X

Der Fortschritt zurück in die schlechtere Zeit

Mit der Lehre der Erwachten kommen die reaktionärsten Gesellschaftsbilder in linker Hülle zurück: Segregation nach Hautfarben, Rassen- und Geschlechterklischees, enge Identitätsgrenzen. Die Progressiv-Regressiven gehen aufs Ganze: Sie wollen die westliche Bürgergesellschaft abräumen. Ihre Zukunft kennt nur noch Rassisten und Opfer

In den nächsten Tagen jährt sich ein Ereignis zum 60. Mal, das immer noch zur heißen Geschichte gehört, zur Geschichte im Fluss. Wie Politiker und Medien daran erinnern, sagt viel über die Gegenwart.

Womöglich mehr, als denjenigen recht sein dürfte, die sich heute als Progressive sehen. Am 28. August 1963 hielt Martin Luther King Jr. auf den Stufen des Lincoln Memorial in Washington vor 250 000 Menschen die berühmteste seiner Reden, in der er achtmal die Beschwörungsformel wiederholte: I have a dream.

Das Unbehagen, mit dem die identitätspolitisch Woken, also die Erwachten in den Vereinigten Staaten und anderswo heute das Echo dieser Rede wahrnehmen, liegt nicht daran, dass King das Wort ‚Negro‘ benutzte. Das gehörte zum Sprachgebrauch der damaligen Zeit, auch in der Bürgerrechtsbewegung. Martin Luther Kings Rede von 1963 zwingt zum Vergleich mit der Identitätspolitik des Jahres 2023, mit der „Critical Race Theory“, also der ‚Kritischen Rassentheorie‘, die einen tief verinnerlichten Rassismus des Westens behauptet, dabei aber nicht stehen bleibt. Nach dieser Lehre existiert auch eine ‚white guilt‘, eine ‚weiße Schuld‘ an Kolonialismus und Sklaverei, vererbt von Generation zu Generation, die sich nur immer wieder neu bekennen, aber niemals tilgen lässt.

King begann seine Rede mit einem historischen Rückgriff auf die Unterzeichnung der Emancipation Proclamation 1863, den politischen Akt, mit dem Abraham Lincoln die Sklaverei in den USA für beendet erklärte. „Aber 100 Jahre später“, heißt es nach dieser Passage, „ist der Neger nicht frei. Einhundert Jahre später ist der Neger immer noch geplagt von den Fesseln der Segregation und den Ketten der Diskriminierung.“ (But 100 years later, the Negro still is not free. One hundred years later, the life of the Negro is still sadly crippled by the manacles of segregation and the chains of discrimination.) Dafür machte er allerdings weder einen systemischen Rassismus Amerikas noch eine Verachtung aller Farbigen durch jeden Weißen verantwortlich. Im Gegenteil, er leitete den Anspruch der Schwarzen auf endgültige Emanzipation aus dem Freiheitsversprechen der amerikanischen Verfassung ab, einen Anspruch, von dem er sagte, er sei immer noch nicht eingelöst, aber einlösbar.

