den Machtanspruch des Islam und fragt, was dem Westen die Aufklärung wert ist. Vor dieser Folie lässt sich erst die Perfidie ermessen, wenn gegen sie die Tradition des Fischer-Verlags in Stellung gebracht wird, etwa von Kämmerlings in der Welt:
„Um zu verstehen, warum gerade dieses kleine Bändchen einen Bruch endgültig machte, der sich schon länger abgezeichnet haben soll“, schreibt er, „muss man sich die Geschichte und das Selbstverständnis des Hauses klarmachen. Der S. Fischer Verlag, gegründet 1886 vom jüdischen Publizisten Samuel Fischer und von dessen vor den Nazis geflohenem Sohn Berman Fischer nach 1945 neu aufgebaut, ist der Exilverlag der Bundesrepublik, in doppeltem Sinne: Der Verlag ging (nach der komplizierten Trennung von Suhrkamp) aus dem Exil hervor, und er ist bis heute ein Verlag nicht zuletzt von ins Exil gezwungenen Autoren wie Stefan Zweig, Franz Werfel oder Thomas Mann.“
Nun war Gottfried Bermann nicht der Sohn, sondern der Schwiegersohn Samuel Fischers, und der Verlag ging auch nicht ganz ins Exil, ein Teil blieb unter der Leitung von Peter Suhrkamp in Deutschland. Die Verlagsgeschichte ist also etwas komplexer. Aber wenn jemand schon versucht, aus der Tiefe der Geschichte heraus zu argumentieren, dann müsste er sie auch umfassend erzählen. Fischer ist, siehe oben, kein selbständiger Verlag, er gehört zur Holtzbrinck Verlagsgruppe. Dessen Chef Stefan von Holtzbrinck kann nichts für seinen Vater. Aber Georg von Holtzbrinck war nun wirklich weder äußerer noch innerer Exilant, sondern NSDAP-Mitglied (Nummer 2126353) und Profiteur des Regimes. Zusammen mit seinem Partner August-Wilhelm Schlösser verlegte er die Mitgliederzeitschrift der Deutschen Arbeitsfront und druckte Hans Grimms „Volk ohne Raum“, beides in hoher, profitabler Auflage.
Würde jemand schreiben: ‘Verlag, der einem Nazi-Sohn gehört, feuert Autorin aus jüdischer Familie‘, dann wäre das ungerecht, verzerrt und böswillig. Mit anderen Worten: Es wäre so ähnlich wie etliche Texte über Marons Rauswurf bei Fischer.
Gerade wegen der Geschichte sowohl der Verlagsgruppe als auch der Autorin ist es absurd, so zu tun, als hätte Siv Bublitz in letzter Sekunde ein antifaschistisches Erbe vor der Befleckung durch eine langjährige Autorin gerettet. Deren verlogen begründeter Rauswurf stellt ein Novum in der bundesdeutschen Verlagsgeschichte dar, das dauerhaft an Bublitz kleben bleiben wird.
Leider bleibt der Vorgang auch an S. Fischer haften, einem Haus, das entschieden größer ist als seine aktuelle Verweserin.
*In der Büchersendung „Aufgeblättert, zugeschlagen“ des Buchhauses Loschwitz war auch der Autor dieses Textes zu Gast.
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
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Oskar Krempl
28. Oktober, 2020Ein weiteres beschämendes Dokument für die Verkommenheit und moralische Verwahrlosung derer, die sich dünken die Meinungsmacher und Elite des Volkes zu sein. Herrlich der absolut letzte Satz in seiner alternativen Deutung, auch wenn die vielleicht nicht beabsichtigt war.
Immo Sennewald
28. Oktober, 2020Natürlich ist es nicht unangemessen, wenn Alexander Wendt das Vorgehen journalistischer Denunzianten, Gerüchtemacher und Verbreiter von Halbwahrheiten mit dem erkennbaren Ziel, einer bedeutenden Autorin zu schaden, als “Zersetzung” nach dem Stasi-Muster vergleicht. Die Stasi hat nicht erfunden, nur besonders schamlos und zynisch (aktenkundig en detail) als Strategie genutzt, was Lateinern als “audacter calumniare, semper aliquid haeret” – „Verleumde nur dreist, es bleibt immer etwas hängen“ seit Jahrhunderten bekannt ist, und als Geschäftsmodell “Mir nützt, was anderen schadet” den übelsten unter den “Öffentlichkeitsarbeitern” Aufmerksamkeit und Gewinne beschert.
