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Räume der Kälte

Der Mitgliederschwund der christlichen Glaubensgemeinschaften erreicht dramatische Dimensionen. Es gibt offizielle Erklärungen – und tatsächliche Ursachen. Eine historische Parallele offenbart einen merkwürdigen Rollentausch zwischen katholischer und evangelischer Kirche.

von Jürgen Schmid

Am 28. Juni 2023 meldeten die deutschen GEZ-Sender fast wortgleich: „Über halbe Million Menschen 2022 aus katholischer Kirche ausgetreten“ (ARD); „Über halbe Million Menschen verlässt katholische Kirche“ (ZDF). Exakt gezählt waren es 522 821 Austritte.

Was die Sender den Gebührenzahlern in der Überschrift vorenthalten (die ARD versteckte es ganz unten im Text): „Eine Austrittswelle gibt es nicht nur in der katholischen Kirche. Auch die evangelische Kirche hat mit 380 000 Mitgliedern 2022 mehr verloren als im Jahr davor.“ Was soll hier transportiert, was verschleiert werden – und aus welchen Gründen?

Die ARD, die am liebsten nur von einer Krise der katholischen Kirche berichten würde, weiß in deren Fall genau, was zum Exodus geführt hat: „Missbrauchsgutachten, Lügenvorwürfe, Rechtsstreitigkeiten“. Schuld sind nach dieser Lesart  also die Kardinäle Marx in München und Woelki in Köln, letzterer ein exponierter Vertreter des konservativen katholischen Flügels.

Für „alarmierend“ hält der Limburger Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, die Zahlen. Sein Reparaturrezept besteht laut ARD darin, „die Beschlüsse des sogenannten synodalen Wegs zur Reform der Kirche umzusetzen.“ Seine Einschätzung wirkt bemerkenswert, denn sie benennt eher eine Problemursache als eine Problemlösung. Denn es spricht nichts dafür, dass eine Mehrheit der Katholiken hierzulande einen deutschen Sonderweg mitgehen will, der die Genderideologie in den Vordergrund stellt, über deren Parolen man in der Weltkirche außerhalb Deutschlands den Kopf schüttelt. Selbst dem für grün-progressive Losungen durchaus offenen Papst Franziskus geht das offenbar so sehr zu weit, dass er versucht hat, die Initiatoren zu stoppen. Wie man sieht, ohne Erfolg. Bei den von progressiver Rhetorik nicht ganz so beflügelten deutschen Katholiken – und die gibt es durchaus – heißt Bätzings Heilsplan nicht grundlos „suizidaler Weg“.
Was ergibt sich nun aus dem Vergleich der katholischen und der protestantischen Austrittswelle? Der Schwund muss korrekt gewichtet werden, nämlich gemessen an der Mitgliederzahl der Konfessionen. Bei den Katholiken sagten 2022 etwas mehr als 2,4 Prozent der 21,6 Millionen Gläubigen, die Ende 2021 registriert waren, adieu; bei der evangelischen Kirche knapp 2 Prozent von bis dato 19,7 Millionen. Mit diesen Zahlen zu suggerieren, vor allem (oder gar nur) die katholische Kirche wäre massiv betroffen, wie ARD und ZDF dies tun, ist Manipulation. Wenn es eine Institution in Deutschland gibt, die sich konsequent dem Motto „Support the current thing“ unterworfen hat und dem zur Regierungsdoktrin geronnenen grün-woken Zeitgeist spirituellen Geleitschutz gibt, dann trifft das auf die EKD zu. Für ihren Mitgliederverlust bieten die wohlgesinnten Medien auffälligerweise keine Ursachenanalyse an.

Dort ist man (allzu) schnell mit Erklärungen bei der Hand: Wenn die Kirchenaustritte 2022 in astronomische Höhen schnellen, müsse es sich um die Folge des Missbrauchsskandals handeln. Würde diese Logik gelten, dürfte nur die katholische Kirche Schäfchen en masse verlieren, nicht aber die von diesem Skandal wenig betroffene EKD. Wie wäre es, die Elefanten in den Blick zu nehmen, die eigentlich unübersehbar im Raum stehen? Überdeutlich tritt etwa der Corona-Effekt zu Tage (siehe Diagramm). Wer seine Kirche ausgerechnet dann zusperrt, wenn die Gläubigen seelsorgerlichen Beistand am nötigsten hätten, muss sich nicht darüber wundern, dass man ihm das Misstrauen ausspricht. Und auch für die Kirchen gilt jene Formel, deren Wirkung immer mehr zeitgeistig angepasste Unternehmen der freien Wirtschaft erleben: Go woke, get broke.

