Ich gehöre zu denjenigen, für die der Anblick russischer Besatzungstruppen im Alltag nichts Besonderes war. Ein Verwandter aus unserer Familie leitete eine LPG (Jüngere können bei Luisa Neubauer nachschlagen, sie empfiehlt die Wiedereinführung der kollektiven Lebensmittelerzeugung in Kapitel eins ihres Buches); der LPG-Onkel betankte sein Auto mit Sprit, den er der nahgelegenen russischen Garnison abkaufte, natürlich schwarz.
Manchmal, wenn ich im Zug der Reichsbahn saß, stieg auch eine Abteilung feldmarschmäßig ausgerüsteter Sowjetsoldaten zu. Die pushka setzten die Soldaten zwischen den Knien ab, der eine oder andere auch eine RPG 7, die olivgrüne sowjetische Standardpanzerfaust mit dem keulenartigen Geschossteil. Dann wurde es ein bisschen eng. Wenn die Feldmarscheinheit im Zug mitfuhr, überlegte ich immer, ob ihr Kommandeur seine kompletten Spritvorräte an Leute wie Onkel Klaus verscherbelt hatte, und was dieser Offizier dann eigentlich mit seinem Ostmarkbündel anfing.
Sie sehen, ich interessierte mich schon damals für Dinge, die mich nichts angingen. Die Laufbahn des Journalisten deutete sich zart an.
Obwohl ihre Gegenwart dazugehörte, kam es nur sehr selten zu Unterhaltungen mit den Soldaten. Das lag auch an unserem Russischunterricht, der darauf zielte, die Kommunikation mit russischen Muttersprachlern zu unterbinden, indem er uns dazu anhielt, Sätze auswendig zu lernen wie: „Lieber Igor, heute möchte ich dir einige Fakten über das Chemiekombinat in unserer Heimat berichten.“
Das traf weder unseren Geschmack noch den der Streckenposten, den einzigen sowjetischen Uniformierten, mit denen wir ab und zu sprachen. Diese Posten standen meist unter einer Brücke oder an einem anderen halbwegs geschützten Platz, wenn Militärkolonnen zu einem Manöver fuhren. Sie hatten darauf zu achten, dass die Fahrzeuge an der richtigen Stelle abbogen. Manchmal mussten sie zehn Stunden oder länger an der gleichen Stelle bleiben. Sie fragten uns auf Russisch nach Zigaretten. Angeblich wussten viele sowjetische Soldaten nicht einmal genau, in welchem Land sie sich befanden.
An diese Begegnungen, bei denen Zigaretten gegen spasibo getauscht wurden, erinnerte ich mich, als es in den Nachrichten hieß, der Bürgermeister der von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson in der Ukraine hätte den Einwohnern mitgeteilt, die Stadt beherberge jetzt bewaffnete Gäste, deren Anweisungen besser befolgt werden sollten. Daran, dass er die Anwesenheit dieser Gäste nicht wünschte, ließ er keinen Zweifel. Angeblich – man kann es ja schlecht überprüfen – soll er den Einwohnern gesagt haben, sie sollten nicht auf die Gäste schießen, und den Gästen, er werde ihnen keine Versprechungen machen.
Natürlich unterscheidet sich die Besetzung in Cherson von der Anwesenheit der Sowjetarmee in der Leipziger Tieflandsbucht. Dort lag der Krieg fast zwei Generationen zurück, es war ein Krieg unter ganz anderen Vorzeichen. Trotzdem gab es weder Hass noch Verachtung von Seiten der Besatzungssoldaten. Umkehrt auch nicht. Wer das politische System ablehnte und 1989 in der Leipziger Tieflandsbucht dagegen demonstrierte, sah einen sowjetischen Rekruten nicht als Feind. Die Demonstrationen richteten sich sowieso gegen inländische Satrapen.
Als ich die Nachricht von Cherson und dem Bürgermeister hörte, dachte ich einen Moment darüber nach, wie es in Deutschland aussähe, wenn Wladimir Putins Truppen als bewaffnete Gäste hereinschneien würden. (Den einen oder anderen Äußerungen in sozialen Medien entnehme ich, dass manche sich diesen Einmarsch wünschen und sogar ausmalen; bei dieser Gelegenheit frage ich mich, was sie davon abhält, einfach ostwärts zu reisen. In dieser Richtung sind die Straßen gerade weitgehend frei).
Aber zurück zu einem Deutschland, in dem wieder russische Soldaten mit pushka an der Straßenecke stehen, dieses Mal auch in Schwabing und Köln-Bocklemünd. Da ich den Anblick prinzipiell schon kenne, wäre für mich die Frage interessant, wer sich bei ihnen als Hilfstrupp melden würde. Denn ohne einheimische Funktionselite mit intimer Kenntnis von Land und Leuten kommt nun mal keine ungebetene bewaffnete Gästeschar aus, falls sie länger bleiben will.
Ich habe sogar eine Vorstellung davon, wer sich in dieser Funktion extrem effizient bewähren würde. Wie auf jedem Gebiet gäbe es auch hier Idealtypen, an denen sich alle anderen orientieren könnten. Einer dieser Idealtypen – wenn nicht der Idealtyp überhaupt – wäre ein Journalist und Filmemacher, der unter anderem für den Zwangsgebührensender ZDF arbeitet. Bei Mario Sixtus handelt es sich um einen mit öffentlich-rechtlichen Mitteln und Geldern der Film- und Medienstiftung NRW gut versorgten Kulturschaffenden, dessen Namen wir uns auch für die hypothetischen Besatzungszeiten merken sollten. Und auch sonst. Sixtus sinnierte kürzlich zusammen mit einem Gesinnungsalliierten darüber, wie es wäre, „wenn man jede Person, die aus der russischen Botschaft tritt, mit Hundescheiße bewirft“. Sein Anteil an der Überlegung besteht darin, dass er um juristische Einschätzungen bittet, ob das Kotwerfen straffrei bleiben würde.
In Deutschland leben etwa 260 000 Russen; wie andere Nichtdeutsche, die dauerhaft hier wohnen, müssen sie sich in der Botschaft regelmäßig ihren Pass verlängern lassen, was wiederum nötig ist, wenn sie zu Familienangehörigen reisen wollen. Um diesen Gang zur Botschaft kommen auch diejenigen nicht herum, die Putins Politik ablehnen und seinen Krieg für eine Katastrophe halten. Dass die Nationalität noch keinen Aufschluss über die politischen Ansichten des Betreffenden gibt, gehört eigentlich zum ganz kleinen Einmaleins.
Bei Sixtus kommt wirklich alles zusammen: Der Wunsch, Leute, die er nicht kennt, nur wegen deren Gruppenzugehörigkeit öffentlich zu erniedrigen, beziehungsweise diese Erniedrigungsarbeit von anderen erledigen zu lassen, und gleichzeitig das Bedürfnis nach Rückversicherung: Das Bewerfen anderer mit Kot sollte für den Freund, für den er fragt, auch garantiert risikofrei sein.
