In der Landeshauptstadt München kann die CSU nach der aktuellen Prognose kein Direktmandat mehr erwarten. Die Stimmkreise an der Isar gehen am 26. September nach aller Wahrscheinlichkeit an die Grünen – mit einer nicht unwahrscheinlichen Ausnahme. Im Münchner Norden könnte sich der Sozialdemokrat Florian Post durchsetzen, der in den Umfragen vor der grünen Bewerberin liegt, wenn auch nur knapp.
Sollte Post wieder in den Bundestag kommen, dann wäre das aus einem anderen Grund eine kleine Sensation. Denn der Münchner kämpft in zwei Richtungen: gegen die Konkurrenten von Grünen und der abgeschlagenen CSU – und gegen das Führungspersonal der eigenen Partei. Vielen in der Fraktionsspitze, im Berliner Parteiapparat und erst recht in der bayerischen SPD wäre es den Funktionären ganz Recht, wenn Post es am Sonntag nicht schafft. Dort gilt ein Motto, das inzwischen bei fast allen Parteien die Kaderpolitik bestimmt: Lieber nicht gewinnen als mit dem falschen Kandidaten. Dafür, dass es sich bei Post um den falschen Bewerber handelt, gibt es aus Sicht der Parteioberen gleich mehrere Gründe.Zum einen gehört der 40-Jährige, der vor seinem Bundestagseinzug 2013 als Diplomkaufmann arbeitete, zu dem Typus des Traditionssozis, der in Ansichten und Sprachgebrauch eher dem früheren Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky ähnelt als den meisten gleichaltrigen SPD-Mandatsträgern und Funktionären. In der Bundesfraktion zählte Post zu den Kritikern von Andrea Nahles; nach der Landtagswahl 2018 in Bayern, als die SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen die Zahl der Mandate halbierte, aber trotzdem Landeschefin bleiben wollte, warf er ihr Postenkleberei vor. Das taten viele im kleinen Kreis. Post dagegen öffentlich. Das merkte man sich an der Spitze.
Als Saskia Esken und Kevin Kühnert auf den identitätspolitisch nicht ausreichend geschmeidigen Wolfgang Thierse losgingen, schöpfte der Bayer die Bezeichnung „Bonsai-Jakobiner“. Er erinnerte außerdem diejenigen in seiner Partei, die für die Einführung der Vermögenssteuer und eine viel höhere Erbschaftssteuer eintreten, dass es in München und anderen Großstädten durchaus Menschen gibt, deren Eigenheim mittlerweile viel Wert ist, und die trotzdem nicht über riesige Einkommen verfügen: „Das war einmal unsere Klientel.“
In den Antworten unter Posts Tweet („Ahh, ich soll jetzt Mitleid mit jemandem haben, der ein ein Mio. Haus erbt? Der nach Steuern noch 900k übrig hat? Ja, das war schon immer die Klientel unserer Partei“) und ähnlichen Kommentaren zeigte sich übrigens der Mentalitätswandel in der Partei. Vor allem jüngere Mitglieder können sich offenbar gar nicht vorstellen, dass sich in vergangenen Jahrzehnten auch Facharbeiter in der Stadt ein Haus leisten konnten, und dass diese Leute tatsächlich einmal zur Kernwählerschaft der SPD zählten.
Am deutlichsten setzte sich Post von den meisten Repräsentanten seiner Partei ab, als er im Bundestag nicht nur gegen das Corona-Bundesnotbremsengesetz stimmte, sondern zusammen mit anderen Abgeordneten dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht klagte (bis jetzt wurde darüber nicht entschieden).
Die maßgeblichen Leute in der Landespartei sorgten dafür, dass Post keinen Listenplatz bekam. In der Konkurrenz um die Position des Wahlkreiskandidaten tauchte Anfang 2021 sehr plötzlich eine Konkurrentin auf, Philippa Sigl-Glöckner, persönliche Referentin von Wolfgang Schmidt, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und engster Vertrauter von Olaf Scholz.