Die Kirchen können sich dem Sog des Zeitgeistes offenbar nur bedingt entziehen. Vergleicht man aber die Reaktionen auf den Anpassungsdruck nach 1933 und den Zeitkonformismus heute, lassen sich jeweils exakt spiegelverkehrte Positionen erkennen. In den 1930er Jahren verhielten sich die beiden großen Kirchen so, wie es ihren Traditionen und Eigenheiten entspricht – die evangelische Seite protestantisch, zerrissen in Deutsche Christen und Bekennende Kirche, mit beeindruckenden Bekenntnisschriften wie der „Barmer Erklärung“; die Katholiken romhörig, zentralistisch, nach außen als Block organisiert mit abweichenden Einzelstimmen von Priestern wie Pater Rupert Mayer (Klaus Scholder hat diese Generallinien in seinem Monumentalwerk „Die Kirchen und das Dritte Reich“ dargestellt). Heute stellt es sich genau umgekehrt dar: Die EKD bildet von der Funktionärs- und Bischofsebene bis in die Pfarrhäuser ein fast komplett einheitliches Gebilde, sie wirkt wie ein geschlossener, einheitlicher, unprotestantischer, hierarchisch durchstrukturierter Machtverteidigungseinheitsblock, von wenigen Einzelstimmen abgesehen. Die katholische Kirche, in der renitente Vertreter weit protestantischer agieren als ihre protestantischen Brüder und Schwestern, in der mehrere Flügel Aushandlungskämpfe mit völlig unentschiedenem Ausgang führen, erscheint heute zumindest in Deutschland zerklüftet, ja geradezu zerrissen.

Exodus im Protestantismus

Beim Bayerischen Rundfunk wird das Problem der evangelischen Landeskirche in Bayern zu einem statistischen Phänomen: Die Kirche habe „2022 einen Negativrekord aufgestellt“; „48.542 Menschen kehrten ihr den Rücken – so viele wie noch nie zuvor in einem Jahr.“ Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm gab zu Protokoll, er „stelle sich der Realität“. Allerdings definiert der Würdenträger Realität etwas eigenwillig. Gründe für den Exodus findet er nicht in oben genannten Faktoren, die offensichtlich abstoßend auf immer größere Teile des Kirchenvolkes wirken, sondern in der „heutigen ausdifferenzierten Gesellschaft“.

An derartigen Meldungen ist dreierlei bemerkenswert: Sie wiederholen sich Jahr für Jahr, ohne dass die Berichterstatter bemerken würden, dass sie sich wiederholen. „Zahl der Kirchenaustritte erreicht neuen Rekord“, meldet der Bayerische Rundfunk für 2019 und nun für 2022 – sowie mit denselben Textbausteinen fürs Jahr davor. Auch die Dramatisierung bleibt sich treu, wenn stets von einer „extremen Entwicklung“ und „Schock-Zahlen“ die Rede ist. „Extrem“ bedeutet „das Äußerste“ – wie soll man das verbal steigern, wenn das maximal Vorstellbare zu immer neuen „Negativ-Rekorden“ springt? Die Nachricht an sich stellt schon ein bemerkenswertes Zeugnis für die Amtsführung des Landesbischofs dar, indem sie eine Abstimmung mit den Füßen für die Bewertung dieser Amtszeit anführt: Keiner seiner Vorgänger überschritt je die Marke von 20 000 Austritten pro Jahr. Heinrich Bedford-Strohm startete bei seinem Amtsantritt 2011 bei 16 000, erreichte 2014 erstmals annähernd 30 000 und steigerte sich über 36 580 im Jahr 2021 auf fast 50 000 Kirchenflüchtlinge in seinem letzten Amtsjahr 2022. Sucht auch nur ein Mainstream-Journalist die Ursache für die Austrittsexplosion in der Person des Bischofs und in seinen Schwerpunktsetzungen, die von Theologie und Seelsorge meist meilenweit entfernt waren?

Geht es um die EKD, wird die Ursachenforschung komplett verweigert, von den Kirchenvertretern ebenso wie von den Medien. Wenn Bischof Bedford-Strohm an anderer Stelle sagt, er würde bei Corona alles „genauso wieder machen“, weil es richtig gewesen sei, dann zeugt das von Realitätsverweigerung, nachdem wir wissen, wie falsch alles war. Auch das Seenotrettungsschiff der EKD, vom Stapel gelassen unter Bedford-Strohms Ägide, trug natürlich ebenso zur Verstimmung vieler Gläubigen bei wie die Rede von einem „queeren“ Gott.