Nun möchte vielleicht der eine oder andere wissen: Warum sollte sich gerade Sixtus als Hilfswilliger für putinistische Truppen eignen? Eben deshalb: Seine praktisch unbegrenzte Bereitschaft, heute diese und morgen jene Gruppe zu markieren und zu ihrer Demütigung und Verfolgung aufzurufen, verbunden mit der schlauen Wendung, für die eigentliche Schmutzarbeit andere vorzuschicken, diese Eigenschaften qualifizieren ihn zu allen Zeiten für den Posten eines Politruks. Und in Besatzungszeiten würden sie richtig wertvoll, erst Recht, wenn es sich um Besatzer handelt, die wissen, was ein Politruk ist. Wegen seiner Hetze gegen Zivilisten mit russischem Pass hätte Sixtus einiges abzubüßen. Und jemand wie er wäre selbstredend zu jeder Kompensationsleistung bereit, die es ihm erlaubt, auch unter einer neuen Herrschaft gut von zwangsweise eingetriebenen Geldern zu leben, andere zu denunzieren und sich mit beidem auf der richtigen Seite zu fühlen.
Im Februar 2020 hatte Sixtus übrigens getwittert:
„Was für Flüssigkeiten muss man eigentlich konsumiert haben, um auf die Idee zu kommen, dass in gnadenlos überfüllten ICEs die zusätzliche Anwesenheit von Soldaten mit Feldgepäck für eine höhere Akzeptanz des Soldatenberufs führt und nicht etwa zu kaltem Hass auf alle Tarnanzüge?“
Und:
„Tarnanzüge sind die Berufsbekleidung von Menschen, die Menschen töten. Wir haben Frieden und sind von befreundeten Ländern umgeben. Was haben also Soldaten in Uniformen in zivilen Zügen zu suchen?
— Mario Sixtus (@sixtus) February 2, 2020“
Daran könnte der Kulturschaffende anknüpfen, wenn er auf der Kommandantur nach seinem bisherigen Treiben gefragt würde. Obwohl man dort wahrscheinlich schon gut darüber Bescheid wüsste. Auch bei seinen Tweets gegen Bundeswehrsoldaten lebte er ein gruppenbezogenes Ressentiment aus. Auch damals suchte er übrigens eine Rückversicherung, indem er später schrieb, er habe ja gar nicht seinen eigenen kalten Hass gemeint, sondern den seiner Mitreisenden. Jedenfalls wusste er, was in seinen Kreisen Mehrheitsmeinung war: dass eine gründlich postmodernisierte und dekonstruierte Gesellschaft eigentlich keine Soldaten benötigt, und sie, wenn es sie schon gibt, kulturell verachten darf.
Wie gesagt: Kalter Hass und das Bedürfnis, immer auf der mit Ressourcen fett geschmierten Seite zu stehen, dazu ein gewisser tschekistischer Blick auf andere, das würde ihn in Besatzungszeiten unbedingt für einen höheren Posten empfehlen.
Dort würde er sich ungefähr auf einer Ebene mit einem anderen Zuarbeiter des ZDF treffen, der ebenfalls über ein politisch geschultes Auge verfügt, über Geltungsdrang und eine feine Witterung dafür, wie sich Belobigungen einheimsen lassen. Jan Böhmermann fordert nicht direkt den Rauswurf und Auftrittsverbot für die Sängerin Anna Netrebko mit dem Hinweis, sie habe ihren 50. Geburtstag im Kreml gefeiert. Aber er deutet es zwischen den Zeilen an.
Vor ein paar Monaten schlug Böhmermann öffentlich vor, in der Corona-Debatte keine Leute mehr in die Medien zu lassen, die Ansichten vertreten, die ihm nicht passen:
“Ich finde es schwierig, wenn man Leuten eine Bühne gibt, die eine Meinung vertreten, die man nur deswegen veröffentlicht, weil man sagt, man muss auch die andere Seite sehen – und es gibt Meinungen, die sind so durchtränkt von Menschenfeindlichkeit.“
Er erweiterte diesen Gedanken noch etwas:
“Meinungen im öffentlichen Raum sollten einer strengen, umfassenden medialen und gesellschaftlichen Qualitätskontrolle standhalten.“
Solche Fachleute bräuchte auch jedes Besatzungsregime, das natürlich Funk und Fernsehen nicht abschaffen, aber auch nicht zur Schwatzarena ausarten lassen will, in der Leute einfach sagen können, was sie denken. Leute, die Meinungen im öffentlichen Raum kontrollieren wollen, Demonstrationen eigentlich nur dann legitim finden, wenn sie die Zustimmung zu den Herrschenden ausdrücken, und allzeit bereitstehen, um Verdächtigungen vorzutragen, hätten ja generell die geringsten Umstellungsprobleme, wenn Putin seinen Herrschaftsbereich bis zum Rhein und ein Stückchen weiter ausdehnen würde. Auf die Liberalität empfinden sie den gleichen kalten Hass wie Sixtus auf Tarnfleckträger.
Mit diesem Kadermaterial, würde sich der gebildete Kulturoffizier in der Kommandantur sagen, können wir arbeiten. Diese Leute mögen persönlich sehr unangenehm und auch etwas schmierig sein. Aber sie sollen schließlich auch ihre eigenen Landsleute schikanieren und überwachen, nicht uns.
Überhaupt kommt es auf die Bereitschaft zum Schikanieren an. Auch und gerade in den unteren Chargen, denn ein Sixtussowitsch und ein Böhmermannski möchten sich ja nicht unmittelbar die Hände beschmuddeln, sondern fragen nur für einen Freund.
Für die mühevolle Kleinarbeit weit unten in der Hilfswilligenabteilung braucht es beispielsweise Leute wie den Betreiber eines süddeutschen Restaurants, der auf einem Schild mitteilte, Gäste mit russischem Pass kämen ihm nicht ins Haus.
Mittlerweile soll er die Verbannung wieder zurückgenommen haben, weil er die öffentliche Unterstützung für seine Courage doch etwas überschätzt hätte. Aber sollte diese Unterstützung zunehmen, würde dieser Typus das Schildchen auch wieder hinstellen. Und wenn es irgendeine Autorität verlangt, würde der Wirt sein wachsames Auge auch auf jede beliebige andere Gruppe werfen, um eine strikte Unwillkommenskultur durchzusetzen. Diese Bereitschaft zählt. Die jeweils zu überwachende und zu triezende Gruppe ist austauschbar. Das können Ungeimpfte sein, russische Passinhaber und übermorgen die Verrückten, die sich abfällig über die Maßnahmen der Besatzungsbehörde äußern.
Auch derjenige, der per Rundschreiben festlegte, Russischer Zupfkuchen dürfe in Zukunft und als Zeichen für Zeichensetzung nur noch Zupfkuchen heißen, würde jedes beliebige andere Rundschreiben aufsetzen, von dem er sich offizielle Anerkennung verspricht.