„In gewissen Sinn“, so der Redner, „sind wir in die Hauptstadt unserer Nation gekommen, um einen Scheck einzulösen. Als die Architekten unserer Republik die wunderbaren Worte der Verfassung und der Unabhängigkeitserklärung schrieben, unterschrieben sie ein Versprechen, das zum Erbteil aller Amerikaner gehört. Diese Schriften waren ein Versprechen, dass alle Menschen, ja, Schwarze wie Weiße, die Garantie der unveräußerlichen Rechte auf Leben, Freiheit und das Streben nach Glück genießen. […] Anstatt dieser heiligen Verpflichtung zu genügen, hat Amerika den Negern einen faulen Scheck gegeben, einen Scheck, den wir mit dem Stempel zurückbekommen, dass er nicht gedeckt ist. Aber wir weigern uns zu glauben, dass die Bank der Gerechtigkeit bankrott ist. Wir weigern uns zu glauben, dass es ungedeckte Werte in der großartigen Schatzkammer der Möglichkeiten gibt, die diese Nation bereithält.“ Er warnte seine schwarzen Zuhörer davor, sich von dem Leid in der Vergangenheit bestimmen zu lassen: „Lasst uns unseren Durst nach Gerechtigkeit nicht dadurch befriedigen, dass wir aus dem Becher der Bitternis und des Hasses trinken.“ King rief sie dazu auf, die Weißen nicht als rassistisches Kollektiv zu sehen. Die Bewegung der Schwarzen dürfe „uns nicht dazu führen, allen Weißen zu misstrauen, denn viele unserer weißen Brüder beweisen heute durch ihre Anwesenheit, dass sie verstehen, wie ihre Würde mit unserer Würde verbunden ist, und dass ihre Freiheit untrennbar mit unserer Freiheit zusammenhängt. Wir können nicht allein vorankommen.“
Am Ende seiner Rede, als er den rhythmischen Refrain „ich habe einen Traum“ wiederholte, entwarf er eine Zukunft, in der es keine vererbte Schuld geben sollte, sondern Citoyens mit gleichen Rechten und gleichem Glücksanspruch:
„Ich habe den Traum, dass eines Tages im roten Hügelland von Georgia die Söhne der ehemaligen Sklaven und die Söhne der früheren Sklavenhalter an einem Tisch der Brüderlichkeit sitzen können.“

Abgesehen von dem aus heutiger wohlmeinender Sicht skandalösen Detail, dass King nur Söhne erwähnt, unterscheidet sich seine Gesellschaftsvorstellung vom Gedankengebäude des ‚systemischen Rassismus‘ und der Critical Race Theory nicht nur durch zeittypische Begriffe und das eine oder andere Detail. Beide beschreiben völlig verschiedene und unvereinbare Welten. Um das zu sehen, genügt es, zu einem führenden schwarzen Theoretiker der Gegenwart zu springen, Ibram X. Kendi. In seinem Buch „How to Be an Antiracist“ erklärt er seinen Lesern, dass die Nachkommen von Sklaven und Sklavenhaltern niemals als Gleiche zusammensitzen können, und dass er eine Gesellschaft auch gar nicht für erstrebenswert hält, in der die Sünden der Vergangenheit nicht mehr zu Anklagen in der Gegenwart führen. „Das einzige Mittel gegen rassistische Diskriminierung“, so Kendi, „ist antirassistische Diskriminierung. Das einzige Mittel gegen die Diskriminierung in der Vergangenheit ist Diskriminierung in der Gegenwart. Das einzige Mittel gegen Diskriminierung in der Gegenwart ist Diskriminierung in der Zukunft.“ Sein Ideal sieht er gerade nicht in einem Land, das Bürger „nicht mehr nach der Farbe ihrer Haut beurteilt, sondern nach der Art ihres Charakters“, wie King es in seiner Rede sagte. Für Kendi kann der Rassismus nicht enden, jedenfalls nicht, solange die westliche Gesellschaft existiert, in der nach seiner Überzeugung der Rassismus in jedem Detail wie im Ganzen steckt.