Die EKD hat ein strukturelles Problem, das sie nicht als Problem erkennt, sondern als stolze Bestätigung ihrer Haltung feiert: Sie ist die staatstragende Institution des Grünen Imperiums. Ihre Gottesdienste sind längst mehr Verlautbarungsplattformen der Zeitgeist-Agenda denn Lobpreis des Herrn, die Kirche dient überwiegend weltlichen Interessen. Ein Kirchentag ist von einem grünen Parteitag kaum zu unterscheiden. Alle Themen, die der polit-mediale Komplex ventiliert, spiegeln sich auch in den Predigten evangelischer Pfarrer und Einlassungen protestantischer Würdenträger: Klima, Gender, Kampf gegen rechts. Wenn Bundesangstminister Lauterbach in Kirchen nichts anderes sehen kann als „Kälteräume“ gegen den „Hitzetod“, verspricht EKD-Ratsvorsitzende Kurschus prompt, Gebetsstätten als „Abkühlungsorte“ zu öffnen. Darin liegt durchaus eine Symbolik über den konkreten Anlass hinaus. Viel mehr lebenspraktische Hilfe haben EKD-Gotteshäuser offenbar nach Ansicht ihrer Funktionäre nicht mehr zu bieten. Denn auf spirituellem Gebiet sind die Kirchen längst Räume der Kälte.

Diese Allianz von weltlicher Hypermoral und Kirchen hat eine lange Vorgeschichte. Und im Lichte dieser Entwicklung infizierte weniger die Politik die Kirche. Sondern eher umgekehrt: Der erwachte Zeitgeist hatte in kirchlichen Kreisen einen seiner wichtigsten Ursprünge. Es lohnt sich, einen fast 40 Jahre alten Text erneut zu lesen, der den grünen Siegeszug hart ins Gericht nahm, als er gerade begann: Karl Heinz Bohrers „politische Typologie“, 3. Folge „Die guten Hirten“, erschienen im Merkur im Januar 1985. Zwei Jahre nach dem erstmaligen Einzug der Grünen in den Bundestag wurde hier Bestandsaufnahme gemacht über die mentale Verfasstheit jener, deren Geschäft die Moral ist: „Die guten Hirten […] haben ein notorisch schlechtes Gewissen. Aber aus eben dem Bewußtsein heraus, als einzige überhaupt ein Gewissen zu haben, entwickeln sie doch wieder ein dramatisch gutes: nämlich gegenüber den anderen. Die guten Hirten kommen eher aus dem protestantischen Milieu: sorgenvoll, jederzeit ‚betroffen’, ja dieses Wort zu einem Stilbegriff, zu einer Selbstdefinition der letzten Jahre machend und als solch Betroffene sich auch immer antreffen lassend. Sie neigen dazu zu sagen: ‚Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die andern Leute.’“

Frappierend die Herleitung des Milieus jenes „Laienpredigertums“, welches den „penetranten Geruch an sich [hat], stets die Moral, das Gewissen, die besten Absichten und Einsichten auf ihrer Seite zu haben“: „Im Grunde“, so Bohrer, „war ein Teil der radikal systemkritischen Motive der sechziger Jahre säkularisiertes protestantisches Christentum. Rudi Dutschkes Wirkung ging nicht zuletzt von dieser Qualität aus, und Ulrike Meinhof ist sie selbst während ihrer letzten Phase im politischen Untergrund nicht verlorengegangen. Und wirklich hatte dieser Moralismus, diese Überzeugung, daß die Welt in Gut und Böse eingeteilt sei und daß man auf der richtigen Seite stehe, bei diesen existentiellen Tätern sein Pathos und seine Würde nicht verloren.“ Im Gegenteil: Der „Gutmannston“ hat sich als Staatsdoktrin durchgesetzt. Das Versprechen der „guten Hirten“, „uns aus der ägyptischen Gefangenschaft dieser Welt in das Gelobte Land, das Paradies? [sic], hinauszuführen“, bestimmt heute die Tagespolitik.

Das erklärt, warum die evangelische Kirche als ein solcher Einheitsblock agiert, aus dem kaum abweichende Stimmen dringen. Im Zeitgeist des Wokeismus fühlt sie sich nicht nur pudelwohl – die Funktionärskirche hat ihn maßgeblich selbst mit ins Leben gerufen. Die EKD mag innerlich absterben, aber unter den weltlichen Funktionären bewegen sich ihre Würdenträger wie Fische im Wasser. Die Moralbourgeoisie unserer Tage ist geboren aus dem Geist des Protestantismus – diese Lehre schreibt uns Bohrer ins Stammbuch. Allerdings wirkt die von ihr vorgeschützte „Unschuld“ mit ihrer angeblichen Sprachsensibilität irritierend unjesuanisch, unlutherisch, unprotestantisch.

