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Verdachtspersonen

Im „Corona-Krieg“ entgleist in Politik und Medien die Sprache: aus Bürgern werden Objekte

Von Jürgen Schmid

 

Wer im Herbst des Jahres 2020 Erkältungssymptome verspürt, lebt gefährlich. Sucht der Schniefende einen Arzt auf, muss er sich einem Coronatest unterziehen.

Das Testprozedere produziert ein Zertifikat, welches den Getesteten als eine „Verdachtsperson“ markiert, die sich bis zum Vorliegen eines negativen Testergebnisses in häusliche Quarantäne zu begeben habe, mit Auflagen der Art, dass die „Person“ getrennt vom Ehepartner zu schlafen hat.

Die amtsdeutsche Stigmatisierung eines unter Quarantäne gestellten Menschen als „Ver­dachtsperson“ ist nicht nur eine sprachliche Entgrenzung, sie ist bezeichnend für die Tonlage von Regierung und Behörden, mit der sie den „Krieg gegen Corona“ glauben führen zu müssen. Erinnert sei nur an die „Zügel“, die angezogen werden (Söder), die Androhung „brachialen Durchgreifens“ (Merkel), die Freude darüber, dass man positiv Gestestete „erwischt“ habe (Lauterbach). In der FAZ forderte ein Redakteur kürzlich mehr Anstrengungen, sonst könnte der „Krieg gegen Corona“ nicht gewonnen werden.

Das Eigenschaftswörtchen brachial, wohinein die alten Griechen ihren Arm geschmuggelt haben (brachiālis „zum Arm gehörig“), steht laut Duden für einen „handgreiflich“ und „mit roher Körperkraft“ durchgesetzten Willen. Dass eine Politikerin – und auch noch diejenige mit der ohnehin größten Durchsetzungsmacht – nicht „skrupellos, bedenkenlos, rücksichtslos“, so eine andere Lesart des Brachialen, gegen den Souverän agieren sollte, und sei es nur verbal, müsste in einer Demokratie eigentlich selbstverständlich sein.

 

„Die Kontaktperson der Kategorie I hat ein Tagebuch zu führen“

In Bayern wird die „Isolation von Kontaktpersonen der Kategorie I und von Verdachts­personen“ seit dem 7. Mai 2020 amtlich betrieben (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, Az G54e-G8390-2020/1277-1). Erstere sind „Personen, die einen engen Kontakt zu COVID-19-Erkrankten im Sinn der Empfehlungen ’Kontaktpersonennachverfolgung bei respiratorischen Erkrankungen durch das Coronavirus SARS-CoV-2’ des Robert Koch-Instituts gehabt haben.“

„Verdachtspersonen“ sind alle, „die Erkrankungszeichen zeigen, die mit einer SARS-CoV-2-Infektion vereinbar sind.“ Welche Rechtssicherheit eine unter Verdacht genommene Person hinter der merkwürdigen Begrifflichkeit „vereinbar mit einer Infektion“ finden kann, bedürfte sicherlich einer juristischen Klärung. Außerdem kennt die Corona-Bürokratie „Krankheits­verdächtige“, „Ansteckungsverdächtige“ und „Ausscheider“. Was immer letzteres sein mag.

Die „Verkündungsplattform Bayern. Recht“ präzisiert die „Anordnungen“ zum „Vollzug des Infektionsschutzgesetzes“ (BayMBl. 2020 Nr. 464 vom 18.8.2020). Jede „Verdachtsperson“, die „zu melden“ ist, wird nun endgültig zum anonymen Adressaten von „Vorschriften“, „Hygieneregeln“, „Allgemeinverfügungen“, „Verpflichtungen“. Markantester Textbaustein der gesundheitsministeriellen „Verkünd(ig)ung“: Die Floskel „müssen unverzüglich“. (Verkündungen verfügt ein Landesfürst im Absolutismus, die Verkündigung des Gotteswortes ist dem Pfarrer vorbehalten – ein demokratischer Staat sollte auf Augenhöhe mit dem Souverän kommunizieren.)
„Das Gesund­heitsamt belehrt“: „Mahlzeiten werden nicht gemeinsam eingenommen“. Kleine Isolations-Erleichterung: „Der zeitweise Aufenthalt in einem zur Wohnung gehörenden Garten, einer Terrasse oder eines Balkons ist alleine gestattet.“ (In dieser verqueren Grammatik.) Nun halten sich Personen stets nur zeitweise auf dem Balkon oder im Garten auf. Selbst für unseren Aufenthalt auf dieser Welt gilt das Wörtchen zeitweise. Trotzdem meinen Beamte des Freistaats Bayern, das den Bürgern noch einmal ausdrücklich mitteilen zu müssen, damit keine Verdachtsperson die kommenden Herbst- und Winternächte auf dem Balkon verbringt.