Kendi, heute Professor und führender Kopf der Kritischen Rassentheorie, radikalisierte sich im Lauf seines Lebens. Schon als Praktikant der Zeitung „Tallahassee Democrat“ schrieb er 2003, Europäer würden zu „aggressiven Menschen sozialisiert“, die Nichtweiße mit „psychologischer Gehirnwäsche“ bearbeiteten. Er vermutete damals auch, AIDS sei von den Weißen als Waffe gegen Schwarze in Umlauf gebracht worden. In seinem Buch „Stamped from the Beginning“ von 2016 deutet er die gesamte amerikanische Geschichte als einzige Chronik des Rassismus. Mit seinem Gedankengebäude steht er weder allein noch am Rand der linken Identitätspolitik. Für die (weiße) Autorin Robin DiAngelo ist „weiße Identität inhärent rassistisch. Ich strebe danach, ’weniger weiß‘ zu sein.“ Mit ihrem Buch „White Fragility“ erfand DiAngelo gewissermaßen das Perpetuum mobile der Rassismusanklage. Bestätigt ein Weißer jeden Vorwurf des noch so versteckten und unbewussten Rassismus gegen ihn, dann bestätigt er dessen Inhärenz, selbst wenn er zu den erwachtesten und politisch skrupulösesten Unterstützern der Demokraten gehört. Wehrt er sich gegen einen Vorwurf, zeigt er „weiße Fragilität“ und bestätigt seinen inhärenten Rassismus erst recht.

Sechzig Jahre nach „I Have A Dream“, so lautet die Bilanz, besitzen Figuren wie Kendi und DiAngelo Definitionsmacht über den Begriff Rassismus. Für Martin Luther King bleibt eine Fußnote. Der eigentliche Diskurssieger heißt Frantz Fanon, dessen These des weißen Westens als rassistisches Unterdrückungssystem Kendi, DiAngelo und andere seiner Adepten nur noch einmal mit neuem Vokabular abmischen. Nach ihrer Lehre kann es keine gesellschaftliche Befriedung geben, sondern nur eine auf Dauer gestellte Anklage. Während King das Bild einer Zukunft zeichnete, die sich von seiner Gegenwart unterscheiden sollte und andere dazu aufrief, mit ihm dorthin aufzubrechen, bieten die Critical-Race-Theoretiker nicht nur die permanente Gesellschaftsteilung entlang der Linie von Schuld an, sondern sogar noch etwas mehr: den Rückmarsch in eine schlechtere Vergangenheit unter progressiver Flagge. Für diese Bewegung bietet sich der Begriff Progressiv-Regressiv an. Ihre Zukunft gab es so ähnlich schon einmal. Segregation, also genau der Zustand, zu dessen Überwindung King aufrief, gilt ihnen als vorteilhaft. Darin liegt eine innere Logik. Wer statt Individuen nur noch Identitätskollektive wünscht, muss die Grenzen dieser Kollektive gut bewachen.

Mit dem Aufstieg der progressiv-regressiven Lehre, also seit etwa 2015, gibt es beispielsweise immer häufiger die (auch sehr oft erfüllte) Forderung nach „Black“ beziehungsweise „BIPoC Only Spaces“, zunächst an Universitäten, mittlerweile auch außerhalb, also Räume, die Weiße nicht betreten dürfen.





Diese Sonderräume existieren nicht mehr nur in den USA und Kanada. Die Segregationsidee mit progressivem Anstrich breitet sich auch in Deutschland aus.
Die Begründung lautet, Farbige bräuchten einen „Schutzraum“, was an linksliberalen Universitäten, in denen diese Idee als erstes praktiziert wurde, besonders absurd wirkt. Von der Teilungslogik nach Hautfarbe geht eine doppelte Botschaft aus. Erstens suggerieren diese Räume, dass draußen selbst in der wohlwollendsten Umgebung Rassismus lauert – und sei es auch nur in Form der Mikroaggression, die sich nur mit sensibelsten Messinstrumenten aufspüren lässt (weshalb sich die Nachweistechnik ständig verfeinern muss). Der separierte Raum vermittelt den Schutzbefohlenen aber auch unterschwellig, sie seien zu schwach, um weiße Präsenz auszuhalten, ihre kostbare Identität könnten sie nur unter ihresgleichen entwickeln. „Farbige brauchen ihre eigenen Räume”, heißt es etwa in einem der entsprechenden Manifeste: „Wir brauchen Orte, in denen wir zusammenkommen können, frei von den Mainstreamstereotypen und der Marginalisation, die jeden anderen gesellschaftlichen Raum durchdringen.“ In dem Begriff „BIPoC“ (Black Indigenious People of Color) steckt ein weiterer Ausschluss, den viele im ersten Moment übersehen. Er meint gar nicht alle Nichtweißen.