Der Berliner Tagesspiegel bewarb Sigl-Glöckner als „30 Jahre alte weltgewandte Frau“, die „eine neue, progressive SPD will“, und machte damit den Frontverlauf deutlich: Dort der rechte Außenseiter in München, da die junge Garantin des Fortschritts aus der Hauptstadt. Die Parteibasis wählte trotzdem Post mit 81 Prozent zum Direktkandidaten. Sigl-Glöckners Ergebnis fiel vielleicht auch deshalb sehr bescheiden aus, weil sich herausstellte, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung noch in Berlin gemeldet war. Wenn er schon nicht als Direktkandidat zu verhindern war, fanden die Entscheider in den beiden Zentralen, dann sollte der einzige Münchner Sozialdemokrat mit realistischer Aussicht auf einen Wahlerfolg zumindest ohne Parteiunterstützung auskommen. Als Olaf Scholz im Sommer nach München kam, luden seine Leute alle SPD-Größen der Stadt ein. Nur Post nicht.
Als Post im Juni abends auf dem Odeonsplatz mit Journalistenbegleitung unterwegs war, wo es an Samstagen immer wieder zu illegalen Autorennen, zu Rangeleien zwischen jungen Männern und zur Vermüllung der Gegend kommt, fragte der Politiker einen jungen Mann aus einer dieser einschlägigen Gruppen, der eine Bierflasche auf den Boden warf, was das solle. Der Angesprochene beschimpfte den Abgeordneten als ‘Hurensohn‘, ging auf ihn los und versetzte ihm einen Stoß vor die Brust. Die Polizei stellte sich zu seinem Schutz dazwischen. Bei einem körperlichen Angriff auf einen wahlkämpfenden Abgeordneten gibt es normalerweise spätestens am nächsten Tag Solidaritäts- und Empörungsadressen der Partei. In diesem Fall blieben die Offiziellen still. Denn erstens kam der Schubser aus einer Gruppe von Jungmännern mit Migrationshintergrund, es handelte sich also um den falschen Aggressor. Und damit, was die Probleme am Odeonsplatz anging, auch grundsätzlich um das falsche Thema. Und eben um den falschen Abgeordneten. Zu allem Überfluss war Post noch mit dem falschen Medium unterwegs, nämlich Journalisten der Bild.
Im Münchner Norden fallen Posts Plakate unter den anderen Bewerbern auf. Eine Variante zeigt nur seinen Namen und wirbt für die Erststimme – ohne jeden Hinweis auf die Partei. Ein anderes zeigt das SPD-Logo klein oben rechts. Denn immerhin steht die Basis nach wie vor hinter ihm. Münchens Ex-Oberbürgermeister Christian Ude, der aus ähnlichen Gründen wie Post ein distanziertes Verhältnis zur Kühnen-Esken-SPD pflegt, organisiert den Wahlkampf für ihn. Als Scholz im September auf dem Münchner Marienplatz auftrat, holte er Post auf die Bühne. Angesichts des vermutlich knappen Wahlausgangs braucht er den Bundestagsabgeordneten wahrscheinlich dringender, als Post umgekehrt die SPD benötigt.
Die Geschichte des SPD-Manns ist deshalb auch ein Lehrstück darüber, dass es selbst einem eingespielten Parteiapparat nicht ganz leicht fällt, Mitglieder zu vergraulen, die sich nicht passgenau einfügen.
Im Vergleich zu Post muss ein anderer Kandidat noch etwas mehr Druck des eigenen Apparats aushalten. Bei dem Direktkandidaten der CDU im Wahlkreis 196 in Südthüringen, Hans-Georg-Maaßen handelt es sich wahrscheinlich um den einzigen Bewerber in der CDU-Geschichte, von dessen Wahl gleich drei prominente Parteimitglieder abrieten: Der Ostbeauftragte der Bundesregierung und sächsische CDU-Spitzenkandidat Marco Wanderwitz, der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther und zuletzt dessen Schulministerin Karin Prien, Mitglied im Kompetenzteam von Armin Laschet. Prien warb bei Markus Lanz sogar indirekt für Maaßens Gegenkandidaten, den früheren Biathleten Frank Ullrich, der für die SPD antritt: „Ich bin von Leistungssportlern immer wieder fasziniert.“ Aus ihrer Sicht gilt das gleiche wie in der SPD für Florian Post: Lieber den Wahlkreis nicht gewinnen als mit dem Falschen.