So behördlicherseits ermahnt, kann der „Isolierte“ zum Protokollanten in eigener Sache werden: „Während der Zeit der Isolation hat die Kontaktperson der Kategorie I ein Tagebuch zu führen, in dem – soweit möglich – zweimal täglich die Körpertemperatur und – soweit vorhanden – der Verlauf von Erkrankungszeichen sowie allgemeine Aktivitäten und der Kontakt zu weiteren Personen festzuhalten sind. Auf Verlangen des Gesundheitsamtes hat die Kontaktperson Informationen aus dem Tagebuch mitzuteilen.“
Mit dieser totalitären Eigenerfassungs- und Auskunftspflicht im und aus dem Privatbereich nicht genug. Die „Person“ hat außerdem „Untersuchungen und die Entnahme von Untersuchungsmaterial durch Beauftragte des Gesundheitsamtes an sich vornehmen zu lassen. Dies betrifft insbesondere Abstriche von Schleimhäuten und Blutentnahmen.“

 

Geburtstag feiern unter Schutz- und Hygienevorbehalt

Das Grundgesetz äußert sich eigentlich eindeutig: Die Bestimmungen über die „Unverletzlichkeit der Wohnung“ (Artikel 13) und das „Recht auf Privatsphäre“ (abgeleitet aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1) garantieren den „Schutz der räumlichen Privatsphäre vor Eingriffen von staatlicher Seite.“ Wenn die Polizei an Haustüren klingelt, weil die falsche Autonummer vor der Tür parkt (geschehen während des Lockdown), wenn Eltern die Überprüfung der häuslichen Quarantäne ihrer Kinder angedroht wird, wenn erwogen wird, Familienfeiern zu kontrollieren – wo bleibt da noch „Privatsphäre“? Selbst-Überwachung im Alltag ist das Gebot der Stunde: „Christian Drosten möchte, dass viele Men­schen Kontakt-Tagebücher führen.“ (n-tv).

„Vor Panikmache warnen Experten“ wie Christian Drosten, den n-tv zitiert. Es gäbe „zu viel Drama“. Das sagte er allerdings am 2. März 2020. Heute „rät“ der Staats-Virologe zur „Selbst­isolation im Vorfeld von Familienbesuchen“. Vor dem Treffen „mit Oma und Opa“ seien „soziale Kontakte so gut es geht [zu] vermeiden.” Die verbale Corona-Ampel steht längst dauerhaft auf Rot. Was tun, wenn wirklich einmal verstärkter Viren-Verkehr aufzuhalten wäre?

„Was jetzt bei privaten Feiern in Bayern gilt“ erklärt der Bayerische Rundfunk: „Die Regelung der Staatsregierung besagt, dass der Veranstalter [eines Geburtstages etwa] ein Schutz- und Hygienekonzept ausgearbeitet haben muss.“ Die Verlautbarung scheint eine neue (bzw. wiederbelebte) journalistische Gattung zu sein. Damit der Redakteur beim Kopieren der Regierungsvorlage nicht einschläft, darf er einen Kommentar einfügen – und „Feiern im Familien- und Freundeskreis“ als „umstritten“ bezeichnen. Auch andern Ortes heißt es: Private Feiern seien das größte Problem beim Infektionsgeschehen. Ein Jahr älter werden „unter Verdacht“ – ein schöner Brauch in der „neuen Normalität“.

Zum wiederholten Mal innerhalb eines Monats sieht Söder „Zahlen explodieren“, und befürchtet für Berlin einen „Kontrollverlust“. Wer außer ihm glaubt eigentlich, die Bundeshauptstadt hätte kritische Bereiche unter Kontrolle – etwa das Clanwesen, das Drogenmilieu, die Vermüllung ganzer Stadtquartiere? Wahrscheinlich noch nicht einmal Kanzleramtschef Helge Braun.