Solche Leute treten meist bescheidener als ein Böhmermannski auf, sie erwarten gar nicht die große Bühne und eine umfangreiche Beteiligung an eingetriebenen Geldern. Das wärmende Gefühl, zusammen mit anderen das Richtige zu tun, reicht in aller Regel schon aus, verbunden natürlich mit der Furcht, mit den Falschen gesehen zu werden.
Wer in diesen Tagen neben der Opernsänger- und Dirigentenbekämpfung und dem Aufruf, reiche Russen in Deutschland aufzuspüren, auch die Hinweise in den Supermärkten registriert, russische Produkte würden demnächst nicht mehr verkauft – wobei mit den vorhandenen schnell noch eine Rabattaktion veranstaltet wird, es muss ja alles raus –
und Meldungen von der Kündigung eines russischstämmigen Sportlers bei der Formel 1 liest, der meint möglicherweise, solche Szenen wären nicht ganz neu, und findet sie tatsächlich in Karl Kraus‘ „Die letzten Tage der Menschheit“ von 1915 bis 1922 taufrisch beschrieben:
„Der Fahrgast: Können Sie wechseln? (Reicht ihm ein Zehnkronenstück in Gold)
Der Fiaker: Wechseln, wos? Dös nehm i net als ganzer, dös könnt franzeisches Geld sein!
Ein Hausmeister (nähert sich) Wos? A Franzos? Ahdaschaurija. Am End gar a Spion, dem wer mrs zagn! Von woher kummt er denn?
Fiaker: Von der Ostbahn!
Hausmeister: Aha, aus Petersburg!“
Es soll hier festgehalten werden – gerade deshalb, weil es die üblichen Verdächtigen sofort bestreiten – wie viele von den wohlmeinenden Weltoffenen, die dumpfen Ansichten immer nur bei den anderen riechen, sich in diesen Kriegstagen kaum anders verhalten als ihre Vorvorfahren 1914, als jeder Propagandaschuss und -stoß auch einem zivilen Ruß‘ oder Franzos galt.
Diejenigen, denen Karl Kraus damals die Worte abgelauscht hatte („die grellsten Erfindungen sind Zitate“), existieren als Typus unkaputtbar fort, bewegen sich grundsätzlich im Kollektiv und folgen jeder beliebigen Parole, Hauptsache, sie richtet sich im weitesten Sinn gegen Intelligenz und Freiheit.
Für diese Leute findet sich naturgemäß auch in einer Besatzungsordnung ein warmes Plätzchen. Weit unter der Sixtussowitsch-Ebene, aber immer noch hoch genug, dass sie auf andere spucken können, die ihnen ein leitender Haltungsschaffender als Feind zuweist.
Überhaupt, die gesamte deutsche Schnatterkaste aus Qualitätsmedienmitarbeitern, Haltungspolitikern, Rechtfertigungsgelehrten, FFF-Quälgeistern und hauptamtlichen Mitarbeitern der Amadeu-Dzierżyński-Stiftung müssten eigentlich überhaupt nichts ändern. Sie würden von den klugen Kommissaren der Oblaste Deutschland Nord, Mitte und Süd komplett übernommen. Denn erstens besitzen die oben genannten einheimischen Spezialisten eine unbestreitbare Kompetenz im Überwachen und Schurigeln der eigenen Landsleute. Und zweitens gäbe es für sie gar keine berufliche Alternative, da ihnen jede andere nützliche Fähigkeit abgeht. Diese Konstellation bindet solche Leute unfehlbar an jeden Geldgeber.
Vor einigen Tagen wurde der Journalist Harald Martenstein aus dem Tagesspiegel gedrängt, nachdem eine ZDF-Journalistin und zwei andere vorbildliche öffentliche Persönlichkeiten der Sixtus-Klasse gegen ihn eine Kampagne gestartet hatten, vor der die Tagesspiegel-Chefredaktion halb einknickte und halb hinsank. Diese und andere Redaktionen würden sich auch schneller von jedem Kollegen distanzieren, der nicht ganz auf Linie der Besatzungsbehörden schriebe, als dort überhaupt jemand ‘dawai‘ sagen könnten. Die klugen Kulturoffiziere würden staunen, wie selten sie selbst eingreifen müssten.
Etliche der oben schon erwähnten deutschen Putinfreunde, die schreiben, sie hätten ihn liebend gern als Kanzler, wünschen sich übrigens ja gar nicht Putin selbst, von dessen Methoden und Ansichten sie vermutlich wenig wissen. Sie erhoffen sich nach dem tribalistischen Motto „der Feind meines Feindes ist mein Freund“ jemanden, der im Westen aufräumen soll mit Genderstern, Verächtern alter weißer Männer, Pattexkindern und anderen Heimsuchungen im Zeichen des rosafarbenen Einhorns. Ich bekomme jedenfalls ab und an Zuschriften, die eine entsprechende Hoffnung ausdrücken. Allerdings, diejenigen, die so etwas glauben, würden im Fall des Falles bitter enttäuscht. Wahrscheinlich ginge das neue Management des Landes mit Klebkindern tatsächlich weniger nachsichtig um, zumindest dann, wenn sie sich auf strategisch wichtigen Pisten festmachen. Aber der Genderstern würde selbstverständlich bleiben. Er wäre ein integraler Bestandteil der neuen Ordnung mit den Politruks Sixtussowitsch, Böhmermannski, Tagesspiegel-Redakteuren und der Amadeu-Dzierżyński-Stiftung. Was glauben Sie denn? Wer dieses nützliche Milieu weiterbeschäftigt, der weiß auch über das Zubehör Bescheid. Alle Kolonialverwaltungen und Besatzungen, die lange andauerten, dauerten deshalb so lange, weil die Verantwortlichen ein gutes Auge für lokale Eigenheiten besaßen, die ihnen zwar fremdartig vorkamen, von denen sie aber begriffen, dass sie der reibungsarmen Herrschaftsausübung dienten.
An dieser Stelle will ich auch auf die aktuelle Propagandalage östlich von uns hinweisen. Bekanntlich erklärt Putin, er führe diesen Krieg, um die Ukraine zu entnazifizieren. Natürlich ist die Behauptung absurd; seine Entnazifizierung besteht darin, Wohnsiedlungen in einem Land zu bombardieren, in dem ein jüdischer Präsidenten regiert. Wie jede Propaganda gibt es aber auch in Putins Argumentation sogenannte Anknüpfungstatsachen. In der Ukraine beziehen sich viele positiv auf Stepan Bandera, einen Anführer der ukrainischen Nationalistenbewegung OUN, die zweifellos antisemitisch war, und zeitweise die deutschen Besatzungstruppen in der Ukraine unterstützte. Allerdings passten seine Vorstellungen von einer unabhängigen Ukraine nicht zu denen der Nationalsozialisten; Bandera landete zeitweilig im KZ Sachsenhausen, wobei er dort den Status eines Häftlings mit Vorzugsbehandlung besaß. Nach dem Krieg wohnte er in der Kreittmayrstraße 7 in München, bis ihn 1959 ein KGB-Agent tötete.