Ja: Es ist eine Tragödie, wenn die – einst Autoren im Widerstand gegen totalitäre Diktaturen ermutigenden – Verlage, Zeitungen und Rundfunkanstalten heute versuchen, Profite mit Cancel Culture zu machen, weil sie nicht mehr originelle Begabungen und mutige Abweichler von der herrschenden Meinung – also der Meinung der Herrschenden – fördern, sondern alles, was sie für zu Quote, Klick-, und Verkaufszahlen passend und nicht anstößig für Politbürokraten nebst deren medialen Schallverstärkern halten. Das beweist dieser wie immer sorgsam recherchierte, kluge Text. Und dafür ist einer besonders dankbar, wenn er erlebt hat, wie hauptberufliche und freiwillige Mitarbeiter der Stasi, ermächtigt von der SED, einen Menschen nicht nur beruflich zu zersetzen versuchen. Warum sie’s tun? Weil sie es können. Das haben sie mit all ihren historischen Vorgängern gemeinsam. Auch mit den willigen Vollstreckern von heute.
G. Fischer
29. Oktober, 2020Vielen Dank für diesen Artikel Herr Wendt. Kenntnisreich, gut recherchiert und stringent argumentierend. Das Lesen hat sich mehr als gelohnt.
Ich denke, ich werde in einem Dresdner Buchhaus demnächst einiges käuflich erwerben.
caruso
28. Oktober, 2020Eine Sauerei sowohl von Siv Bublitz als auch von dem S. Fischer Verlag. Tut mir leid, daß ich kein schöneres Wort finde für diese unrühmliche Tat.
lg
caruso
Est
28. Oktober, 2020Sehr geehrter Herr Wendt, danke für diese Aufklärung.
Aber: warum träufeln auch Sie Gift in diesen gegenwärtigen deutschen WahrheitsDiskurs, wenn Sie Herrn Kubitschek als rechtsEXTREM darstellen (zersetzend diffamierend), genau so, wie die Linken und Linksextremen und Linksextremisten es ständig tun?
Emmanuel Precht
28. Oktober, 2020Danke für den sehr informativen Text, der durch die wunderbare Art zu schreiben, einfließt wie Honig. Wohlan…
Albert Schultheis
29. Oktober, 2020Wir haben doch wahrlich an Perfidie und Menschenverachtung, an Feigheit und Opportunismus genug erlebt in unserem Land: Die Nazis die sich mit Rufmorden erst gar nicht groß abgegeben haben, sondern gleich mit Gewalt gegen die Person vorgingen – die Stalinisten in der DDR, die sich ein ausgefeiltes System von abgestuften Diffamierungs- und Zersetzungsmaßnahmen geschaffen hatten, die ebenfalls vor der physischen Auslöschung unliebsamer Personen keinen Halt machten. Von daher sollten wir Deutsche doch von dieser Art der politischen Verfolgung reichlich ge-brieft sein. Sie sollte in uns spontane allergische Symptome auslösen! Tut sie aber nicht. Denn es gibt die Folterwerkzeuge der Angst und der Schuld. Wo sie zum Einsatz kommen, versagt jegliche geschichtliche Vernunft. War die Diktatur der Nazis vorwiegend auf purer Angst gestützt, so basierte die linke Diktatur stärker auf Schuld und dem moralischen Versagen seiner erklärten Gegner. Nichtsdestoweniger musste derjenige Angst verspüren, der das geforderte Klassenbewusstsein vermissen ließ. Angst den Beruf nicht ausüben zu dürfen oder keinen Studienplatz zu bekommen.
Auch heute wieder ist es der moralisch aufgeladene Zeigefinger, dessen Konsequenzen die Leute in Existenzangst stürzt, sie in ihrer Entfaltung behindert und sie aus den maßgeblichen gesellschaftlichen Zirkeln verbannt. Der Untertanen-Reflex macht auch nicht Halt vor den einstmals großen Kulturinstitutionen. Nein, gerade sie machen sich zu Vorreitern der neuen Zeit. Es sind die Politologen, die Soziologen, die Pädagogen, die Philosophen und Philologen, die zuerst den geistigen Halluzinationen der ideologischen Drogen zum Opfer fallen. Gerade sie sollten doch gefeit sein! Aber gerade sie machen sich in der großen Mehrzahl zuallererst zu Bütteln, zu Hetzern und schäbigen Denunzianten. Früher hat man gesagt, die haben halt sonst nichts gelernt, deshalb ist die Existenzangst dort am größten. Intellektuelle – in der BRD war das die schwarze Rollkragenmafia, die mit dem dunklen Brillengestell und Zigarette. Je verquaster ihre Textabsonderungen, desto tiefgründiger ihr Obskurantismus. Heute sind es linke und grüne Hohepriester, meist ohne jegliches Verdienst, die ihre Verdikte aussprechen, ohne dass dazu eine rationale Begründung notwendig wäre. Allein die korrekte Haltung weist sie als rechtmäßige Zensoren, Torwächter und Gralshüter aus. Sie sind gefürchtet wie die Ankläger der großen Inquisition. Reißen wir ihnen die Maske vom Gesicht! Stellen wir sie bloß als das, was sie sind: Abschaum, der auf Kosten der Arbeit anderer lebt und wuchert.