 

Abwanderung im Katholizismus

Der Wokeismus entspricht genuin dem Protestantismus deutscher Nachkriegsprägung. Der katholischen Tradition entspricht er nicht. Immer mehr katholische Würdenträger – als nichtprogressiv abgestempelt durch den polit-medialen Komplex, der ihnen ihre im Vergleich zum Protestantismus zu geringe Unterwürfigkeit übel nimmt – fühlen sich aber genötigt, sich dem woken Zeitgeist zumindest ein Stück anzunähern. Für den Katholizismus gibt es dabei nichts zu gewinnen. So gut wie die Vertreter der EKD-Funktionärskirche, die sich gewissermaßen organisch zusammen mit dem grünen erwachten Moralismus entwickelte, können sich die katholischen Bischöfe gar nicht andienen, egal, wie schnell sie auf dem synodalen Weg ihrem Kirchenvolk enteilen.

Die polit-mediale Welt der Amtskirche mit ihren in Endlosschleife reproduzierten Klima-, queer- und Migrations-Textbausteinen und die Alltagswelt eines Gläubigen, der in der Fränkischen Schweiz eine Fronleichnamsprozession besucht oder eine Leonhardifahrt bei Bad Tölz, stellen zwei hermetisch voneinander getrennte Sphären dar. Zwischen ihnen gibt es keine Schnittmenge. Die Dauerpropaganda hat es zwar erreicht, dass die mediale Inszenierung für manchen wirklicher erscheint als die greifbare Realität vor Ort. Die Frage aber, warum im katholischen Lager ein beinahe protestantisch anmutender Widerstand gegen die Zumutungen der Zeitgeistideologie existiert, beantwortet sich nicht in den Fernsehstudios des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern auf solchen Prozessionen, dort also, wo demonstrativ keines der progressiven Themen aufgegriffen wird, nicht Klima, nicht Queerness, nicht „Kampf gegen rechts“, sondern „unsere Politiker“ in den Fürbitten ermahnt werden, sie mögen sich bei ihren Entscheidungen an der „gottgegebenen Ordnung“ orientieren. Ist es heute bereits Bekenntnismut, wenn ein Pfarrer und seine Kirchengemeinde durch das, was sie – über zwei Stunden lang – laut und deutlich nicht sagen, ihre Ablehnung bekunden?

Warum also biedern sich katholische Würdenträger dem Zeitgeist trotzdem derart an? Es gibt jenen Typus wie Georg Bätzing, der vom Amtsantritt an nie etwas anderes versucht hat als Anbiederung – und beim polit-medialen Komplex dabei auf so viel Gegenliebe gestoßen ist, dass er offensichtlich keiner Versuchung mehr nachgibt, in eine andere Richtung zu denken. Und es gibt jene, welche Wiedergutmachung für ihre Verantwortung für diverse Skandale erflehen wollen durch zeitgeistiges Wohlverhalten, allen voran Rainer Maria Woelki.

Alexander Kissler urteilte in der Neuen Zürcher Zeitung über den jüngsten Vorstoß eines merkwürdigen Zweckbündnisses aus (unter anderen) Bätzing und Woelki – eigentlich Antipoden, wie es sie in der protestantischen Kirche gar nicht mehr gibt –, das Klimathema bilde für die katholische Amtskirche in Deutschland das letzte „Bindemittel“. Unter dem Titel „Wir sind bereit“ – für Kissler „eine kecke Travestie, klingt in ihm doch die Weiheformel für katholische Geistliche an, das ‚Adsum’ [Hier bin ich]“ – wolle sich die Kirche „einem neuen Gott unterwerfen, dem Klima“.
„Umweltbischof“ Rolf Lohmann forderte gar eine „Vollbremsung“ auf dem „Highway zur Klimahölle“. Damit reihen sich die Bischöfe ein in den bereits überlauten Chor derer, die immer mehr Verbote und Freiheitseinschränkungen im Klimakampf fordern. Eine „derart radikale Milieuverengung“ führe zur „Selbstaufgabe“, meint Kissler: „Als Klimasekte haben die Kirchen keine Zukunft“.