Söders eigentliche Botschaft steht andern Tags bei t-online: Von München, wo „knallhart“ „durchgegriffen“ wird, „kann Deutschland lernen“. „In München wird Maske getragen. Kollektiv.“ Es herrscht partielles „Alkoholverbot“. „Söder selbst“, so wird betont, hatte „beharrlich Druck gemacht“ – und schon bekommt München „binnen kürzester Zeit seine Corona-Zahlen wieder in den Griff, während in Berlin die Neuinfektionen steigen und Aktionismus herrscht“ (während der Bayern-Fürst mit ruhiger Hand Aktion an Aktion setzt). An der Bavaria, wo ohne Wiesn eine Teerwüste gähnt, so weit das Auge reicht, „patroullierte die Polizei in hoher Mannschaftsstärke“ , „USK-Einheiten räumten in Vollmontur“ zwei „Feier-Hotspots“. Fazit: „In München wird Corona alles untergeordnet.“ „Vorbildlich“ für die ganze Republik.

„Alles Corona unterordnen“, das entspricht nicht ganz dem Verfassungsstaat, der Grundrechte, Gewaltenteilung und Debatte vorsieht, für die Einschränkungen von Rechten eine ausführliche Begründungspflicht des Staates verlangt, und wenn überhaupt, dann der Menschenwürde anderes unterordnet. Die ersten 20 Grundgesetzartikel lassen sich auch so zusammenfassen: Bürger sind nicht Objekte des Staates. Das scheint wichtigen Feldherren im Virenkrieg nicht mehr bewusst zu sein. Wie Christian Drosten, der Bürger dazu anhält, sich per Corona-Tagebuch selbst zu beaufsichtigen, plädiert Söder für eine Art des präventiven Freiheitsverzichts: „Ich erwarte von den Bürgern, dass sie aus Verantwortungsbewusstsein nicht mehr alles machen, was sie noch dürfen.“

Die meisten wissen, dass das SARS-CoV-2-Virus gefährlich ist und großen Schaden anrichten kann. Eine Mehrheit folgt verständlichen Schutzregeln, und hält sich aus Konvention sogar an unsinnige Anordnungen, etwa das Maskentragen auf öffentlichen Plätzen in München. Trotzdem behandeln Politiker, Staatsmediziner und ein Teil der Medien diese Bürger wie schwer erziehbare und unselbständige Wesen, die immer noch viel zu viele Freiheiten genießen.

Neuerdings hat der Münchner Ministerpräsident verfügt, dass Menschen aus „Hotspots“ nur noch mit negativem Corona-Test in den Hotels des Freistaats übernachten dürfen. Dies bedeute „eine Testpflicht de facto für Urlauber, die aus Risikogebieten nach Bayern kommen“. Innerdeutsch – wohlgemerkt. Bezahlen muss der verdächtig Reisende den Test selbst, sofern er keine Krankheitssymptome aufweist. (Warum er dann getestet wird? Staatsgeheimnis.)

Seit Donnerstag 0:00 Uhr gilt das „Beherbergungsverbot für Reisende aus deutschen Risikogebieten“. Bereits die Einreise-Quarantäneverordnung vom 15. Juni hatte Freistaatsbürger, die aus einem Risikogebiet „in den Freistaat Bayern einreisen“, dazu „verpflichtet“, sich „unverzüglich“ nach Hause „zu begeben“, um sich dort 14 Tage „abzusondern“, großzügig behördlich unterstützt: „Für die Zeit der Absonderung unterliegen die von Abs. 1 Satz 1 erfassten Personen der Beobachtung durch die zuständige Kreisverwaltungsbehörde.“ „Und es wird dort eine Bahn sein und ein Weg, der der heilige Weg heißen wird. Kein Unreiner darf ihn betreten; nur sie werden auf ihm gehen. Auch die Toren dürfen nicht darauf umherirren.“ (Jesaja 35,8)