Geschichte ist kompliziert, selten gibt es die säuberliche Trennung oder das Jenseits von Gut und Böse. Jedenfalls, wer Material für seinen Propagandakrieg braucht, kann sich auch aus diesem historischen Graufeld bedienen, obwohl es natürlich nicht das Geringste daran ändert, dass Putin mit äußerster Rücksichtslosigkeit über das Nachbarvolk herfällt.
Aber glauben Sie, seine Statthalter, wenn es sie in Deutschland gäbe, würden ausgerechnet auf diesen beliebig gedehnten Faschismusbegriff als allzeit einsetzbaren Knüppel verzichten, vor allem dann, wenn sie aus praktischen Gründen mit Leuten zusammenarbeiten, die diesen Schlagbegriff schon jetzt völlig entgrenzt verwenden?
Dochdoch, das kann man vergleichen. Man sollte es sogar. Vergleichen bedeutet, Unterschiede festzustellen, aber auch ähnliche Muster.
Auch deshalb würden hypothetische Statthalter mit zwar nicht sowjetischer, aber putinistischer Ausrichtung in Deutschland ein ganz anderes Regime errichten, als es sich manche ausmalen. Vor allem – und darauf wette ich alle AK47-Patronenhülsen, die ich als Kind eingesammelt hatte – würde es aus den oben aufgezählten Gründen tadellos funktionieren.
Vielleicht glauben einige Leser nicht, dass eine derart große Zahl von Politikern und Journalisten einfach die Ansichten wechseln würde, wenn es plötzlich eine Besatzungsbehörde von ihnen eine Anpassungsleistung verlangt.
Mittlerweile gibt es im Netz etliche Videos, in denen Politiker fast aller Parteien versicherten, es werde keine Impfpflicht geben, auch nicht indirekt, es gebe dazu nicht die geringsten Pläne, bei anderslautenden Behauptungen handle es sich um Falschmeldungen und Verschwörungstheorien. Viele begründeten ihre Beteuerung sogar inhaltlich. In dem gleichen Video sind dann die gleichen Politiker mit der Feststellung zu sehen, natürlich brauche das Land eine Impfpflicht, sie sei völlig alternativlos und werde kommen.
Es handelt sich ja nicht einfach um einen Kurswechsel. Den kann es in der Politik immer geben. Das Grauenerregende liegt darin, dass keiner von ihnen erwähnt, noch vor ein paar Wochen das exakte Gegenteil verkündet zu haben, keiner seinen Meinungswechsel begründet, und viele sogar behaupten, sie hätten noch nie etwas anderes gesagt. Ihre Meinung – erst die eine, dann die andere – tragen sie mit starrem Blick und uniformem Vokabular vor; es fällt schwer, bei diesem Anblick nicht an die gekaperten Menschenkörper in „Invasion of The Body Snatchers“ zu denken, die Pod People. Wer bei einem zentralen politischen Thema derart roboterhaft umschwenkt und es noch nicht einmal für nötig befindet, den Schwenk zu erklären, der vollzieht noch ganz andere Meinungswechsel von heute auf morgen. Erst recht, wenn sie durch etwas mehr Druck als sonst befördert werden.
Wenn immer jemand die Stützen der bundesdeutschen Gesellschaft mit er DDR oder den wichtigen Kreisen in Putins Staat vergleicht oder die Dystopie einer russischen Besetzung mit Böhmermannski und anderen fluiden deutschen Helfern entwirft, dann stampft das gute wohlmeinende Deutschland mit dem Fuß auf. Ehrlich gesagt: Gehörte ich dazu, würde ich das auch tun. Es lässt sich ja kein größerer und beschämender Kontrast vorstellen als der zwischen den russischen Historikern, sich gerade unter Inkaufnahme aller möglichen Schikanen gegen Putins Krieg aussprechen, den Künstlern am Meyerhold-Theaterinstitut in Moskau, die für ihren Protest die Anstellung riskieren, und den deutschen Haltungswissenschaftlern an Universitäten, den Haltungskünstlern und Haltungsmedienheuchlern, die sich noch an dem absurdesten Kesseltreiben gegen Abweichler beteiligen, mitunter noch nicht einmal aus Überzeugung, sondern aus bloßer Angst, anderenfalls selbst zum Ziel einer Kampagne zu werden.
Leider tut sich der Boden nicht auf, um diese Überzeugungsopportunisten verschwinden zu lassen. Eigentlich tat sich der Boden für diese Leute im Lauf der Geschichte noch nie auf. Daher die Zuversicht in diesen Kreisen.
Es gehört zur naturtrüben Wahrheit, dass in dem Westen, auf den viele, die jetzt in der Ukraine in Kellern hocken, dringend hoffen, hemmungslose Selbstoptimierer den Ton angeben, die heute das eine meinen, morgen das andere, die Individualität und freies Denken verdächtigen, wo sie nur können, die heute kollektiv das eine und morgen ebenso kollektiv das Gegenteil als alternativlos herauströten, die heute dazu auffordern, diese Gruppe mit Hundekot zu bewerfen, und morgen dafür eine andere ins Auge fassen. Vermutlich ekeln sie sich manchmal ein bisschen vor sich selbst. Aber auch nicht übertrieben oft.
Ich wünschte, es wäre anders.
Zu den nicht ganz so naturtrüben Erkenntnissen gehört es aber auch, dass sich freiheitliches Denken nur entweder nach allen Seiten oder gar nicht verteidigen lässt. Aus Sicht eines Libertären, eines Freiheitsbedürftigen, einer Person, der es egal ist, ob sie zur Mehrheit gehört oder nicht – wie immer man es also definieren möchte – aus Sicht einer solchen Person jedenfalls ist der Gegner seines Gegners eben nicht zwingend ein Freund. Er kann auch schlimmer, weit schlimmer als die Illiberalen vor der eigenen Haustür sein.
Es ist wichtig, die unterschiedlichen Grade der Illiberalität in ihren Unterschieden wahrzunehmen. So, wie es auf der anderen Seite wichtig ist, sich gegen beide zu wehren. Um an dieser Stelle noch einmal alle absichtsvollen und fahrlässigen Missversteher abzufangen: Die Unterschiede zwischen einer stark beschädigten Demokratie im Westen und einer lupenreinen Autokratie in Russland sehe ich. Dürften die Sixtusse und Böhmermanns und Faesers diese Gesellschaft ganz nach ihrem Willen prägen, sähen die Verhältnisse hierzulande noch ganz anders aus. Also: Ich sehe die Unterschiede, möchte mich aber nicht auf die Übung einlassen, ausschließlich eine Autokratie mit den illiberalen Anwandlungen im eigenen Land zu vergleichen, um dann erleichtert festzustellen, wie schlecht die Verhältnisse anderswo sind. Sondern ich möchte beide an meiner Vorstellung von einer freien Bürgergesellschaft messen. Wer diesen Maßstab aufgibt, begibt sich auf eine schlüpfrige Rutschbahn, auf der es kein Halten mehr gibt.