Libkon
30. Oktober, 2020Ihr Aufruf an das selbständig denkende und handelnde Volk passt als Fortsetzung/Ergänzung gut zu meinem Beitrag. Ihr Zitat:“ Reißen wir ihnen die Maske vom Gesicht! Stellen wir sie bloß als das, was sie sind: Abschaum, der auf Kosten der Arbeit anderer lebt und wuchert.“ sagt es überdeutlich: Nehmt nicht alles hin, was Intellektuelle, zusammen mit Politikern, den Leuten einreden wollen. Überprüft, was sie sagen. Denn nur das, was sie wirklich auch tun, meinen sie tatsächlich.
Die Politiker wollen letztlich die Unterordnung der Bürger. Und siehe da: sie bekommen sie ganz freiwillig, wie die neueste Umfrage zur Verschärfung des Hausarrests für alle Bürger (51% dafür), wie ich den „Lockdown“ nenne, zeigt. 16% sind sogar darüber hinaus der Meinung, das muss noch viel mehr verschärft werden. Die meisten Leute begreifen sich nicht mehr als wehrhafte Bürger, sondern als Kinder des „Vater“ Staates. Leider.
Zabka
28. Oktober, 2020Aber womöglich ist Monika Maron beim Fischer-Verlag ohnehin nicht mehr gut aufgehoben, einem Verlag, der unter Siv Bublitz seine Internetseiten mit Gendersternchen verunstaltet.
Bublitz ist seit April 2019 im Amt, Maron hatte kurz davor zusammen mit anderen die Petition „Schluss mit dem Gender-Unfug!“ gestartet – derzeit 78.294 Unterschriften – und hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie das Gendern für einen „zerstörerischen Eingriff in die deutsche Sprache“ hält. In ihrem Roman „Artur Lanz“ lässt sie die Protagonistin über junge Männer sinnieren, denen man ihr Mannsein „schon in der Kindheit mit Ritalin ausgetrieben oder in liebevollen Gesprächen verleidet hatte“, und die jetzt „gehorsam das generische Maskulinum vermeiden und stattdessen Gendersternchen verteilen“. Die Petition:
https://vds-ev.de/gegenwartsdeutsch/gendersprache/gendersprache-unterschriften/schluss-mit-dem-gender-unfug/
In ihrem letzten Artikel für die „Neue Zürcher Zeitung“ beschreibt Maron anhand von Beispielen (Tellkamp u.a.), wie es in Deutschland Zeitgenossen ergehen kann, die vom Mainstream abweichen:
„Es gibt auch in einem Rechtsstaat Möglichkeiten, Menschen wegen unerwünschter Meinungen die Existenz zu erschweren oder sogar zu zerstören. Wenn Zweifel schon verdächtig sind, wenn Fragen als Provokation wahrgenommen werden, wenn Bedenken als reaktionär gelten, wenn im Streit nur eine Partei immer recht hat, können einen eben alte Gefühle überkommen. Und dann kann man darüber verzweifeln, vor Wut toben oder darüber lachen, unser schönes galliges Gelächter.“
Das Gelächter von Leuten, die den größten Teil ihres Lebens in der DDR verbracht haben. Der NZZ-Artikel ist Teil des kleinen Essay-Bändchens, das zu ihrem Rausschmiss geführt hat. Wie wärs mit dem Langen Müller Verlag? Da hat auch Thilo Sarrazin eine neue verlegerische Heimat gefunden.
Simon Templar
28. Oktober, 2020Was soll man dazu noch sagen. Kontaktschuld gab es in Perfektion unter Stalin, und wer diese Geister erneut ruft, ist entweder dumm, ungebildet, böswillig oder williger Helfer (Mehrfachnennung möglich).