In seinem Buch „An Inconvenient Minority“ („Eine unbequeme Minderheit“) schreibt Kenny Xu, die Abkürzung mit der Betonung auf „Indigene“ erfülle einen bestimmten Zweck: „Sie gehen so weit zusagen, dass (amerikanische) Asiaten nicht als „people of color zählen“, so Xu, „und sie erfanden sogar die Wendung ‚BIPOC‘ speziell dafür, Asiaten und andere ‚den Weißen benachbarte‘ Minderheiten auszuschließen.“ Tatsächlich gelten asian americans, obwohl die Hautfarbe etwa eines Einwanderers aus Südindien oder Indonesien dunkler ausfallen kann als die von Kamala Harris, nach der Farblehre der Progressiv-Regressiven als ‚white adjacent minority‘, als ‚weißennahe Minderheit‘. Kenny Xu erklärt auch, welche Scholastik dahintersteckt:

„Das Problem besteht darin, dass die Kritische Rassentheorie jedes gute gesellschaftliche Ergebnis als weiß definiert. Selbst wenn deine Familie aus China oder Indien stammt – Bildung und einen hohen Grad an persönlichem Erfolg zu erlangen gilt als ‚weißes‘ Verhalten. Das ist auf vielfache Weise rassistisch. Es steckt Amerikaner asiatischer Herkunft in die Kiste der weißen Nachbarschaft, was völlig deren einzigartige Kulturen und Kämpfe ignoriert. Außerdem bedeutet es per Standard, dass andere Rassen weniger erfolgreich, talentiert und gebildet seien. Wenn es ‚weiße‘ Charakteristiken sind, reich und erfolgreich zu sein, folgt daraus dann nicht logisch, arm und faul zu sein wären schwarze Charakteristika? Obwohl sie vorgibt, sich um Diversität und Inklusion zu sorgen, ist die Kritische Rassentheorie in Wirklichkeit rassistisch in der Art, wie sie Menschen kategorisiert.“

Die Hautfarbe pauschal mit bestimmten Eigenschaften zu verbinden – genau das entspricht der Definition des Rassismus in seiner klassischen Version. Mit etwas Begriffsalchemie und Frantz Fanon-Abrakadabra verziert steht diese Ansicht heute im geistigen Zentrum einer Fortschrittsbewegung, die Bürgergesellschaft und Emanzipation schnellstmöglich hinter sich lassen will.
Wer glaubt, Xu sehe Gespenster, kann sich beispielsweise von der (übrigens hellhäutigen) Cristina Beltrán, Professorin für Soziale und Kulturelle Analyse an der New York University auf den aktuellen Ideologiestand bringen lassen. In einem Interview mit dem Radiosender NPR erklärte sie 2021, Weißsein habe eigentlich nichts mit der Hautfarbe zu tun:

„Also es gibt eine Menge Leute und Gelehrte, die sich mit der Theorie der White Supremacy befassen. Und all diese Gelehrten teilen die Ansicht, die ich teile, dass Weißsein und weiße Leute nicht das gleiche sind, und dass Weißsein besser verstanden werden sollte als ein politisches Projekt, das sich historisch herausgebildet und sich immer gewandelt hat.“
Im Black Lives Matter-Sommer 2020 verbreitete sich ein von 1999 stammender Text der (weißen) Autorin Tema Okun millionenfach, in dem sie der „White Supremacy Culture“ in Unternehmen und Organisationen folgende Eigenschaften zuordnet: Streben nach Perfektion, Dringlichkeit (also das Festlegen von Prioritäten), die persönliche Verantwortung für Fehler, Streben nach Objektivität, Wertschätzung des geschriebenen Wortes. Kurzum: Merkmale jedes funktionierenden sozialen Gebildes. Ebenfalls 2020 verkündete Alison Collins, (hellhäutiges) Mitglied des School Board von San Francisco, die Zulassung zur höheren Bildung nach Leistungskriterien („merit based“) sei „rassistisch“.