Ein letztes Ereignis mit einem sowjetischen Soldaten, das ich 1990 gesehen hatte, trug sich folgendermaßen zu: In der Halle des Leipziger Hauptbahnhofs traf ein nicht mehr nüchterner Punk auf einen ebenfalls angeheiterten Armisten. Der Punk konnte auf Russisch entweder auch nur die Fakten über das heimische Chemiekombinat aufsagen oder noch nicht einmal das, jedenfalls kürzte er die Konversation ab, indem er einen Fünf-Ostmark-Schein zog und auf das Koppel des Gegenüber mit dem Stern auf der Schnalle zeigte. Der kapierte sofort, kanjeschno, zog seinen Gürtel aus den Schlaufen, beide tauschten und zogen weiter. Die Fraternisierung dauerte keine 30 Sekunden. In diesem sehr speziellen Fall löste sich zwar nicht die ganze Geschichte, aber ein Stück Geschichte in Wohlgefallen auf.
Es wäre schön, wenn ich aus dieser Szene etwas Allgemeines für das Frühjahr 2022 destillieren könnte. Irgendeine Hoffnung auf einen guten Ausgang. Eine allgemeine Sinnstiftung.
Das kann ich nicht.
Ich kann nur meinen Standpunkt beschreiben, der nicht viel weiter reicht als 70 Quadratmeter um meinen Schreibtisch.
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
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Jens Richter
5. März, 2022Es geht auch anders herum: wenn Syrer aus der ganzen Welt ein Dutzend deutscher Menschen meucheln, mahnt Genosse Steinmeier stante pede und mit bebender Stimme, jetzt auf keinen Fall die anderen Syrer aus der ganzen Welt unter “Generalverdacht” zu stellen. Man hat bestimmt noch “Kauft nicht bei”-Plakate zur Hand. Über die Juden kann man Russen kleben. Ich erinnere mich daran, dass griechische Restaurants boykottiert wurden, als Griechenland bankrottierte und gerettet werden musste. Es gibt Menschen, die sich ihr ganzes Leben lang bemühen, ihre widerlichsten Charakterzüge zu kontrollieren. Die in diesem Artikel vorgestellten Charakter-Ruinen tun es nicht.
I am Ei
5. März, 2022Lieber Herr Wendt, natürlich alles richtig soweit, das wird auch grade auf sciencefiles thematisiert (https://sciencefiles.org/2022/03/04/gesellschaft-der-psychopaten-kleinkristallnaechte-gegen-russen/).
Bei der Betrachtung dieses einen Fotos “Artikelausverkauf” spüre ich aber doch Zweifel, wo ziehen Sie die Grenze? Ich beim Individuum, ganz klar, Loyalitätsforderungen und pauschale Ausgrenzung sind ein no go, aber der Boykott russischer Waren? Ok, hier ist wohl die Stoßrichtung und Größenordnung entscheidend, Treffen der russischen Wirtschaft, andererseits erfolgt damit natürlich aber auch eine Ausgrenzung der russischen Gäste und Bewohner bei uns. Hat letztlich dann doch nichts mehr mit nichts zu tun? Man kann wohl schwerlich alle über einen Kamm scheren, allerdings aber auch nicht aus unterschiedlichen Gründen jeweils eine Individualbeurteilung der Kanäle durchführen. Schwierig in der Balance zu bleiben.
Da Scha
5. März, 2022Die Realität verschwindet zuweilen hinter dem Profanen.
In einer Welt der internationalen Verbindungen, Anhängigkeiten und Kausalitäten, fällt es nicht leicht, Ursachen und Wirkungen zusammenzubringen.
Der Boykott irgendwelcher Waren oder Wirtschaftsbereiche, ist ein Anachronismus aus einer Zeit, wo Bananen aus Afrika per Seefracht importiert wurden.
Am Ende trifft es zudem doch nur die Falschen, denen ihr karges Einkommen nun noch knapper gemacht wird.
Allerdings kann Mancher, der sich zumindest gern vorstellt aktiv zu werden, mit solchen Aktionen sein Gewissen etwas beruhigen und obenderein eine gute Figur machen… zumindest in den Kreisen, in denen ein derartiger Aktionismus zum guten Ton gehört!
Ingo Arnold
5. März, 2022Wo ist das schwierig? Jeder sollte Pelmeni kaufen können, ohne sich vorher zu Putin äußern zu müssen.
Rudi
9. März, 2022Vor allem, wenn sie bei LIDL billiger sind.
Dr.+Bernd+Ramm
5. März, 2022Hallo,
witziger und bissiger Kommentar, der leider die Wirklichkeit vieler Politiker und Meinungsmacher wiedergibt.
MfG
Bernd Ramm
Johanna
5. März, 2022Doch, Herr Wendt, Ihr Standpunkt reicht viel weiter als nur 70 Quadratmeter um Ihren Schreibtisch herum. Nur nicht flächendeckend. Aber so, wie wenn wir in klarer Nacht den Sternenhimmel betrachten. Unendlich viel Dunkelheit und doch voller Lichtpunkte.
Joseph
5. März, 2022Putin böse, die Russen böse. Europa und der Westen tadellos, Ukrainer Opfer. Ziemlich einfaches Weltbild, finde ich.
“Nie wieder”? Lächerlich. In Deutschland werden seit mehreren Jahren genau die Praktiken, die Europa im 20. JH. ins Unglück stürzten, wieder umgesetzt. Nur diesmal mit anderen Vorzeichen.
Sehr guter Artikel, Herr Wendt. Wir dürfen den Primitivlingen mit ihrem Opportunismus nicht das Feld überlassen.
Jens Richter
6. März, 2022Ein Weltbild muss nicht immer kompliziert sein. Wer behauptet denn, der Westen sei “tadellos”? Hic et nunc haben die russischen Truppen auf Befehl Putins die Ukraine überfallen. Das ist der Sachverhalt, der beurteilt wird. Ja, da war mal was mit den amerikanischen Ureinwohnern, und der Ami hat aber, und Tante Frieda hat mal die Milch verschüttet. Unser Intellekt wehrt sich gegen das sine qua non und versucht immer zu differenzieren, egal, worum es geht. Oft ist das richtig, aber nicht immer. “Breitscheidplatz” war ein Verbrechen sine qua non, oder muss man da auch die andere Seite betrachten? Trägt “der Westen” auch Schuld daran, weil er nicht tadellos ist?
Joseph
6. März, 2022Ein einfaches Weltbild ist doch überhaupt erst dafür verantwortlich, dass Putin Krieg treibt.
Die Annahme, dass dies der Schlüssel zur Lösung ist, halte ich für arg abwegig.
PS: Mein Post war nicht als Antwort auf Johanna gedacht. Ich bin wohl mausgerutscht.