Kaum etwas zeigt die spirituelle Erschöpfung der Kirchen so sehr wie ihr Versuch, sich an eine parareligiöse Bewegung anzuschmiegen, die sie offenbar für vitaler halten als sich selbst. Schon 2019 predigte Berlins Erzbischof Heiner Koch zu Palmsonntag: „Mich erinnern die Freitagsdemos [an deren vorösterlicher Berliner Aufführung Greta Thunberg teilnahm] ein wenig an die biblische Szene vom Einzug Jesu in Jerusalem“. Der Evangelist Matthäus berichte, wie die Menschen Jesus zujubelten: „Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der da kommt im Namen des Herrn.“ Wie Jesus im „Triumphzug für einen Volkshelden“ empfangen wurde, exegierte Erzbischof Koch, so habe das Volk zu Berlin in Greta Thunberg einen „Propheten“ begrüßt. Dem wollte auch ein protestantischer Journalist wie Hans Leyendecker nicht nachstehen, als er – seines Zeichens Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages 2019 in Dortmund – die Greta-Freitage zur „Erweckungsbewegung“ erklärte.

Corona und „die Maßnahmen“ brachten die Kirchen noch einen zusätzlichen Schritt weiter auf ihrem Weg der Säkularisierung: Gotteshäuser wurden, so sie nicht geschlossen waren, zu Hygienevollzugsanstalten, das Weihwasser durch Desinfektionsspender ersetzt, der Wiener Stephansdom mutierte gar zum Impfzentrum. Den Sakramenten, die die katholische Kirche zu verwalten hat, eine derart weltliche Erlösungshoffnung gleichrangig an die Seite zu stellen, stieß vielen Gläubigen bitter auf. Was in den bischöflichen Palais – abgeschottet von Gott und der Welt – an Unterwerfungsgesten gegenüber dem Diktat des Hygienestaates ausgebrütet wurde, vollzogen willfährige Pfarrer vor Ort. Noch im Oktober 2022 thront über einer Münchner Pfarrei das Gebot: „Hier gilt FFP2-Maskenpflicht!“ Wer sich bekreuzigen will, erfährt: „Bitte desinfizieren Sie vor Gebrauch des Weihwassers Ihre Hände!“ (Niemals hat meine Großmutter das Weihwasser „gebraucht“, wie sie zum Wischen ihrer Küche das Putzwasser gebrauchte – geweihtem Wasser wird die ihm gebührende Ehrfurcht entgegengebracht.) „Der Friedensgruß durch Handreichung oder Umarmung unterbleibt“. Alle diese rüden Anweisungen („Hygieneregeln ab 3. April 2022 im Pfarrverband“) stehen auf einem Briefkopf der Pfarrei, der das Motto trägt: „Komm und sieh“ – ein Hohn, vom Pfarrer auch auf Nachfrage nicht bemerkt. Jener Geistliche hatte im ersten Corona-Jahr die Gottesdienstbesucher sogar auf dem Nachhauseweg mit Verboten belegt: Man habe nach Verlassen der Kirche im Freien nicht mit anderen Leuten stehen zu bleiben oder zu sprechen.

Was macht einen Menschen wie den Münchner Pfarrer zum willfährigen Moralvollzugsbeamten? Es ist eine existentielle Notwendigkeit, sich dieser Moral anzuschließen und ihre Hysterien mitzuvollziehen, will man seine Stellung und die damit verbundenen Privilegien nicht gefährden. Das Diktat der Moralbourgeoisie, die sich dem polit-medialen Komplex unterworfen hat und dessen Agenda bestimmt, hat inzwischen einen Sog zur Einheitsmeinung entwickelt, dem sich nur wenige entziehen können. Eine mächtige Peergroup hat sich ausgebildet und Zwänge etabliert, die Allgemeingültigkeit beanspruchen. Was liegt da näher als mitzuschwimmen im Hauptstrom, einem Strom, der mit jedem Mitschwimmer immer mehr Raum einnimmt?

Dazu kommt ein Problem, das medial viel zu wenig thematisiert wird: Eine stete Vergrößerung von Pfarrsprengeln, die selbst in katholischen Kerngebieten inzwischen halbe Landkreise umfassen. Der Rückzug der Seelsorge von „vor Ort“ löst große Frustration aus, die Gläubigen fühlen sich im Stich gelassen. Wenn dann die Rede auf Nachwuchsprobleme im Pfarrberuf kommt, sind „Progressive“ sofort mit einem Allheilmittel zur Stelle – der lächerlichen Vorstellung, die katholische Kirche könnte ihre strukturellen Probleme lösen durch Abschaffung des Zölibats und Frauenordination. Was aber hindert junge Menschen daran, den Priesterberuf zu ergreifen? Die Aussicht darauf, nach wenigen Amtsjahren verschlissen zu sein in riesigen Sprengeln, in denen Seelsorge, die den Namen verdient, unmöglich ist. Die Berichte über immer mehr Burnout-Fälle unter Priestern, denen die bürokratischen Monstren über den Kopf gewachsen sind, mit denen ihr Amt belastet und unter denen ihre Spiritualität verschüttet wird. Und das Wissen darum, dass in seiner Kirche keinen Fürsprecher hat, wer es sich nicht auf neugeschaffenen Pastoralstellen für Queerness bequem machen, sondern Gemeindeseelsorger sein möchte.