Neben den führenden CDU-Mitgliedern kämpft auch der Verein „Campact“ gegen Maaßen, indem er Druck auf den Direktkandidaten der Linkspartei ausübte, seine Kandidatur zugunsten von Ullrich zurückzuziehen, um Maaßen so zu verhindern. „Campact“ schaltete nicht nur für erstaunliche Summen Anzeigen im Netz, sondern sorgte auch dafür, dass mehrere hundert Aktivisten Mails an den Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow gingen, von dem die Aktivisten verlangten, er solle den Rückzug des Linkspartei-Kandidaten im Wahlkreis 196 anordnen. Als Ramelow das Ansinnen „Nötigung“ und „Aufforderung zum Verfassungsbruch“ nannte – Ramelow hat in bei den Linken keine Parteiämter inne – fand er sich von Karl Lauterbach umgehend als Helfer eines Faschisten angeprangert. Zumindest, wie es früher in der DDR hieß, als Helfershelfer.
Im Wahlkreis 196 lässt sich auf engstem Raum der deutsche Hysteriepegel messen. Und auch die Verschiebung der politischen Linien, wenn ein Linkspartei-Regierungschef darauf hinweisen muss, dass es so etwas wie Gewaltenteilung gibt.
„Über mangelnde Bekanntheit kann ich mich jedenfalls nicht beschweren“, sagt Maaßen. Es scheint fast so, als wäre die bizarre Stimmungsaufladung im Wahlkreis 196 und die Projektion auf einen Parteiaußenseiter ein Ausgleich für den langweiligen Wahlkampf auf der großen politischen Bühne. Um zu verstehen, was andere überhaupt in dem Kandidat Maaßen sehen, lohnt es sich, den Text von Thomas Wendrich in der Welt zu lesen. Wendrich schrieb das Drehbuch für den Film „Je suis Karl“, einen von vielen dystopischen Streifen, in dem Rechtsextremisten nach der Macht in Deutschland greifen. Dramen dieser Art bilden in der Bundesrepublik mittlerweile ein eigenes reiches und weitverzweigtes Genre. Aus Wendrichs Sicht stehen die Faschisten, Rechtsextremisten, Rechten – Begriffsschärfe ist nicht seine Sache – in Deutschland und Europa schon kurz vor der Herrschaft. Für ihn ist Maaßen das Gesicht dieses Phänomens, das er und andere als hyperrealistisches Bild vor sich sehen.
„Die Maaßens und Le Pens, Kickls, Weidels und Salvinis, die Gaulands und Sellners, die Höckes, Sarrazins, Hofers und Kubitscheks dieser, unserer Welt“, schreibt Wendrich, „haben das Zepter fester denn je in der Hand. Die Rechten kapern die Gesellschaft, indem sie versuchen, unsichtbar in ihr aufzugehen.“ Und: „Und da grüßte der oberste Verfassungsschützer mit braunem Raunen die Freunde auf der Straße in Chemnitz und will nun in den Bundestag (Oder nicht?). Sie gehen durch die Institutionen, wie seinerzeit die APO.“
Zwischen APO und „Zepter fest in der Hand“ liegt normalerweise ein gewisser Unterschied, auf den ein apokalyptisches Manifest allerdings keine Rücksicht nehmen kann. Ebenso wenig wie auf den Umstand, dass Maaßen bisher kein Amt innehat, Götz Kubitschek und Martin Sellner noch nie eins hatten, und alle anderen Genannten der Opposition angehören. Als der Ex-Sozialdemokrat Thilo Sarrazin am Donnerstag als Wahlhelfer zu Maaßen kam, nutzte dem Kandidaten das Zepter in der Hand nicht besonders viel: Er musste die Veranstaltung mit Sarrazin kurzfristig verlegen, weil am ursprünglichen Ort die Antifa aufmarschiert war.