Albert+Schultheis
5. März, 2022Lieber Herr Wendt, Sie beschreiben eine etwas andere militärische Besatzung, als ich sie in den frühen 60er Jahren in unserem Bauerndorf kennengelernt habe: Wir saßen als Kinder im grünen Straßengraben und sahen den mit Höllenlärm an uns vorbeirollenden Konvois der ungetümen Shermanpanzer zu, aus deren Luke oben ein grün behelmter Kopf eines leibhaftigen Negers (so hießen die damals noch politisch korrekt) herausschaute – wir riefen ihnen unser naives “Schewwi Gumm!” zu, ohne zu wissen, was Chewing gum eigentlich bedeutete, und die Neger warfen uns lachend kleine grüne Rationen von Keksen oder Salz- und Pfeffer-Tütchen zu, wobei sie ihre Reihen weißer Zähne zeigten. Damals gab es schon ein paar halbstarke kuhle Jungs mit Elvis-Tolle im Dorf, die Schewwi Gumm richtig aussprechen konnten und Lucky Strike rauchten.
Ich gestehe, auch ich wünschte mir während der narkotisch-ruinösen Merkeljahre hin und wieder den Durchmarsch Putins, damit er mit dem Alternativlos-Regime und seinem faulen Zauber aufräumte. Ich weiß mich heute in prominenter Gesellschaft, mit bspws. einer Frau Krone-Schmalz, und gestehe, dass auch ich mich in den Absichten der Herren Putin und Lawrow furchtbar getäuscht hatte. Die Herren meinten offenbar ihre Drohungen – und verstanden auch ihre eigene Bedrohung – bitter, bitter ernst! Aber damit hatten wohl nicht einmal die lupenreinen Demokraten in Kiew gerechnet, sonst wären sie nicht so von dem Einmarsch überrascht worden. An der Qualifikation und der Befindlichkeit der russischen Soldaten scheint sich ja seit ihren persönlichen Erfahrungen in der Leipziger Tieflandsbucht nicht allzu viel geändert zu haben. Aber wer weiß, vielleicht regt sich ja doch noch etwas in den jungen russischen “Bauern-Tölpeln”, denen man befohlen hat, auf ihre slawischen Brüder zu schießen. Ich würde jedenfalls mehr Anstand und Ethos von einem russischen “Tölpel” erwarten als von einem durchgeknallten Böhmermann oder einer durchgestylten Ethik-Queen aus einer deutschen Talk-Schau.
Bernd Zeller
5. März, 2022Natürlich Hundekot, anderen hat er ja nicht.
Soll er es ruhig versuchen, dann ist Strafverfolgung sein geringstes Problem.
Peter Thomas
5. März, 2022Sie mögen den echt nicht, stimmts? (xd)
Mahlzeit
5. März, 2022“Sixtus sinnierte kürzlich zusammen mit einem Gesinnungsalliierten darüber, wie es wäre, „wenn man jede Person, die aus der russischen Botschaft tritt, mit Hundescheiße bewirft“. Sein Anteil an der Überlegung besteht darin, dass er um juristische Einschätzungen bittet, ob das Kotwerfen straffrei bleiben würde.”
Eine tolle Idee, wie sie nur einem transatlantischen Zwergpinscher einfallen kann, um im Bild zu bleiben. Ich würde empfehlen das bei einem Russen auszuprobieren, der 1,95 groß und 120 KG schwer ist. Allerdings wäre es dann ratsam schon mal vorsichtshalber die eigenen Knochen zu nummerieren.
Lebensfreude
5. März, 2022Eigentlich frage mich mich bei diesem ganzen Zinnober der Propaganda vor wem ich mehr Angst haben muss, dem guten Deutschen der folgsam ohne Denken übers Stöckchen springt, dem Denunzianten der endlich einmal Macht über seinen Nachbarn spürt und ausleben will, dem Fatalisten dem alles egal zu sein scheint oder vor einem mir feindlich gesinnten Menschen, von dem ich weiß, dass er mir feindlich gesinnt ist.
Charkter scheint etwas zu sein, das zu viele Menschen als obsolet empfinden.
ToNo
6. März, 2022Mit geht’s ähnlich. Und manchmal frage ich mich, ob ich nicht schon länger unter einer Art Besatzung lebe, wo doch die Sixtussis, BöhmermännInnen und Co. hier ungehindert, öffentlich gefeiert und von mir auch noch zwangsbezahlt “ihre eigenen Landsleute schikanieren und überwachen”, wie es Herr Wendt beschreibt. Es muss ja keine ausländische Besatzungsmacht sein, auch wenn es da gewisse Verdachtsmomente gäbe. Aber “Besatzung” scheint mir für den aktuellen Zustand meiner Umwelt ganz der richtige Begriff zu sein.
Heike Olmes
5. März, 2022Bei diesem Text kann man schmunzeln und gleichzeitig läuft es einem kalt den Rücken herunter. Erschrocken war ich über das hier Angesprochene nicht, weil es mir nicht neu war. Was mich aber richtig entsetzt, ist, dass Luisa ein Buch geschrieben hat. Davon möchte ich nie wieder etwas hören oder sehen.
Peter Feierlein
5. März, 2022Dem Gesagten ist nichts hinzuzufügen.
Außer vielleicht einigen Quadratmetern mehr um den Schreibtisch herum, in einem anderen, besseren Land.
Ingo Arnold
5. März, 2022All diese Extremisten können sich gar nicht vorstellen, dass ein in Freiheit lebender Mensch trotzdem verantwortungsvoll durchs Leben gehen wird. Es sind die Profiteure und Anbeter des vormundschaftlichen Staates, die mir Angst machen.
A.S.
5. März, 2022Ich möchte bekennen, dass meine Gedanken auch schon in Richtung einer russischen Gastregierung spazieren gegangen sind. Freilich hat mir Herr Wendt nicht den Kopf zurechtrücken müssen, da er immer am richtigen Platz saß.
Dafür sorgte auch Hadmut Danisch, der in einem denkwürdigen Blog-Beitrag die These eines (schwarzen) Einheimischen reflektierte, der ihm bei einer Südafrika-Reise folgendes Licht angebrannt hat: “Wenn etwas objektiv Schlechtes verschwindet, muss nicht die Lage insgesamt besser werden. Sie kann sich durchaus weiter verschlechtern.”
Beispiel Apartheid. Objektiv schlecht. Der Südafrikaner meinte, früher durfte er nur auf jeder zweiten Bank sitzen. Das war schlimm. Aber wo er sitzen durfte, konnte er es in Frieden. Dann wurde die Apartheid abgeschafft und verschwand. Nun dürfe er auf jeder Bank sitzen. Er werde aber auch auf jeder Bank mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überfallen. Natürlich wünsche sich niemand die Apartheid zurück. Aber das Schlechte sei verschwunden und trotzdem alles noch schlimmer geworden.
Das hat den Danisch beeindruckt damals und mich beim Lesen seines Blogs auch. Natürlich habe ich mich seitdem gefragt, was das für Typen sind, die alles noch schlimmer werden lassen im Zweifelsfall. Und Alexander Wendt gibt die Antwort – genial.