Nie waren die Klüfte zwischen Selbstanspruch und Wirklichkeit tiefer

In einer Zeit akkuratester verbaler Toleranzbefleißigungen aber, wo Adressierte im Namen des „Geschlechterspezifischen“ den Adressaten verdrängen (Duale Hochschule Baden-Württemberg, Heilbronn), wo die Hauptschule euphemistisch zur Mittelschule befördert wird, obwohl es keine Unterschule gibt, wo der Martinsumzug zum Fest der Lichter mutiert, damit sein christlicher Namensbezug niemanden ausgrenzen möge, wo die Heiligen Drei Könige 2020 in der Ulmer Weihnachtskrippe nicht mehr aufgestellt werden, weil die Figur des schwarzen Melchior (hebräisch für: „König des Lichts“) laut Kirchenvorstand als „problematisch“ gilt, wo die Milchmädchenrechnung als Tiefpunkt des Sexismus geächtet ist (LMU München), wo Lehrer (womöglich: Lehrpersonal) nicht mehr zeitgemäße Mütter und Väter bitteschön als Elternteil 1 und Elternteil 2 anzusprechen haben (Franziska Giffey) und folgerichtig die Muttersprache zur Erstsprache wird, wo es dem Schwarzfahrer an den Kragen geht, weil er gar nicht schwarz fährt, sondern nur ein „Fahrer ohne gültigen Fahrschein“ sein darf (Leitfaden für „Mitarbeitende der Berliner Verwaltung zum diversitysensiblen Sprachgebrauch“) – um nur ein kleines ABC der Korrektheit anzudeuten –, in einer solchen Atmosphäre sprachlicher Wohlerzogenheit gilt ein Mensch, der Schnupfen hat, als „Verdachtsperson“. Und wird damit mit jenen auf eine Stufe gestellt, die im Verdacht stehen, sich einer Gesetzwidrigkeit schuldig gemacht zu haben.

Wessen Hals kratzt, gilt für das bayerische Gesundheitsministerium, siehe oben, als „Verdachtsperson“, medial blühen „Verdachtsfälle“ bei Polizei und Bundeswehr – merkwürdige Worthäufungen in einer Zeit, in der „Verdachtsberichterstattung“ verpönt ist. Der Deutsche Presserat verwendet den „Verdacht“ ziemlich altmodisch: In Verbindung mit „potentiellen Straftätern“. Was einen Menschen, dem die Nase läuft, für den Anfangsverdacht der Kriminalität qualifiziert? Das müsste man die Sprachakrobaten im Amtssitz der Ärztin und bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml fragen.

„Die Isolation hat in einer Wohnung zu erfolgen.“ Solche Sätze kennen kein Subjekt. Der Mensch, an den die Botschaft adressiert ist, kommt darin nicht vor. Oft wird an der „Sprache der Bürokratie“ bemängelt, sie eliminiere den Menschen als handlungsfähiges Wesen, um ihn sprachlich auf eine Dingebene zu stellen – so urteilte der Bonner Sprachwissen­schaftler Leo Weisgerber 1958 in seiner Studie „Verschiebungen in der sprachlichen Einschätzung von Menschen und Sachen“.

Höchstsensibilität auf der einen Seite, Verwandlung des Bürgers in ein Objekt staatlicher Verdachtsschöpfung auf der anderen: Nie waren die Klüfte zwischen Selbstanspruch und Wirklichkeit tiefer als in diesem „Krieg gegen Corona“. Die Schauseite des sensiblen Staates wird gerne zu Sonn- und Feiertagsreden pathetisch präsentiert und von den Medien hochglänzend multipliziert. Die Rückseite erhält der Bürger werktags per Behördenschreiben. Ohne Pathos, ohne Sensibilität. Und ohne medialen Aufschrei. Vielleicht hat das Neusprech-Wort „Adressierte“ insofern seine doppeldeutige Berechtigung.


 

 

Jürgen Schmid ist Historiker und freier Autor. 

 

 


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27 Kommentare
  • Koedoe
    12. Oktober, 2020

    Sprache demaskiert. Behördensprache demaskiert die Unfreiheit des Untertanen. In der deklarierten Krise präsentiert sich die enthemmte Bürokratur. Die Freiheit des Individuums ist reine Phantasie.

    Die Berufung auf das Grundgesetz ist vertane Mühe, wenn man sogenannte Grundrechte einfordern will. Wenn das Grundgesetz Rechte beschreibt, dann tut es das fast immer unter der Maßgabe, dass Gesetze Einzelheiten, Beschränkungen oder Ausnahmen zur regeln haben. Unter Berufung auf Gefahrenabwehr, Seuchenschutz u.a.m. kann praktisch jedes Grundrecht außer Kraft gesetzt werden. Das ist im Prinzip sinnvoll, allerdings nur in Bedrohungslagen. Aufstrebende Diktaturen konstruieren Bedrohungslagen. Immer.

    • kdm
      12. Oktober, 2020

      Apropos Bedrohungslage:

      Beim Klonovsky kann man heute einige offizielle Sterbe-Statistiken sehen
      (mit Link zur Behörde, die diese Statistiken macht; hab’s mir angesehen: stimmt).
      Daraus geht hervor, dass der Corona-Virus keinerlei statistisch bemerkbare Sterbe-Erhöhung aufzeigt, die generellen Sterbezahlen seit 2016 bis heute sind immer in etwa gleich.