Helmut Weber
28. Oktober, 2020Danke für den Artikel. Ich werde mir gleich morgen beim Antaios-Verlag die Bücher von Monika Maron bestellen.
Aus Protest gegen diese unselige Behandlung von politisch anders Denkenden durch links-grüne Ideologen werde ich mir die Bücher der “Ausgestoßenen” besorgen. In der Werbung der Süddeutschen Zeitung heißt es: “Seien Sie anspruchsvoll”. Daher lese ich keine Süddeutsche und andere linke Zeitungen mehr. Außerdem werde ich in Zukunft nur noch die Werke von gefeuerten Schriftstellern lesen.
Paul
28. Oktober, 2020M.E. der beste Text bisher zu dieser Sache. Danke!
Wenn heute selbst Institutionen wie S.Fischer von der Welle der Political Correctness, der politisch vorgelegbten Duckmäuserei, der widerwärtigen Taktik, politische Ziele klar zu formulieren aber in der Breite auf diese Formulierungen und bereits erfolgte Wirkungen Hinweisende in die Ecke zu stellen, hinweggeschwemmt werden – nach dieser Causa ist S.Fischer nicht mehr der S.Fischer – dann bereue ich nicht, bereits vor 2015 diesem Land meine Liebe und Treue radikal aufgekündigt zu haben. “Deutschland verrecke!” Das sage ich inzwischen ohne Trennungsschmerz. Die Causa S.Fischer ist dafür im Gegenteil ein weiteres Balsam nach vielen anderen derlei Vorgängen.
Sigrid Ebert
29. Oktober, 2020“Aber das, so lautet die Beschuldigung, sei ja gerade das Raffinierte: Rechter Extremismus ohne nachweisbare Spuren von Rechtsextremismus.” – Dieser Satz macht mir begreiflich, was ich bisher nicht begreifen konnte! Er zeigt mir jedoch auch, dass ich grenzenlos naiv zu sein scheine… Ich danke Ihnen, Herr Wendt, für die Aufdeckung meiner Unzulänglichkeit.
Sibylle Abromeit
29. Oktober, 2020Ach was soll’s, draußen in der Schrumpelrepublik Doiselahn gibt es Divisionen von Restleser*nnen, die als Deutsch- bzw. Klimbimlehrer*nnen unterwegs sind und als Schwerstintellelle die äzett, fatz oder vergleichbaren Schmodder sklavisch im Abonnement halten und sich davon (und vom kulturfernsehen) die Welt erklären lassen.
Diese Heerscharen glauben unverbrüchlich an den Endsieg und die dazu notwendige Entlarvung, Aussonderung und Vertilgung der Erzfeindes in eben jener Form, in der der aktuelle Machthaber es durch seine Medien vorgibt – in der NS und DDR-Zeit wie heute und hier.
Die verschwindend geringe Minderheit von normalen und gesitteten Menschen wenden sich mit Abscheu vor dem Schmierentheater des staatstragenden Föjtongs ab, die verbeamtete Mehrheit dagegen blubbert unverdrossen und völlig schamlos von der klassenlosen Gesellschaft oder wie sich das derzeitig herrschende Utopia so nennt.
G. Fischer
29. Oktober, 2020Ich befürchte, Sie haben schlicht und ergreifend recht.
R.Stefan
29. Oktober, 2020Wiederum ein gelungen recherchierter und erkenntnisreicher Text von Herrn Wendt. Irgendwie beängstigend, wie da die bereits in der Vergangenheit unwürdige “Zersetzung” von kritischen Schriftstellern aufgezeigt wird.
Was mir auffällt (mich aber nicht verwundert), daß gerade solche Meinungskontrolleure, wie “correctiv” und “Faktenchecker” offensichtlich nicht im Stande sehen, die von Herrn Wendt aufgewandte Recherche irgendwie in ihrem Sinne zu “zerpflücken” – das ehrt den Autor, zeigt aber gleichzeitig die ganze Perfidie der mit Staatsmitteln Gepamperten.
Gotlandfahrer
29. Oktober, 2020Herr Wendt, ich bewundere Sie für Ihren Stil. Trockenster Humor bei an Sachlichkeit und Recherchequalität nicht zu übertreffender journalistischer Handwerklichkeit sowie Instinktsicherheit beim Aufspüren von Verlogenheit.
Es treibt bei mir immer wieder die Frage an, was es ist, das in “freien” Gesellschaften den charakterlichen Abschaum nach oben und die Fähigen und Anständigen nach draußen drängt.
Immer wieder großartig. Danke!