In der progressiv-regressiven Bewegung gibt es Wortführer, die Mathematik (“westliche Mathematik“) für „rassistisch“ halten und zwar mit der Begründung, dass schwarze Schüler (anders als asian americans) in dem Fach schlechter abschneiden als der Durchschnitt. An einigen Schulen Seattles startete ein „Pilotprogramm“, das den Matheunterricht mit einem „ethnischen Rahmen“ versah. Darin kommen Lerninhalte wie „mathematische Identität“ und die Unterdrückung von „communities of color“ durch die Mathematik vor. Die Ethnisierung des Matheunterrichts blieb nicht ohne Folgen. Wie der Journalist Luke Rosiak in seinem Buch „Race To The Bottom“ schreibt, fiel an den Pilotschulen die Rate der schwarzen Schüler, die das Mathe-Examen bestanden, dramatisch.

Auch hier – wie in allen Bereichen – kam das entsprechende Abziehbild mit leichter Zeitverzögerung im erwachten Westeuropa an. Die österreichische Grüne Jugend etwa illustrierte ihre Forderung nach Abschaffung des Mathe-Pflichtunterrichts mit dem Bild eines schwarzen Mädchens, das sich an der Rechentafel müht.

Da es für die Progressiv-Regressiven als ausgemacht gilt, dass es sich bei Erfolgsstreben, Professionalität, Mathematikbeherrschung und überhaupt bei messbarer Kompetenz um typisch weiße Eigenschaften handelt, entwerfen sie auch das logische Gegenbild des Schwarzen, ohne es explizit aussprechen zu müssen. Zu den Zeiten von Martin Luther King hätte es niemand für möglich gehalten, dass Jim Crow im 21. Jahrhundert mit der Fahne des Fortschritts zurückkommen würde. Aber genau das geschieht. Auch hier geht die regressiv-progressive Botschaft in zwei Richtungen: Sie festigt auf der einen Seite die Lehre vom allumfassenden westlich-weißen Rassismus, der im Leistungsgedanken und sogar in der Winkelsumme des Dreiecks steckt und träufelt zum anderen Farbigen den Glauben ein, dass sie einen Leistungswettbewerb sowieso nicht bestehen können.

Die logische Schlussfolgerung, sie sollten deshalb besser unter sich bleiben, erstreckt sich auch längst auf das Privateste. Im Netz finden sich hunderte Ratgeberseiten aus den USA, die vor den Tücken des Datings und der Liebesbeziehung über die Hautfarbengrenzen hinweg warnen. In dem Buch „The Dating Divide“ fasst die Autorin Celeste Curington zusammen, was dabei alles schiefgehen kann. Lehnt ein weißer Mann oder eine weiße Frau bei Tinder oder auf einem anderen Portal ein Date mit einem schwarzen Partner ab, aus welchen Motiven auch immer, handelt es sich um Rassismus (im umgekehrten Fall natürlich nicht). Aber auch dann, wenn sich jemand Weißes zu einer schwarzen Person hingezogen fühlt, gilt: Vorsicht! Dann könnte es sich nämlich um eine „Fetischisierung des Körpers“ handeln. Schwarze Männer und Frauen wiederum laufen Gefahr, sich in der Beziehung mit Weißen zu sehr zu „assimilieren“. Die unterschwellige Botschaft lautet also auch hier, besser unter sich zu bleiben. Hier gibt es die unvermeidliche deutsche Ausgabe ebenfalls, das Buch „Kluft und Liebe“, in dem die deutsche „Antirassismustrainerin“ Josephine Apraku auf genau die gleichen Fallen hinweist wie Curington: Körperfetisch! Machtgefälle! Internalisierte Dominanz!