Wer sich Maaßens Wahlkampfreden ansieht, findet darin nur Versatzstücke, die in der CDU und selbst in der SPD vor 20 Jahren zum jeweiligen Hauptstrom der Partei gehörten. Für die CDU in Südthüringen scheint das noch immer zu gelten. Anderenfalls hätte sie Maaßen nicht aufgestellt. Der Ausgang im Wahlkreis 196 am Sonntag wird so oder so zum Zeichen an der Wand. Wie muss ein Kulturschaffender den Bundestagseinzug von Hans-Georg Maaßen eigentlich sehen, wenn er schon seine Kandidatur für einen Faschismusnachweis hält?
Interessant wird auch, wie viele Erststimmen Maaßen im Verhältnis zur Zweitstimme bekommt, also zur Parteistimme.
Das Prinzip, lieber nicht als mit dem Falschen zu gewinnen, zieht sich quer durch die deutsche Parteienlandschaft. Bei den Linken gab es viele Genossen, die gegen die Bundestagskandidatur von Sahra Wagenknecht agitierten. Besonders kräftig nach ihrem Buch „Die Selbstgerechten“ über die identitätspolitische Wende des linken Milieus, dem Debatten über Hautfarbenschattierungen und Klimagerechtigkeit inzwischen wichtiger sind als beispielsweise die Belastung für Schlechtverdiener durch die höchsten Strompreise Europas. Nach langen Debatten nominierte die Partei Wagenknecht dann doch knapp als Spitzenkandidatin in Nordrhein-Westfalen. Was auch damit zu tun hat, dass die Linke in den Umfragen zwischen fünf und sieben Prozent pendelt. Am Ende fanden offenbar auch ausgemachte Wagenknecht-Hasser, dass es unklug wäre, in dieser Lage auf das mit Abstand bekannteste Parteimitglied zu verzichten.
Bei den Grünen schleppt sich das Parteiausschlussverfahren gegen den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer dahin, der „unser Vertrauen verloren hat“ (Annalena Baerbock).
Auch bei der AfD in Sachsen gab es den Versuch, gleich zwei Wahlkreiskandidaten nach dem Motto ‘lieber nicht gewinnen als mit den Falschen‘ wieder zu kippen: den Münchner Autor Michael Klonovsky als Direktbewerber in Chemnitz, und den Leipziger Cellisten Matthias Moosdorf, Kandidat in Zwickau. Beide sind nach Ansicht von etlichen Funktionären der sächsischen Parteiführung zu bürgerlich, zu liberal, sie wirken nicht so, wie sich viele im Parteiapparat einerseits und viele Medienschaffende andererseits einen AfD-Politiker vorstellen. In diesem Punkt existiert eine bemerkenswerte Übereinstimmung. Moosdorf wie Klonovsky plädieren dafür, dass die AfD mittelfristig aus der Totaloppositionsrolle herauskommen sollte, jedenfalls dann, wenn CDU ihren Kurs entsprechend ändern sollte. Klonovsky tritt dafür ein, auch ausdrücklich um Migranten als Wähler zu werben. Für ihn ist es selbstverständlich, dass ein Einwanderer Deutscher werden kann. Das sieht bekanntlich nicht jeder in der Partei so. Überhaupt Partei: Bei Michael Klonovsky kommt noch dazu, dass er der AfD nicht angehört, sondern als Parteiloser kandidiert. Mit Unterstützung führender Parteimitglieder des so genannten Flügels setzten einige Mitglieder die vorübergehende Abwahl von Moosdorf als Direktkandidaten durch (der dann im zweiten Anlauf allerdings noch einmal gewählt wurde). Der Versuch, Michael Klonovsky mitten im Wahlkampf als Direktkandidat abzuwählen, ging schief. Der Schriftsteller („Land der Wunder“) machte die Erfahrung, dass auch Berufspolitiker der AfD eine Wahl unverzeihlich finden und versuchen, sie wieder rückgängig zu machen. Obwohl sie damit scheiterten, halten sie beide Kandidaten selbstverständlich nach wie vor für die Falschen. Führende Flügel-Leute kündigten schon an: Sollte Klonovsky in den Bundestag einziehen, werde er nicht in die sächsische Landesgruppe aufgenommen. Die Landesgruppe Hessen bot ihm deshalb eine Art Asyl an.