Libkon
5. März, 2022Impfpflichtig, wofür oder wogegen? Der Stoff (von „Impfen“ kann wohl keine Rede sein) wirkt nicht/kaum beim Behandelten, verhindert keine eigene Ansteckung und kann andere anstecken. Omikron ist der beste Anti-Wirkstoff, den die Natur geben kann. Warum also das Bestehen auf den Stoff für alle? Mir fällt da nur eine andere Vermutung ein, warum insbesondere Politiker dennoch diese Pflicht wollen: vielleicht haben sie anderswo „ihr Wort“ verpfändet, ALLEN den Stoff, was immer da wirklich drin sein mag, zu verpassen? Pfizer Dokumente wurden gerade veröffentlicht, worin die Firma schwere Nebenwirkungen selbst feststellte, aber die Öffentlichkeit davon erst jetzt erfuhr. Warum also sollen bei den teils schweren Nebenwirkungen ALLE den Stoff bekommen, wo doch zudem GAR KEIN akuter medizinischer Anlass dazu besteht???
Oskar Krempl
5. März, 2022Ja, die Dinge sind nun mal so, wie sie sind und nicht wie wir sie gerne hätten. Die Blockwarte haben neue Ziele und die Wendehälse neue Standpunkte gefunden, aber es ändert sich nicht wirklich was. Um es mit Nietzsche zu sagen “Die ständige Wiederkehr des ewiglich Gleichen”.
Jürg Rückert
5. März, 2022Ich las immer gern den Blog von RT. Er rundete das Spektrum mit Überraschungen ab, und diese sind ja auch die Würze in Filmen. Leserbriefe konnte ich nicht mehr schreiben, nachdem ich Djilas zitiert hatte („Gespräche mit Stalin“), der sich bei Stalin umsonst beschwert hatte über die Vergewaltigungen alles Weiblichen beim Marsch der Rotarmisten durch Jugoslawien.
Seit dem 05.03.22 lese ich nur noch: >Die Website ist nicht erreichbar. Prüfen Sie, ob “de.rt.com” einen Tippfehler enthält.< Ich fürchte, dass dieses platte Info Schule macht. Immerhin ist der Versuch ungefährlicher als 1944, wo eine kleine Tochter auf der Straße erzählte, ihr Papa höre immer Radio im Schrank.
Nebenbei: Der Artikel hat mehr an echter Moral, als das, was sonst so oft von Kirchenkanzeln gepredigt wird.
Gastino
6. März, 2022Gut den spezifischen Charakter der Leute beschrieben – ich würde nur zu gern in deren Familiengeschichte schauen…
Eine inhaltlich Kritik muss ich aber anbringen: Dass es keinen Hass und keine Verachtung gegenüber den russischen Besatzungssoldaten gegeben haben soll, erstaunt mich. Den gab es sehr wohl auf Seiten der DDR-Bürger und das nicht zu wenig. Da mag Ihre Kindheitserinnerung ein wenig getrübt sein, aber Menschen, die keinen Unterschied zwischen Regierung und Regierten machen, gab es schon immer. Ich würde sogar behaupten, dass die überall in der Mehrheit sind.
Wer ein wenig im Kopf hatte (und vielleicht einen Opa, der fast den ganzen Russlandfeldzug mitmachen musste, nicht wollte), der wusste, dass das dort alles bedauernswerte Kerle waren, die Jahre ihrer Jugend dort unter übelsten Bedingungen wie im Knast für ein sozialistisches Verbrechersystem verbringen mussten. Da war kein Hass, sondern Mitleid angebracht.
A. Iehsenhain
7. März, 2022Sehr geehrter Herr Wendt,
Sie schätzen am Ende mit einem „Standpunkt von 70 qm“ um Ihren „Schreibtisch“ ihre persönliche Reichweite ab. Ich muss ganz klar widersprechen: Nach Lesen dieses Textes komme ich eher zu dem Schluss, dass es qualitativ bei Ihnen keine Grenze nach oben zu geben scheint. Diese „kurze Geschichte“ ist für mich und andere für ein breiteres Verständnis der Ereignisse unglaublich hilfreich. Sie haben Recht mit Ihrer Warnung vor identischem Verwaltungspersonal bei nur anderen Endzielen. Und die „Körperfresser“ spuken auch bei mir seit Corona herum. Wie sagte dort schon Dr. Kibner, in etwa: ‚Der Übergang wird schmerzlos sein, ihr müsst nur einschlafen…ihr werdet unsterblich sein und nur eure Persönlichkeit wird ausgelöscht…‘
Ein gewisser Hervey Cleckley beschrieb einmal Psychopathie sehr treffend. Er hatte zwar teilweise auch seltsame Ansichten, aber folgender Absatz bildet einige gegenwärtige Akteure auf der Weltbühne ganz gut ab: „Er (der Psychopath) kann wissenschaftliche Aufsätze schreiben und mit seinen Worten Emotionen imitieren, doch mit der Zeit stellt sich heraus, dass seine Worte nicht mit seinen Handlungen übereinstimmen. Es sind jene Menschen, die behaupten, vor Kummer am Boden zerstört zu sein und dann im nächsten Augenblick auf eine Party gehen, um „zu vergessen“. Das Problem dabei ist: Sie vergessen wirklich(…)
Da sie sehr effiziente Maschinen – wie Computer – sind, sind sie fähig, jede komplizierte Routine auszuführen, die darauf ausgerichtet ist, von anderen Unterstützung für ihre Wünsche zu bekommen. Auf diese Weise sind viele Psychopathen in der Lage, in ihrem Leben äußerst
einflussreiche Positionen einzunehmen. Erst im Laufe der Zeit verstehen ihre Mitmenschen, dass sie nur deshalb die Erfolgsleiter erklimmen konnten, weil sie die Rechte anderer verletzen. Selbst wenn ihnen die Rechte ihrer Mitmenschen gleichgültig sind, so sind sie doch in der Lage, ein Gefühl des Vertrauens und der Zuversicht zu vermitteln.“
Loroch
7. März, 2022Ich lese die Artikel von Herrn Wendt immer mit Genuß, so viele eigene Gedanken und Recherchen bekommt man leider nur noch selten geboten.
Das vorliegende Gedankenspiel “Was wäre wenn?” hat schon eine Generation vorher angestellt. Kohl sprach in diesem Zusammenhang von der Gnade der späten Geburt. In Gedanken zeichnen sich gerne alle als Helden, nur dem Widerstand verpflichtet. Aber die Realität ist eben weit weg von solchen Träumen.
Es gilt wohl doch, frei nach F. W. Bernstein: Die schärfsten Kritiker der Elche, wären wohl selber welche.
Alexander Peter
8. März, 2022Ein beeindruckender Text!
Grundsätzlich sind die öffentlichen Personen, welche den Autor zu seinen Überlegungen anregten, nur als Typen interessant. Diese Charaktere gab und gibt es leider zu allen Zeiten, ganz gleich, wem und was sie sich zu ihrem eigenen Nutzen andienen.
Interessant ist die Frage, wann und von wem mit welchen Absichten eigentlich (nicht nur) das öffentliche Meinungsklima dieses Landes so nachhaltig verändert wurde.