      • Stephan
        14. Oktober, 2020

        @kdm

        Sie meinen das hier – https://www.michael-klonovsky.de/images/ca46af35.png -, oder?

        Mich hat das auch erst beeindruckt, aber schauen Sie sich mal die y-Achse an: bei in diesem Jahr bereits fast 700’000 Toten sieht man Übersterblichkeiten im Bereich von einigen tausend Menschen über mehrere Monate wohl einfach nicht.

        Der Blick auf die Grafik reicht daher meiner Meinung nach nicht. Könnte man aber wirklich mal statistisch anständig analysieren.

  • Koedoe
    12. Oktober, 2020

    Ein Weiteres will ich anmerken, insbesondere zu den “Absonderungsmaßnahmen” innerhalb der eigenen Wohnung: Freiheit ist, “Nein” sagen zu können. Ich kann.

  • Conny Why
    12. Oktober, 2020

    Virtuos! Ironie vom Feinsten!
    Die adressierte Leser**In war krass amüsiert, auch wenn – auf Grund des bestehenden Wahrheitsgehaltes der im Text beschriebenen behördlich zu vollstreckenden Coronaeindämmungsmaßnahmen – der Artikel-Lesenden das Lachen im bisher nicht infizierten (?) Hals steckenzubleiben drohte.
    Vielen Dank!

  • Reinhard Westphal
    12. Oktober, 2020

    Und damit in diesem “Krieg gegen Corona” keine “Verdachtsperson”, keine „Krankheits­verdächtige“, keine „Ansteckungsverdächtige“ und kein „Ausscheider“ mehr entkommt, hat die Stadtverwaltung Essen vorbildhaft ein Online-Formular “Melden eines Verstoßes gegen die Coronaschutz-Verordnung ” entwickelt. Im Pulldown-Menü kann der besorgte Denunziant folgende “Art des Verstoßes” anklicken:

    – Unzulässiger Betrieb von Freizeit- und Vergnügungsstätten nach §10 Abs. 1 CoronaSchVO
    – Organisation oder Teilnahme an Sportfesten oder ähnlichen Sportveranstaltungen (§9 Abs. 5 CoronaSchVO)
    – Unterlassen der erforderlichen Schutzmaßnahmen in Bibliotheken, Hochschulbibliotheken (§6 Abs. 3 CoronaSchVO)
    – Anbieten von Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken für Personen die keinen Wohnsitz in den in §15 Abs. 1 CoronaSchVO genannten Ländern haben (§15 Abs. 1-5 CoronaSchVO)
    – Nichtumsetzung von Hygienemaßnahmen in Restaurants, Gaststätten, Kneipen, Bars, Imbissen, (Eis-)Cafés, öffentlich zugänglichen Mensen und Kantinen, Speisewagen und Bistros im Personenverkehr sowie ähnlichen gastronomischen Einrichtungen (§14 Abs. 1 CoronaSchVO)
    – Durchführung/Teilnahme an einer Veranstaltung/Versammlung bei der die erforderlichen Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden. (§13 Abs. 1-3, sowie Abs. 5+6 CoronaSchVO)
    – Zusammenkunft oder Ansammlung im öffentlichen Raum für die keine Ausnahme gilt (§1 Abs. 2 und 3 CoronaSchVO)
    – Verstoß gegen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nach §2 Abs. 3 CoronaSchVO
    – Durchführung von unzulässigen Veranstaltungen nach §13 Abs. 4 CoronaSchVO
    – Nichteinhalten von Hygienemaßnahmen in Handelseinrichtungen §11 Abs. 1 CoronaSchVO
    – Sonstiger nach der CoronaSchVO unzulässiger Sachverhalt, z.B. Friseurtätigkeit, Nagelstudio, etc. (Bitte nachstehend näher beschreiben)

    Wie es scheint, lebt der Amtsschimmel angesichts einer Bedrohung von nationaler Tragweite geradezu auf und feuert aus allen Rohren. Wer seiner staatsbürgerlichen Pflicht gleich nachkommen möchte, hier der Link zum Formular:
    https://www.essen.de/formular/ordnungsamt/coronaschutzverordnung__melden_eines_verstosses.de.html

    • Conny Why
      12. Oktober, 2020

      Das ist ja unfassbar! Irgendwie surreal – wie das meiste in diesen aus den Fugen geratenen Zeiten.
      Halten wir gut durch!