Interessant lesen sich die Begründungen der Parteikader in WhatsApp-Gruppen warum er herausgesäubert werden sollte. Gleich nach dem formalen Argument, er sei kein gebürtiger Chemnitzer (allerdings gebürtiger Sachse) folgte der Vorwurf: Klonovsky trinke keinen Wein unter 50 Euro. Aber auch: Er sei zu DDR-Zeiten Mitglied der Blockpartei LDPD gewesen. „Nichts davon“, so Klonovsky, „stimmt.“ Er erlebte also, gleichzeitig als bürgerlicher Snob und als verkappter Sozialist angeprangert zu werden.
So sehr sich Florian Post, Hans-Georg Maaßen, Boris Palmer, Sahra Wagenknecht, Michael Klonovsky und Matthias Moosdorf in ihren politischen Positionen unterscheiden: Ein paar Gemeinsamkeiten gibt es doch. Erstens nehmen alle Außenseiterpositionen ein, zumindest aus Sicht des Parteiestablishments. Daran, dass einer von ihnen morgen den Kurs seines Vereins bestimmen könnte, glaubt niemand. Auch die Betreffenden selbst nicht.
In früheren Zeiten galt es als selbstverständlich und sogar vorteilhaft, dass Parteien über eine gewisse Angebotsvielfalt verfügten und auch de einen oder anderen Exoten Spielraum ließen, solange er den Wählern gefiel. Auch aus diesem ganz praktischen Grund hielten es eine Rita Süssmuth und ein Alfred Dregger, eine Heidi Wieczorek-Zeul und ein Hans Apel und zeitweise sogar eine Claudia Roth mit Otto Schily in einer Partei aus. Heute gibt es in allen Parteien nur noch wenige, die mit einer gewissen Eigenwilligkeit auffallen, und wenn überhaupt, dann höchstens auf der Abgeordnetenebene. Aber selbst die wenigen Exemplare sollten nach Ansicht der jeweiligen Apparate am besten noch verschwinden. Die wenigen Außenseiter gelten als so störend, dass Vertreter des Apparats lieber auf Stimmen verzichten als auf die Parteidisziplin. Das wirkt merkwürdig angesichts der Tatsache, dass mittlerweile keine Partei in Deutschland mehr als 30 Prozent der Stimmen bekommt. Andererseits aber folgerichtig in einem Land, in dem die Kanzlerin erfolgreich eine Wahl rückabwickelte, und ein ZDF-Komödiant eine „gesellschaftliche Meinungskontrolle“ fordert.
Es gibt noch eine Gemeinsamkeit der Paradiesvogel-Kandidaten über alle Lager: Ein Florian Post, eine Sahra Wagenknecht könnten ihr Geld jederzeit auch außerhalb der Berufspolitik verdienen. Hans-Georg Maaßen, Michael Klonovsky und Matthias Moosdorf kamen bisher ohne Diäten aus. Schon dieses Stück Unabhängigkeit macht sie zu misstrauisch beäugten Einzelfällen in einem Betrieb, in dem für die Mehrheit der Verlust von Mandat und Amt auch einen finanziellen Absturz bedeutet. Nicht jeder kann anschließend sein Telefonbuch versilbern oder auf einem Versorgungsposten unterkommen.
Am Sonntag entscheiden die Wähler auch darüber, ob sie einige Außenseiterexemplare im Parlament wünschen.
Ginge es nur nach den Parteiapparaten, wäre keiner der in diesem Text aufgeführten überhaupt auf den Wahlzettel gekommen.