Libkon
29. Oktober, 2020Ich habe zum gesamten Themenkreis nur mal eine Frage: Herr Wendt unterzieht sich regelmäßig der großen Mühe, die Handlungen und Äußerungen der “Linken Feldpostnummer” zu analysieren und zu erläutern. Das ist wichtig und gut für uns aufgeklärte Leser.
Aber: Warum um alles in der Welt lassen wir Bürger es zu, dass von Links ständig etwa behauptet wird, wie z.B., dass wir plötzlich im Lande ein Rassismusproblem hätten. Das wird, basierend auf ideologisch linker Behauptungen, in den Raum gestellt, auch, dass konservativ sein (Heimat, Familie und Religion) schädlich für das Land sei?
Wer kommt auf solche abstrusen Ideen? Warum lassen wir Bürger uns die regelmäßige versteckte bis offene Hetze von Links gefallen, statt sie regelmäßig und entschlossen als falsch und unwahr scharf zurückzuweisen, OHNE sich dafür stets zu rechtfertigen, wie das bisher – fast entschuldigend – üblich ist? Die Zurückweisung erfolgt mit der Entschlossenheit und mit der Haltung von aufrichtigen Demokraten und Bürgern dieses Landes.
Irgendwelche Behauptungen, wie Rassist oder Sexist oder Faschist/Nazi perlen an unserer demokratischen Überzeugung ab und fordern uns NICHT zur Rechtfertigung auf, da wir diese haltlosen Beschuldigungen sofort scharf als beleidigend, falsch und unwahr zurückweisen. Diese ständigen Projektionen/Behauptungen fallen in aller Regel auf die negativ zurück, die sie aussprechen.
Gibt es noch den selbstbewußten und selbständig denkenden Bürger in diesem Land? Die Leserbriefe hier und anderen Orts sagen: JA!
Gotlandfahrer
30. Oktober, 2020Die Antwort auf Ihre wichtige, grundsätzliche Frage lautet: Macht. Macht ist keine Frage abstruser oder nicht-abstruser Ideen, sondern: Wer kann wen zwingen? Die Verbreiter, Bejaher und willfährigen Gehilfen abstruser Ideen weichen dem Zwang aus und verschaffen sich Erleichterung durch Hilfsdienste für die mit der Macht, weil es noch genügend nutzbare Ressourcen wie Sie und mich gibt, die über diesen Weg gemolken werden können. Wenn die abstruse Idee also lautet: Tue, was dem deutschen Volk schadet, ist dies Ausdruck der herrschenden Macht.
Es geht für uns also darum, diese Macht zu brechen. Der einzige Weg, den ich dafür sehe, ist, die Angst vor ihr zu nehmen, denn das erhöht ihre Ausübungskosten. Im Gegenzug wird sie zu Zugeständnissen (Zwangserleichterungen, wieder mehr zugestandener Souveränität) bereit, weil das unterm Strich billiger wird, als den Angstlevel wieder hochzutreiben.
Ohne Macht, die immer ein Interesse am Melken der Leistungsquellen haben wird, wird es in der Welt nicht gehen.
Paul Mittelsdorf
30. Oktober, 2020Das sehe ich genauso wie Sie. Die deutschen sogenannten Liberalen und Konservativen scheinen außerhalb der AFD nicht das kleinste bisschen Selbstbewusstsein zu besitzen. Sie lassen sich von einer moralisch verlotterten Linken durch die Manege treiben und akzeptieren deren Definitionen. Anstatt denen, die einen vollkommen abwegig als Nazi bezeichnen, sofort eine Klage wegen Relativierung des Nationalsozialismus entgegenzuschleudern.
Reinhard Westphal
29. Oktober, 2020Wie so oft nach dem Lesen eines Ihrer Texte bin ich gespalten von der Bewunderung über die faktenreiche, sprachlich hervorragende journalistische Arbeit einerseits und andererseits einer tiefen Betroffenheit, die mich beim Lesen befällt: Wir leben offenbar mitten in einer Gesinnungsdiktatur, in der all die linken Protagonisten auf den verschiedensten gesellschaftlichen Ebenen wie Klone nach dem Schema ‘Nazimentalität’ funktionieren und blindwütig besessen ein neues ideologisches Fantasia errichten. Koste es, was es wolle.