 

Was könnte die Kirchen retten?

Es ist unübersehbar, wie sehr sich die Kirchen politisiert haben, wie einseitig sie einer zeitgeistigen Ideologie folgen, wie ihr politisches Tagesgeschäft ihren selbstbestimmten Auftrag verdrängt: das Evangelium zu verkünden und für die ihnen anvertrauten Seelen zu sorgen. Nur eine Besinnung auf den Glaubenskern könnte sie retten. Für den Protestantismus läge diese Besinnung in der Barmer Erklärung, wie sie Karl Barth 1934 in zeitloser Gültigkeit formuliert hat: „Jesus Christus spricht: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. (Joh. 14, 6) Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.“

Für den Katholizismus hat Papst Benedikt XVI. in seiner Freiburger Rede vom 25. September 2010 eine „Entweltlichung“ angemahnt. Es war ein Warnruf an das Lager des deutschen Katholizismus, das schon damals erkennbar auf Abwege geraten war, eine Absage an jede kirchliche Tendenz, die „sich in dieser Welt einrichtet und sich den Maßstäben der Welt angleicht“. Es war – im Geiste der Barmer Erklärung – eine Aufforderung zur Hinwendung an das jesuanische Zeugnis, denn „durch die Ansprüche und Sachzwänge der Welt wird dies Zeugnis immer wieder verdunkelt.“ Um ihrem „eigentlichen Auftrag“ zu genügen, müsse die Kirche „die Anstrengung unternehmen, sich von dieser ihrer Verweltlichung zu lösen und wieder offen auf Gott hin zu werden. Sie folgt damit den Worten Jesu: ‚Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin’ (Joh 17,16).“ Benedikts Quintessenz müsste jedem in den Ohren dröhnen, der sich im Jahr 2023 die Kirchenaustritte schönreden will: „Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein.“ Seine Botschaft bedeutet: Wir sind schon Moralhüter, aber wir hüten eine überzeitliche, göttliche, dem Allzumenschlichen entzogene Moral – und keine tagespolitische, die ständig ihre Valuta wechselt.

Der Kipppunkt liegt für die beiden schrumpfenden Kirchen schon in der Vergangenheit. Im Jahr 2021 gehörte erstmals seit der Christianisierung des Abendlandes nicht einmal mehr die Hälfte der deutschen Bevölkerung wenigstens formal zur katholischen oder evangelischen Konfession. Die Abwärtsbewegung vollzog sich in historisch extrem kurzer Zeit: Seit 1990 verloren die beiden Kirchen insgesamt 17 Millionen Mitglieder. Das Faszinierende liegt darin, dass weder ihre protestantischen noch ihre katholischen Funktionäre überhaupt den Versuch unternehmen, sich dieser Entwicklung entgegenzustemmen. Im Gegenteil, es scheint, als käme ihnen diese Schrumpfung zu säkularen Weltanschauungsgemeinschaften ganz recht. Hier wie dort hoffen sie offenbar auf eine Harmonisierung zwischen Amtsträgern und dem verbliebenen Kirchenvolk. Sie entweltlichen die Kirchen nicht, sondern entspiritualisieren sie weiter. Ihr heimliches Motto scheint dabei der Satz des Kirchengegners Friedrich Nietzsche zu sein: „Was fällt, das soll man auch noch stoßen“.

 

 

 


Jürgen Schmid ist Historiker und freier Autor. Er lebt in München.