Auch beim ZDF, im Erspüren von Trends außerordentlich beweglich, wissen die Verantwortlichen schon, dass eine schwarz-weiße Liebesgeschichte heute als Problemstory serviert werden muss.

Noch markiert zwar in Werbeanzeigen das hell-dunkel gemischte Paar den Goldstandard. Aber auch das erledigt sich vermutlich in Zeiten der Kritischen Rassentheorie. Irgendeine Erklärung dürften die rastlosen progressiv-regressiven Meisterdialektiker auch dafür finden.

Die Segregation im Namen des Fortschritts jedenfalls kommt auch in Deutschland gut voran. Die Berliner Organisation Empoca organisierte 2023 ein Feriencamp nur für schwarze Kinder – mit der Begründung, nur so, ohne Weiße, könnten sie sich in der Natur sicher fühlen.

Ebenfalls in diesem Jahr eröffnete in Bremen eine vom Kulturressort mit 56 500 Euro geförderte Kinderbibliothek, die ausschließlich Bücher mit schwarzen Helden anbietet. Natürlich handelt es sich auch hier nach Aussage einer Mitarbeiterin um einen „Schutzraum“. Allerdings nicht um einen Ort für wirklich Lesehungrige. Laut Süddeutscher Zeitung stehen in der „schwarzen Kinderbibliothek“ bis jetzt „weniger als 100 Bücher“, also etwa der Inhalt eines halben Wohnzimmerregals. Wenn es von Shakespeares Werken nur der „Othello“ über die Hautfarbengrenze schafft, dann schrumpft der Kanon notwendigerweise. „Othello“ wäre durchaus ein Stoff, mit dem schon intelligente Vierzehnjährige zurechtkämen. Dieser Klassiker scheitert möglicherweise an einem anderen Kriterium, das in der neuen sauberen Welteinteilung eine immer wichtigere Rolle spielt, nämlich an seinem weißen Autor.
Nach Ansicht vieler progressiv-regressiver Grenzpolizisten dürfen Weiße auch in der fiktionalen Literatur nicht einfach über Farbige schreiben. Die (weiße) US-Autorin Jeanine Cummins erhielt für ihr Buch „American Dirt“, das von der Flucht einer Mexikanerin vor einem Drogenkartell handelt, Beschimpfungen und sogar Morddrohungen. Und zwar nicht vom empörten Zentralrat mexikanischer Drogenhändler, die sich falsch dargestellt fühlen, sondern von wohlmeinend-progressivelnden Amerikamern, die fanden, es stehe einer Weißen einfach nicht zu, eine nichtweiße Heldin zu erfinden. Der Zeit– und SpOn-Schreiber, der oder die demnächst findet, daraus müsste jetzt unbedingt auch in Deutschland eine Debatte zusammenproblematisiert werden, findet sich mit Sicherheit. Zur not tut es auch ChatGPT. An anderen erwachten Orten in Deutschland herrscht schon jetzt große Freude darüber, endlich mal wieder nach Rasse einzuteilen.
Der AStA der FU Berlin etwa unterhält ein exklusives „Referat für Schwarze Studierende“.

Zur Forderung nach Trennung oder zumindest Distanz von Menschen unterschiedlicher Hautfarbe kommen noch einige andere progressiv-regressive Gebote, die dem halbwegs geschichtsbewussten Beobachter ziemlich bekannt vorkommen. Beispielsweise die Forderung, Gegenstände aus ethnologischen Museen des Westens zu entfernen, weil sie dort angeblich nicht hingehören. Bei dem Holzschwert, dem Fischernetz und der Keule, die Annalena Baerbock kürzlich mit dem klapprigen Regierungsflieger nach Australien bringen und dort den Aborigines überreichen wollte, handelte es sich nicht etwa um sogenannte Raubkunst, sondern um Geschenke der Eingeborenen an Missionare. Lange lagen die Stücke im Leipziger Grassimuseum aus. Neuerdings gilt genau das als weiteres Problem, das Progressiv-Regressive unbedingt lösen wollen. Eine grüne Berliner Staatssekretärin meinte vor einiger Zeit, wenn es nach ihr ginge, sollte überhaupt alles fort aus einheimischen Museen, was nicht strikt zum deutschen Kultursprengel gehört. Beweglichkeit, ob über die Grenzen von Milieus, innerhalb des literarischen Kanons oder in der Neugier auf andere Kulturen hat in der brave new world nach den Maßgaben der Erwachten möglichst zu unterbleiben. In ihrer Idealgesellschaft soll jeder in den Identitätsgrenzen bleiben, die sie fürsorglich für alle ziehen.