Wohin diese Reise noch gehen wird, bleibt ungewiss. Ich kann verstehen, dass es für eine 80-jährige Schriftstellerin ein bedrückendes Erlebnis ist, von ihrem Verlag mittels schäbiger Lügen rausgeschmissen zu werden. Wir alle leben gerne in den vertrauten Strukturen und Verluste von Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern schmerzen jedes Mal – wer hat das nicht schon erlebt?
Doch sollte man sich dann – wie jetzt im Falle von Monika Maron – immer bewusst machen, dass gleichzeitig eine Katharsis stattfindet, eine Reinigung von ehemals wertvollen und wichtigen, nun aber überholten, ausgelebten, vielleicht sogar verfaulten und verlogenen Beziehungen. ‘Scheiden tut weh’ sagt der Volksmund und Hermann Hesse hat 1941 das wunderschöne Gedicht “Stufen” geschrieben mit den Zeilen:
“…Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
….
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
……
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!”
In diesem Sinne wünsche ich Frau Maron, auf der neuen Stufe ihres Lebens noch mehr Klarheit und Wahrheit zu finden, welche ihre herausragende Schaffenskraft bereichern möge.
Libkon
29. Oktober, 2020Ein herrlich weises Gedicht. Und so tief die menschliche Seele ergründend. Es passt gut zu den teils poetisch/analytischen Werken von Herrn Wendt und seiner Publico-Seite, die u.a. auch menschliche Übergänge ergründet.
beste aller Welten
29. Oktober, 2020John Stuart Mill, On Liberty “Der Schutz vor der Tyrannei des Magistrats reicht also nicht aus: Es bedarf des Schutzes auch vor der Tyrannei der herrschenden Meinung und des Gefühls; vor der Tendenz der Gesellschaft, mit anderen Mitteln als zivilen Strafen ihre eigenen Ideen und Praktiken als Verhaltensregeln denen aufzuzwingen, die sich von ihnen distanzieren…”
pantau
29. Oktober, 2020Herr Wendt, Sie haben so eine vornehm-ironische Art, die mich an Thomas Mann erinnert – die Formulierung vom “schwankenden Charakterbild” insbesondere. Ich finde Ihren Stil ideal, um über diese moralischen Abgründe zu referieren, ohne daß einem selber übel dabei wird.
Zum Inhalt: Ist es denn wirklich so, daß das Umfeld des Umfeldes, mit dem Frau Maron nun offenbar in Kontaktschuld getreten ist, tatsächlich neurechts bzw. weit rechts ist? Man soll dem Gegner ja einen Punkt lassen, damit der eigene Punkt besser wirkt, aber ich frage trotzdem: Sind Kubitschek oder manche Produkte aus seinem Verlag wirklich rechtsextrem? Negiert man diesen Punkt, braucht man auch keine Distanzierung mehr vornehmen. Finde ich durchaus eleganter. Man distanziert sich heutzutage vielzuviel.
Paul Mittelsdorf
30. Oktober, 2020Da Götz Kubitschek im Gegensatz zu der vom Autor genannten Frau Stokowski nicht zu politischer Gewalt aufruft, ist es nicht ganz fair, beide auf einem Level zu präsentieren, der eine rechts, die andere links. Den Fakten nach zu urteilen ist Frau Stokowski eindeutig radikaler eingestellt als Herr Kubitschek. Das sollte auch so gesagt werden.
Katharina Pehle
30. Oktober, 2020Ach Herr Wendt, gäbe es Sie nicht, man müsste Sie erfinden! 1000 Mal Danke. Was Fischer mit Maron gemacht hat, und wie das feuilletonistische Establishment das rechtfertigt, lässt mir speiübel werden.
Karl Kaiser
30. Oktober, 2020Frau Maron steht wahrscheinlich am Ende ihres literarischen Schaffens. Das muß man leider annehmen. Aber sie beschließt ihre Laufbahn als moralische Instanz wie sie es in diesem Land schon lange nicht mehr gegeben hat.
Das bleibt.
Helene
31. Oktober, 2020Auch hier wird mit der Kontaktschuld “gearbeitet”:
https://www.tagesspiegel.de/kultur/monika-maron-susanne-dagen-und-die-antidemokraten-die-rechte-liebe-zur-literatur/26310010.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
Die kennt den, und der hat auf dem Stuhl gesessen, auf dem auch der war, und von dem weiß man, was er gerne liest, und der hat den Autor gelobt …
Es ist nicht zu fassen.
M. Ander
1. November, 2020Das ist Journalismus, … genaue Sprache, Recherche bis ganz tief rein, feiner Humor … danke Herr Wendt! Bleiben Sie uns, um Gottes Willen, noch ewig erhalten.