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Redaktion:

Kommentare anzeigen (16)

  • Früher sagte man spöttisch über die anglikanische High Church: „The High Church, that's the Conservative Party in prayer.“

    Entsprechend könnte man über die EKD sagen: „Die EKD, das ist die Grüne Partei beim Mösenmalen.“

  • Wir sind vor 2 Jahren aus der Evangelischen Kirche ausgetreten. Darauf erhielten wir vom zuständigen Pfarrer die schriftliche Bitte, ihm kurz die Gründe für unseren Austritt mitzuteilen. Unsere Antwort lautete wie folgt:
    1) Weil die Evangelische Kirche zu einer links/grünen Vorfeldorganisation verkommen ist
    2) Weil wir nicht bereit sind, mit unserer Kirchensteuer Schlepperschiffe im Mittelmeer zu subventionieren
    3) Weil der Ev. Kirche offensichtlich der ethische Kompass verloren gegangen ist (z.B. Vulvamalen auf Kirchentag).
    Das wird so dargestellt, weil wir keinen Zweifel daran haben, dass dies genau die Gründe für ca. 80% der Austritte aus der Ev. Kirche sind.
    p.s. Dass wir von dem genannten "Hirte" keine Antwort erhalten haben, versteht sich von selbst.

  • Da gab es doch kürzlich eine Umfrage unter Christen. Nur 26% der Evangelen, 28% der Katholiken und 55% der Freikirchlichen glauben, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.
    Die weitaus meisten formellen Christen sind materiell keine.

  • Ein Aspekt sollte nicht unerwähnt bleiben. Der Wohlstandsverlust breiter Bevölkerungsgruppen ist auch im Westen angekommen. Dort versucht der Mittelstand, Reserven freizulegen, und spart sich die Kirchensteuer durch Austritt. Die beiden Kirchen betreiben also durch die Unterstützung der grün-roten Wirtschaftspolitik ihren eigenen Untergang, indem sie direkt den Austritt gerade von Besserverdienern heraufbeschwören.

  • Entspiritualisierung: Genau so ist es. Meine Tochter hat letztes Jahr den Konfirmationsunterricht in Berlin besucht. Programm: Basteln, Musik, Theater, Gesprächsrunden wie bei jeder anderen Jugendfreizeit auch. Lesen in der Bibel: Einmal. Zum Glück hat sie das Interesse nicht veloren, wird aber wohl auf Dauer nicht in der Kirche bleiben, ebenso wenig wie die Eltern.

  • Georg Bätzing ist Cousin der SPD-Politikerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die während der „GroKo 05-09“ Drogenbeauftragte war. Man könnte Frau Bätzing jetzt Genussfeindlichkeit vorwerfen, wenn sie sich damals für Steuererhöhungen auf Wein und Bier einsetzte, dass sie aber im Gegenzug den Sektsteuersatz gleichlassen wollte, spricht dann eher dagegen. Vielmehr fällt vielleicht die Limburger Wokeness von Vetter Georg ins Gewicht, unterstellte man eine gute verwandtschaftliche Nähe zum Brotgeber der Cousine, als Teil von multiformen Einflussnahmen über verschlungene Pfade, die irgendwann verfassungsschutzähnliche Verwirrtheit stiften, und man nicht mehr Freund von Feind unterscheiden kann. Demnach hätte die katholische Kirche dann schlechte Berater bzw. Einflüsterer, die für verschiedene Seiten tätig sind (quasi Doppelagenten).
    Solch schlechte Berater könnten bekannte Verfehlungen, deren schnelle Aufarbeitung und umgehende Entschädigung der Opfer dem Ansehen der Kirche zum Vorteil gereichten, taktisch so in die Länge ziehen, bis die gegnerische Interessengruppe, für die sie ebenfalls tätig sind, den richtigen Zeitpunkt sieht, um damit (und in möglichst großer Fallzahl) an die Öffentlichkeit zu gehen. Das passiert dann in erster Linie auf dem Rücken der wirklichen Opfer, schadet aber ebenso der betreffenden Institution (dem eigentlichen Zielobjekt, ob man was für die Geschädigten übrig hat, steht auf einem anderen Blatt). Zuletzt nutzte man die Corona-Krise, die vielen diesbezüglichen Fehler der Kirche wurden bereits zu Genüge behandelt. Da Herr Schmid den Wiener Dom als Impfzentrum erwähnte – man könnte hier stellvertretend Playboy-Dompfarrer Toni Faber heranziehen, der damals gegen Nichtgeimpfte kräftig austeilte, wenngleich sich nicht heraushören ließ, ob er als Wiener katholischer Frauenbeauftragter das weibliche Geschlecht miteinschloss (Hochwürden Faber sagte einmal, „Pfarrer Braun würde vor Neid erblassen, wenn er seine (Fabers) Haushälterin sehen würde“). Der Dompfarrer-Toni würde hier also, wenn vielleicht auch ungewollt, als eine Art Verbindungsagent taugen. Nicht minder dämlich gebärdete sich der Rottenburger Gebhard Fürst, als er Nichtgeimpften vorhielt, wegen ihrer Verweigerungshaltung den Alten ihre restliche Lebenszeit zu verkürzen und vor allem Kinder zu gefährden. „Querdenkern könne deshalb das Hosanna nicht gelten!“ Von Hosanna-Sanktionen ausgenommen sind aber wahrscheinlich seine vielen Angestellten, die nach dem Genuss von ein paar kleinen blauen Hostien die Jugendgruppe betreuen. Sie müssen sich vielleicht lediglich hinterher mit „Comirnaty“ desinfizieren, dann sind sie losgesprochen von ihren Sünden. Der Gipfel des Unsinns war freilich die auf den Slogan „Jesus hätte sich impfen lassen“ verkürzte Interpretation von Nächstenliebe manches Coronaliken. Hier trifft die Bibel auf „Asterix und Obelix“, wo sich Jesus erst mal der langen Schlange vor dem Zaubertrank einreiht, allerdings nicht länger in Gallien, sondern in Rheinland-Pfalz, bevor er zum Handauflegen in den Mainzer Dom geht. Wenn ich mich noch richtig entsinne (mein Archiv sollte ich dringend mal wieder ordnen), dann las ich vor einigen Jahren bei David Berger, dass die queere Anbiederung der katholischen Kirche bei vielen schwulen und lesbischen Katholiken floppt und diese stattdessen Zuflucht bei Petrus- und Piusbruderschaft suchen. Sollte dies zutreffen, würde der Begriff „verkehrte Welt“ umso mehr damit unterstrichen.