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
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Klauspeter
25. September, 2021Stromlinienförmige Opportunisten mit der Fähigkeit ideologisch vorgestanzte Phrasen auszustoßen und bei kritischer Nachfrage nur noch „Nazi, Querdenker oder Rassist“ erwidern zu können, stellen bei den sogenannten fortschrittlichen Parteien des linksgrünen Biotops die Mehrheit. Kein Wunder, dass diese politischen Kartelle an ihrer intellektuellen Inzucht ersticken und zunehmend die kritischen Wähler in die Stimmenthaltung drängen. Daher verwundert es nicht, wenn Linke und Grüne das Wahlrecht zugunsten von unmündigen Kindern und Nicht-Deutschen ausweiten wollen. Haben doch beide Gruppen bereits bewiesen, dass sie leicht zu verführen oder zu kaufen sind. Alte Mao-Lenin-Jünger bleiben auch linientreu nach jahrelanger, aber erfolgloser Resozialisierung im Bundestag oder in den Medien und sie können ihre erlernten Fertigkeiten bei der Zersetzung der liberalen Demokratie jetzt ausleben, wie es ihre Vorbilder bereits vorgelebt haben. Da werden Maaßen, Klonovsky oder Post schnell als Renegaten der wahren Lehre markiert und der bewährten Zersetzung anheimgestellt. Und alle machen mit, auch die Kulturschaffenden mit richtiger Gesinnung und deren Verstärker in den Medien. Wo sind nur die gefestigten Charaktere mit solider Bildung und Ecken sowie Kanten geblieben, die uns nachvollziehbar Alternativen zur Entscheidung anbieten konnten? Die fehlende Antwort auf diese Frage macht die Entscheidung am morgigen Sonntag nicht einfacher.
Libkon
26. September, 2021Herr Wendrich schreibt in der WELT sinngemäß, dass die “Rechten” fast schon die Macht im Lande übernehmen würden. In welcher Welt lebt der eigentlich? Wie Sie, Herr Wendt, richtigstellten, sind diese Genannten in keinster Weise an irgendwelchen Machtstellen der Nation, weder an relevanten Stellen von Universitäten, Schulen, Presse/TV oder in wichtigen Parteiämtern. Wo also soll die angebliche Macht herkommen? Die haben doch die Links-Parteien jedweder Couleur, außer evtl. der AfD und da sind viele CDUler drin. Was soll also das Gerede von der Macht von Rechts?
Dr. W. Manuel Schröter
26. September, 2021Bezeichnend, das alles, danke für diesen erhellenden Artikel, Herr Wendt.
Ändern wird sich jedoch nichts, auch wenn alle “Außenseiter” in den Bundestag einziehen sollten; das Establishment, das sich in allen Parteien mehr als ähnlich sieht, sitzt leider so fest und der deutsche Michel ist so dumm, dass die einen über abweichende Meinungen hinweggehen und der andere sie gar nicht erkennen kann.
Deswegen auch das sytematische Herunterfahren von Bildung in Deutschland: Wer mit allen Mitteln, auch mit denen des Schulsystems dämlich gehalten wird, sieht nun mal nicht scharf.
Und so steuern wir heute auf eine absehbare Katastrophe zu, deren Folgen aber völlig unabsehbar (oder doch auch absehbar?) sind.
Immo Sennewald
26. September, 2021Genauer lässt sich die Situation der Politik und der Medien hierzulande nicht fassen: Außenseiter, Sonderlinge und wenige Mutige, die sich nicht einschüchtern lassen, verteidigen Grundgesetz, Demokratie – vor allem die Gewaltenteilung und die Freiheit der Meinung – gegen die vollständige Inbesitznahme von Staat und Gesellschaft durch Politbürokraten. Aber es steht derzeit keine Partei zur Wahl, die im Bundestag diese eigentlichen Aufgaben des Parlaments erfüllen könnte.
Gastino
26. September, 2021Es liegt nun mal in der Natur einer Partei, Angepasstheit und Gleichschritt zu fördern. Dafür wurden solche Organisationen erfunden. Abweichlertum und Partei sind eigentlich zwei sich ausschließende Dinge. Daher sind solche Vorgänge nicht so verwunderlich, wie sie vielleicht anfangs erscheinen. Ich denke auch, dass die meisten solcher Vorgänge weniger politisch inhaltlicher Natur sind, sondern viel mehr persönlicher. Es fällt halt nur mehr auf, wenn beides zusammenkommt.