Die von Ihnen hier und andernorts zitierten Gestalten sind ja sowohl Ursache als auch Symptom einer “Engführung des Diskurses” wie es so schön heißt und definitiv Teil jener Kraft, die nur allzu gerne bereit ist, auf die “designierten Opfer des Tages” loszugehen.
Gleichviel, ob es sich um “Russen”, “Ungeimpfte” oder wen auch immer handelt.
Ganz ohne Zweifel wären solche Typen auch geeignet, den “einfachen Bürgern” die Segnungen eines ökologisch kostümierten, bunten, vielfältigen Kalifats in den hiesigen Medien nahezubringen und zu preisen.
Wir leben in seltsamen Zeiten.
Reab Bima
8. März, 2022Sehr geehrter Herr Wendt, Ihr Standpunkt reicht insofern weiter, als dass ich ihn teile. Die von Ihnen beschriebenen Typen waren in der DDR ja schon allgegenwärtig, und viele von diesen sind ja auch nach der Wiedervereinigung auf die Füße gefallen. Natürlich gab es auch in der BRD viele davon, natürlich, sind ja auch Deutsche. Sie alle nun sitzen im Bundestag und in Landesregierungen, in den Medien, im Kulturbetrieb, immer mehr auch im Sport, in der staatlich beeinflußten Wirtschaft, in den NGOs ; ich halte diesen Typus nicht für zufällig auftretend, sondern für einen integralen Bestandteil deutscher Mentalität. Die ganze deutsche Gesellschaft wird von diesen Typen durchsetzt. Ich begreife immer mehr, wie es möglich war, daß viele Deutsche den Nationalsozialisten und später den Internationalsozialisten folgen konnten und bzw. immer noch folgen. Ich hatte das als Kind und Jugendlicher nie kapiert. Ich fühle mich deswegen auch immer weniger als Deutscher, weil ich mit diesen typischen Deutschen nichts zu tun haben will. Diese Typen haben immer Recht und sind die Guten, und alle müssen sich nach ihnen richten. Und wehe, man kommt ihnen in die Quere. Widerwärtig. Ich bin entwurzelt im eigenen Land, aber ich glaube allmählich, daß ich nie hierhergehört habe.
Martin
9. März, 2022Sie haben das wirklich genau erkannt. Gesinnungskasperles wie Böhmermann und “Jack Rose”s wie Mario Stussix, entschuldigung Sixtus hätten genauso bereitwillig im dritten Reich Judenwitze gemacht oder hämisch über beim Fluchtversuch erschossene “Republikflüchtlinge” geschrieben.
Ihre “Haltung” ist nur Charaktersimulation, sie sind bis ins Innerste Opportunisten.
Das genau diese Charaktere auch durch und durch totalitär sind, den Zugriff auf noch den kleinsten Rest privates beanspruchen, macht Böhmermanns letzter Satz ja mehr als deutlich.
pantau
10. März, 2022Ein Meisterstück, Herr Wendt! Einen empfindlicheren Stich konnten Sie diesen schmierigen Wendehälsen nicht verpassen! Bei dem Vergleich mit den Körperfressern musste ich laut auflachen (gambettihaft)! Eine weitere Farce ist, wie sich jetzt die bundesdeutsche Lückenpresse an rt-deutsch gesundstößt, das ist fast so unappetitlich wie die herausgetwitterte Speichelspur eines Mario Sixtus.
Andreas Rochow
11. März, 2022Im Jahr 2015 habe ich in New Orleans einen gastfreundlichen, hochdekorierten Ingenieur kennengelernt, der mit seinem Team an der Realisierung hochseetauglicher Tanks für LNG (Flüssiggas) arbeitete. Die Modelle erinnerten mich an riesige aufgeblasene Luftmatratzen. Die Tanks mussten hohen Anforderungen hinsichtlich Innendruck aber auch Außendruck genügen. Das Unternehmen bereitete das Land auf eine Zukunft vor, in der große Mengen von Flüssiggas den Energiehunger der Welt stillen werden müssen. Diese selbstverständliche Zukunftsarbeit fand ohne nennenswerten Presserummel statt. Fachkreise wissen, was zu tun ist: Probleme lösen und daraus eine Geschäftsidee entwickeln und zugleich perspektivische Grundversorgung der Nation sichern. Für die Rahmenbedingungen dafür sorgen ein schlanker Staat, Pioniergeist, die natürliche Wertschätzung von ingenieurtechnischer Innovation sowie der praktische und geschäftliche Erfolg. – Hierzulande wirken politische Karrieretaktiker in eigener Sache, um durch hemmungslose Umverteilung die perfekte ideologische Dystopie durchzusetzen. Gefährlich dabei ist, dass Praktiker wie der Ingenieur aus New Orleans und die wahre, unbestechliche Wissenschaft keine Chance gegen unsere politischen Eliten der Dekonstruktion haben. Kein Wunder, dass Mathematik, Statistik und Medien systematisch missbraucht werden zu Zwecken der Manipulation. Das ist bei Klima, Migration, Wirtschaft und Finanzen, Energie und Corona notorisch geworden. Die herrschenden “Funktionseliten” in D müssen die Realität und die ungeschmückte Wahrheit geradezu fürchten! Sie meinen, es sei berechtigt und zielführend, als Vorreiter der Dekonstruktion alle globalistischen Ideologiekampagnen der UN durch “Förderung”, passende “Wissenschaft” und Propaganda voranzutreiben. Ihr “Speicher”, ist eine riesige Seifenblase! Sich auf Energielieferanten zu stützen, die liefern, wenn es Sonne und Wind passt, ist nüchtern gesagt, UNVERANTWORTLICH! Schon ab sofort sollte gelten, dass nur kontinuierlich angebotene alternative Energien in die Netze eingespeichert werden dürfen. Für die Speicherung hat der Lieferant selbst zu sorgen. Dann wird sich sofort herausstellen, dass die deutsche Energiewende von Anfang an ein dämliches und hochgefährlich zerstörerisches Windei war. Keine sonstwie geartete Koalition war bisher bereit, das zu erkennen und ein wirkliches Umdenken ist nicht abzusehen. Der Pfarrer und Bundespräsident a.D. Joachim Gauck macht deutlich, wie gründlich Verantwortung und Ratio aus dem politischen Denken verschwunden sind. Chic ist jetzt jeder gefühlige mentale Blackout. Armes Deutschland!
Materonow
14. März, 2022Das Denunziantentum und die Duckmuckerei haben in Deutschland jahrhuntertelange Tradition. Der Böhmerkasper ist ein Mietmaul von Merkel und Nachf. Diese Type ist kaum noch zu ertragen. Ansonsten wimmelt es in den Redaktionstübchen, den gemütlichen, von Regierungsherolden, “Haltungs”lakaien, Relotiussen und Sixtussis jeglicher Widerwärtigkeit.
Dr. Wolf Erler
17. März, 2022Hervorragend! Diesen Heuchlern und Gesinnungslumpen die Maske abgerissen!