    • Ilona
      12. Oktober, 2020

      Hab’ den Link schon gesehen und geteilt. Wir sind wieder soweit. Waren wir vielleicht schon immer, aber diese Mikrobe bringt wohl das bis dato mehr oder minder Verborgene in unseren Mitbürgern wieder zum Vorschein.

    • Norbert Meyer-Ramien
      13. Oktober, 2020

      PUBLICO, Herr Jürgen Schmid, hat hervorragend analysiert, wie uns, den untertänigen Bürgern des NEUEN (wiedervereinigten) DEUTSCHLANDS, aus dem historisch belasteten REICHSTAG in Berlin und der ehemaligen HAUPTSTADT der BEWEGUNG (= München) im KRIEG gegen die CORONA-PANDEMIE (diktatorisch) die LEVITEN GELESEN wurden. Mit meiner beruflichen Verbundenheit zu Essen (KARSTADT HV in besseren Jahren) und mit meiner Kenntnis der DDR durch Verwandtenbesuche und der Messe in LEIPZIG kann ich das angesprochene DÉJÀ VUS dieser Regularien mit der sog. “EHEMALIGEN (?)” total nachvollziehen. Die “Runde Ecke” in Leipzig ist mir als BRD-Bürger leidlich bekannt. Schade ist auch, daß der Fußball in Leipzig mit RED BULL hoch gepäppelt wurde, während ROT-WEISS-ESSEN (ehem. Helmut Rahn WM 1954) im Neuen Deutschland fast bedeutungslos geworden ist. Alles sehr verdächtig !!!

    • Albert Schultheis
      13. Oktober, 2020

      Bisher bin ich davon ausgegangen, die Liberalität und Freizügigkeit, die wir Deutschen im Goldenen Zeitalter der alten Bonner Republik unter Helmut, Helmut und Willie genießen konnten, wären der Normalfall einer deutschen Existenz. Heute weiß ich, wie weit gefehlt das war! Der Normalfall ist die Knute, die Gängelei, die Unterwerfung – wie geschehen im Reich Adolfs des Tausendjährigen sowie in der roten Republik Walters und Erichs (“Es muss wie Demokratie aussehen, aber wir sagen wo’s langgeht!”). Die Jahre des Rheinischen Kapitalismus das war die singuläre Ausnahme, offenbar aus heutiger Sicht ein Fehler im System, der ausgemerzt werden musste. Jetzt kommt also Merkels Große Transformation. Corona bietet uns einen kleinen Vorgeschmack auf das, was wir uns dann zu gefallen lassen haben, wenn Merkels krankhafte Visionen Wirklichkeit werden. Den Bürger, den Souverän wird es dann nicht mehr geben. Wir werden wieder zu reinen Objekten, zu Untertanen des Regierungshandelns, der Verfügungen einer narzisstischen, privilegierten Politkaste. Im ersten Fall waren das Nazis und ihre Parteimitglieder und Funktionsträger im andern Fall die SED-Bonzen und ihre Günstlinge. Ob Sozialismus oder Nationalsozialismus – egal! In beiden Fällen waren die Medien und das Staatsfernsehen bzw. der Rundfunk zwangsweise gleichgeschaltet. Heute schalten sich Medien, Betriebe, Unternehmen, Organisationen und Vereine “freiwillig” gleich, sobald auch nur von betreffender Seite der allergeringste Druck aufgebaut wird. Nein, wir sind keine freie, selbstbewusste Rasse wir Deutschen. Wir sind irgendwo auf dem Niveau von Spulwürmern stehengeblieben – trotz aller ehemaligen Ingeniosität in den Wissenschaften, der Kunst, der Kultur, der Philosophie und der Musik. Die Protagonisten dieser deutschen Ingeniosität, ich vermute, sie wuchsen genau deshalb so singulär über sich hinaus, weil sie ansonsten an dem Geist der Hetzer, Blockwarte und Denunzianten erstickt wären. Es steht zu befürchten, dass das Etikett des zugelaufenen Hamburger Islamisten von den Deutschen als “Köterrasse” nur allzu schmeichelhaft ausgefallen war.