Ich denke, dass gerade Klonovsky ein solches Beispiel ist. Nimmt als Parteiloser einem Parteimitglied den Posten weg und das vermutlich größere Problem: Um Klonovsky zu mögen, muss man ein Mindestmaß an Intelligenz mitbringen.
pantau
26. September, 2021Vielen herzlichen Dank für diesen Artikel, Herr Wendt! Identisch meine Erfahrung seit Jahrzehnten: die Besten kommen fast garantiert nicht oder nur mit dauerndem friendly fire an die Spitze, die Mittelmäßigen garantiert & lange. Petra Kelly u. Gert Bastian fallen mir noch ein. Dieses auf dem Kopf stehende Leistungsprinzip scheint sich mit der Zeit zugespitzt zu haben. Jetzt kommt nur noch der Bodensatz der meisten Parteien ganz nach oben und die Besten gelten fast einvernehmlich als Bodensatz. Wenn ich auch nur einen Funken Religiosität in mir hätte, ich würde an diabolische Einflüsse glauben. Aber es reicht dann doch die schlichte, nüchterne Erklärung, die schon hinreichend präzise unsere gewachsene, wertvolle Alltagssprache bereitstellt: über den Zusammenhang von “Gemeinsam” und “Gemein”..
Thilo
28. September, 2021Mir sind die Genannten (Palmer, Wagenknecht etc…) alle schon positiv aufgefallen, obwohl ich mit ihnen politisch oft nicht übereinstimme. In diese Liste könnte man auch noch Kubicki einfügen, der aber von der FDP respektiert wird. Kompetenzen, die auch außerhalb der Parteien gefragt sind, werden gefürchtet, weil derjenige damit weit weniger erpressbar ist. Und warum sollte nicht auch hier eine gewisse Portion Neid eine Rolle spielen? Ich habe den Eindruck, daß eine Art intellektueller Tribalismus gewonnnen hat. Diese Parteien sind am Ende. Und: es ist kein rein deutsches Phänomen.
Thomas
28. September, 2021„Immer bereit!”
*Als Olaf Scholz im Sommer nach München kam, luden seine Leute alle SPD-Größen der Stadt ein. Nur Post nicht.*
Natürlich taten sie das nicht. Im Grunde ist so etwas bei Sozialisten logisch. Sozialisten lieben das gleichgeschaltete Kollektiv. DDR, der Kampf geht weiter: AfDDR.
Die gute Nachricht ist: Ein paar mutige BRD-Demokraten gibt es noch, in den Institutionen; auch wenn sie es im Taumel einer besinnungslosen Europäischen Räte-Bewegung sehr schwer haben, sich Gehör zu verschaffen. Der Grünfunk macht´s möglich: RAfD.
Nun, Rot- und Grünfaschisten tun sich da naturgemäß leichter – bei Kaffee und Kuchen. Auf allen Kanälen. Natürlich tun sie das nicht mittels einer aktiv kämpferischen, aggressiven Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung Rot- und Grünfaschisten abzielen (AfDDR). Natürlich nicht! Leise, leise – und immer lächeln (wegen Art. 21).
http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_21.html
http://www.gesetze-im-internet.de/bverfgg/__43.html
https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Wichtige-Verfahrensarten/Parteiverbotsverfahren/parteiverbotsverfahren_node.html
Der Trick ist das Räteprinzip. Die Kunst des Teilens und Herrschens. Immer bereit. Überall.
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Hat wirklich wer geglaubt, “immer bereit” habe 1989 aufgehört? Wer zählt denn bei der Briefwahl aus? Und wer sieht zu?
Guten Morgen.
A. Iehsenhain
28. September, 2021Herr Wendt – eigentlich sind Sie sogar prädestiniert, als Personalvermittler an die Politik zu fungieren. Dass es überhaupt noch personelle Lichtblicke in der sonst finsteren Politikerlandschaft gibt, davon erfahre ich bei Publico noch mit Abstand am meisten!