    • Danke für den Hinweis auf die "Corona-Gläubigkeit" des Rottenburger Bischofs.

      Dessen Diözese zeichnet verantwortlich für den Zeichentrickfilm über die Geburt des Jesuskindes in Betlehem, in welchem Maria am Schluß völlig unbiblisch, dafür umso zeitgeistiger den zur Krippe geeilten Hirten sagt, Jesus habe "nur unsere Hände", um etwas in der Welt zu bewirken.

      Daß die Kirche versuchen könnte, (u.a.) meine Enkel ausgerechnet in der Advents- und Weihnachtszeit zu entspiritualisieren, hatte ich nicht erwartet.

  • ich finde im Moment die Belegquelle nicht, aber m.E. sagte der Papst Franziskus vor einigen Wochen zum Aspekt Synodaler Weg in etwa:
    ~ wir haben in Deutschland schon eine gute protestantische Kirche und brauchen nicht noch eine zweite… -

  • Ein brillianter Artikel von Jürgen Schmid, der das Problem der Kirchen messerscharf, umfassend und mit Hintergrund analysiert und mir Erkenntnis verschafft hat, obwohl ich im Groben die Sache schon so gesehen hatte. Der Essay ist würdig neben den Artikeln von Alexander Wendt zu stehen, die seit ihrem Beginn für mich die absolute Premiumklasse des Journalismus verkörpern und von mir stets gleich nach Veröffentlichung mit intellektuellem Genuss gelesen werden. Natürlich zahle ich dafür auch gerne.

  • Während der Islam Zulauf erhält, löst sich das Christentum auf. Die Gründe liegen viel tiefer, als hier angedeutet. Der Westen geht dem Ende entgegen, mit ihm das Drumherum. Die Grünen sind nur eine der vielen Randerscheinungen, die mit der Selbstauflösung einhergehen. Das System von Freiheit und Demokratie hat fertig, ist am Ende. Jüngere Generationen eifern restriktiven und autoritären Gesellschaftsformen nach. Sie verkünden offen und ungeschminkt den gesellschaftlichen Paradigmenwechsel. Die lang und breit angelegte öffentliche Diskussion, dass Frau Mann und Mann Frau sein muss, wenn erwünscht, zeigt z.B. die Degeneration des westlichen Typus Mensch. Alle und alles ist gleicher und doch verschieden. Die Ambivalenz in den Themen wird zunehmend irrer und unlösbarer, auch unter den entsprechenden Anhängern. Andere Religionen und Gesellschaftsformen haben solch Selbstauflösungsthemen nicht.

  • Hervorragender Artikel, werter Herr Schmid. "Die Moralbourgeoisie unserer Tage ist geboren aus dem Geist des Protestantismus." Was ich aus all dem herauslese: Selbst die hohen katholischen "Würdenträger" haben längst den innersten Kern ihres Glaubens verloren! Deshalb dümpeln sie orientierungslos in den schwappenden Wogen des Zeitgeistes. Die nächste Woge wird sie verschlingen. Wir haben so viel verloren - auf diese Pharisäer kommt es auch nicht mehr an.

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