    • Helmut Weber
      13. Oktober, 2020

      Ich möchte ergänzen und weitere Verstoß-Formulare vorschlagen. Z. B. für den Bereich Straßenverkehr. Jeder Fahrzeugführer soll andere melden, die zu schnell fahren (Ablesen vom eigenen Tacho reicht aus), die falsch, nicht platzsparend oder verbotswidrig parkt (Behauptung genügt, Beweisfoto nicht erforderlich), verbotswidrig hupt, ohne triftigen Grund mit dem Auto fährt etc.
      Zudem könnte man in den Mülltonnen nachschauen, ob auch fein säuberlich getrennt wurde, oder Hinweise darin findet, dass nicht Waren aus der Region eingekauft wurden usw.
      Ich denke, die Liste ließe sich noch fortführen. Selbsternannte Verkehrserzieher, Denunzianten und Weltretter lassen sich vermutlich genügend finden.

    • F. Jungeleit
      13. Oktober, 2020

      Ganz wichtig, Kontaktdaten des Denunzianten: optional. Man will ja nicht alles wissen!

  • Armin Helm
    12. Oktober, 2020

    Man stelle sich vor, der Redner bei einer Demonstration würde – für die Politiker! – “Anreize mit Lenkungswirkung” sowie “Maßnahmen” fordern. Außerdem meint der Redner, es sei nun notwendig bei den Politikern die Zügel anzuziehen und man müsse brachial durchgreifen. In Richtung Polizei würde der Redner dann noch sagen: “Die Hunde bellen, die Karavane zieht weiter…” Wäre das nicht schon ein revolutionärer Duktus?

  • oldman
    12. Oktober, 2020

    „Die Herrschaft der Lüge“ lautet der deutsche Titel eines Buches des 2006 verstorbenen französischen Philosophen und Journalisten Jean-François Revel, das auf Französisch den kaum weniger dramatischen Titel „La Connaissance inutile“ (Das nutzlose Wissen) trägt. Der deutsche Untertitel macht deutlich, worum es geht: „Wie Medien und Politiker die Öffentlichkeit manipulieren.“ Gefunden bei achgut,Dezember 2016.

    Brandaktuell. Man denke nur an Söder, die brachiale Kanzlerin, Lauterbach und Konsorten.
    Und es soll keiner sagen, es gäbe keine Fachleute, die dagegenhalten. Sogar ARD-Extra und der WDR berichteten darüber ! (am 05.10. und am 08.10.) Und deren Zahlen werden vom RKI bestätigt, sowas aber auch.
    Ungeachtet dessen geht die Panikmache fröhlich weiter, positive Tests werden zu Infektionen uminterpretiert, die Fehlerquote, die bei wöchentlichen Testzahlen weit jenseits der Million allein für mindestens 8000 Infizierte steht, ignoriert man geflissentlich. Drosten hat alles, was er früher über den PCR-Test erzählte, weitgehend vergessen.
    Das wichtigste aber, “Statt 20 Prozent der Infizierten werden derzeit nur noch sechs Prozent in einer Klinik behandelt, heißt es in dem Beitrag: „Der jüngste Anstieg der Neuinfektionen führt derzeit nicht zu mehr Krankenhauseinweisungen, weil sich überwiegend junge Menschen anstecken, die wenig oder gar nicht erkranken. Deshalb wären auch steigende Neuinfektionen zunächst kein Problem“ (Streeck im ARD) – das den Leuten zu sagen, das unterlässt man. Offenbar “nicht hilfreich” für Panikprofiteure.

  • Ernst-Fr. Siebert
    12. Oktober, 2020

    Ich will meine alte gute DDR zurück 🙁

  • Immo Sennewald
    12. Oktober, 2020

    Jürgen Schmid schaut in seinem Text auf ein schaurig-schönes “bestes Deutschland, das es je gab”. Darin lebt eine Bevölkerung, die möglichst nichts falsch machen möchte. Sie wählt deshalb Parteien an die Macht, die sehr gern versprechen, alles unter Kontrolle zu haben. Sie selbst sind längst kaum mehr kontrollierbar. Das Handeln der Regierung wird – nicht nur von erbötigen Medien – als “alternativlos” dargestellt. Was im Grundgesetz verbrieftes Bürgerrecht ist, lässt sich durch Ausrufen von Gefahrenlagen mittels Verordnungen neutralisieren; nur wer juristischen Beistand finanzieren kann, hat eine Chance zur Gegenwehr.
    Zustände, wie sie in feuchtlauwarmen Träumen einer totalitären Diktatur vorkommen, dazu die sprachliche und mediale Falschmünzerei, die dem DDR-Erfahrenen immer neue déjà vus beschert. Eines ist anders: Dort war der Klassenfein schuld, wenn Wirtschaft, Infrastruktur, Bausubstanz und Moral zerfielen, heute gehen staatserhaltenden Ideologen die Sündenböcke nicht aus. Ein Virus ist besonders geeignet: Niemand kriegt es wirklich zu fassen. Danke für die unterhaltsame Erklärung dafür, weshalb Corona lange leben wird.

  • pantau
    12. Oktober, 2020

    Behördensprache enthielt allerdings schon immer den Sadismus des verdrucksten Behördenmitarbeiters. Beachtlich finde ich allerdings, wie Politik und Medien, und voran die Kanzlerin mit dem Wort “brachial”, auf den Geschmack der Behördensprache gekommen sind. Diese ganzen Beispiele sind an mir als mainstream-Medien-Abstinenzler naturgemäß unbemerkt vorübergegangen. Wäre ich nicht längst abgestumpft, wäre ich schockiert.

  • Klaus
    12. Oktober, 2020

    Der größte Lump im ganzen Land
    ist…

    (allgemein bekanntes Zitat)

    • Gast
      13. Oktober, 2020

      Ich ertrage das nicht mehr. Ich neige zu Erkältungskrankheiten und zweimal musste ich wegen einer Lungenentzündung einen Arzt aufsuchen. Wenn ich den nicht aufgesucht hätte, wäre ich gestorben. Jetzt kann ich das nicht mehr tun. Ich bin keine Verdachtsperson und habe noch nie jemandem etwas getan.

  • Albert Pflüger
    12. Oktober, 2020

    Wenn man in einem “Risikogebiet” lebt und in ein anderes “Risikogebiet” reist, ist doch ein Beherbergungsverbot sinnlos, da die Menschen am Zielort ohnehin den gleichen Risiken ausgesetzt sind, wie am Heimatort. Aber wer nach dem Sinn von Maßnahmen fragt, hat wohl ohnehin eine falsche Frage gestellt.

    Gespannt bin ich ja mal auf die Reaktion der sogenannten “Partyszene”! Werden jetzt “Rangeleien” strikt auf maximal 5 Teilnehmer begrenzt? Darf ein spazierendes Pärchen nur noch mit maximal 5 “Jugendlichen” “in Streit geraten”? Was, wenn diese Vorschrift mit der “Kultur” der “Streithähne” nicht zu vereinbaren ist- dann besteht doch die ernste Gefahr von rassistischer Diskriminierung, beispielsweise durch die Polizei!

    Ich mache mir auch große Sorgen um die Einhaltung der Hygieneregeln in besetzten Häusern. Die Zustände in der kürzlich geräumten Liebigstraße 34 geben zu der Befürchtung Anlaß, daß das Wort Hygiene dort völlig unbekannt war, da müßten dringend regelmäßig Schulungen und Überprüfungen durch besonders ausgebildete und ausgerüstete Polizeikräfte stattfinden.

    Grundsätzlich sollte die Funktion des Blockwartes zügig wieder eingeführt werden, damit unzuverlässige gefährdende Subjekte erfaßt und passend behandelt werden können. Einige Tage der Unterbringung in einer geschlossenen Erziehungseinrichtung haben schon so manchen renitenten Besserwisser bekehrt, das haben uns die Chinesen in jüngerer Vergangenheit mehrfach beeindruckend bewiesen, und da unsere eigenen Erfahrungen mit solchen Maßnahmen bereits einige Zeit zurückliegen, könnte sich unsere Regierung dort Hilfe holen, wie sie ja auch mit der Formulierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes bereitwillig anderen Ländern geholfen hat, in denen die Regierung durch allzu freie Meinungsäußerungen provoziert worden war.

    Wir schaffen das!

  • Thomas Schuele
    13. Oktober, 2020

    Danke für diesen Artikel, geht runter wie Öl (und bestätigt die Verärgerung)

  • Thomas Schuele
    13. Oktober, 2020

    Söder ist Franke, er wird also wissen wie er den depperten Münchnern möglichst weh tut!

  • TinaTobel
    13. Oktober, 2020

    Schon bevor ich diesen Artikel las, näherte ich mich dem Punkt, an dem die Angst vor dem, was die Behörden im “Verdachtsfall” mit einem machen, größer ist als die Angst, sich mit Covid-19 zu infizieren und zu erkranken.
    Dieser Kipp-Punkt ist wieder ein Stück nähergerückt.

  • Immo Sennewald
    13. Oktober, 2020

    So sieht es aus.

  • Oliver Driesen
    15. Oktober, 2020

    Das trifft es meines Erachtens genau. Erschreckend, aber nicht überraschend.

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