Auch auf dem derzeit heißesten Schlachtfeld, der Transsexualität. „Ihr Mädchen ist ein echter Wildfang, spielt Fußball, klettert auf Bäume und kommt regelmäßig mit aufgeschlagenen Knien nach Hause?“ hieß es beispielsweise in einer Handreichung aus dem Bundesfamilienministerium, damals noch unter Franziska Giffey. Ihr Vorschlag lautet: „Vielleicht ist Ihr Kind transgeschlechtlich?“ Es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis sich die Ansicht allgemein durchsetzte, dass Mädchen durchaus Spaß am Fußball haben können und trotzdem Mädchen bleiben, so, wie Jungen, die mit Puppen spielen, nicht mehr automatisch als mädchenhaft galten. Das Bild der Geschlechter erweiterte sich also und ließ Kindern (und Erwachsenen) mehr Freiheiten. Auch damit macht die progressiv-regressive Identitätslehre Schluss. Unter der Flagge des Fortschritts kehrt das Geschlechterklischee der fünfziger Jahre zurück. Zwar ermuntert die Ideologie zum Geschlechterwechsel, sie preist ihn auch als Lösung aller möglichen psychischen Probleme von Jugendlichen an. Der Kehrseite bedeutet: Ein Mädchen mit kurzen Haaren, das gern auf dem Fußballfeld kickt, sollte am besten mit Hilfe von Chemie oder sogar Skalpell ins andere Geschlechtskästchen sortiert werden. Dieses neu geprägte Bild von Mädchen (und Jungen) nach festgelegten Attributen ähnelt auf verblüffende Weise dem Entwurf des Schwarzen, der segregierte Schutzräume braucht und sich von westlicher Wissenschaft besser fernhalten soll.

Woran erinnert uns der Gesellschaftsentwurf, der Menschen zuallererst nach Hautfarbe, Herkunft und Geschlecht beurteilt, der für jeden Grenzen definiert, der empfiehlt, dass Menschen unterschiedlicher Hautfarbe am besten separat bleiben, der will, dass Museen keine Welt mehr beschreiben sollen und dass Kinder gefälligst ganz bestimmten Erwartungen an richtige Mädchen und richtige Jungen zu entsprechen haben? Ganz richtig: Es erinnert an die Zeit vor  Martin Luther King. In der progressiv-regressiven Welt geht es eng zu. Schaut man sich die Wortführer an, dann verwundert das nicht. Ihre Idee der Weltoffenheit kommt aus der muffigen geistigen Provinzialität, ihr Diversitätsbegriff aus homogenen akademischen Zirkeln.
Es handelt sich trotzdem nicht einfach um eine Transformation in eine Version der fünfziger Jahre mit iPhone. Die links drapierten Identitätsprediger bringen das Kunststück fertig, eine starre Gesellschaft mit einem erzreaktionären Menschenbild anzustreben, der aber gleichzeitig jede Stabilität fehlt in einem Zustand der Dauerbekämpfung alles Westlichen. Möglicherweise reagieren viele im Westen deshalb so ratlos auf diese aggressive Lehre, weil sie völlig quer liegt zu der klassischen Linken, deren Symbole sie ausschlachtet. Darin liegt übrigens eine von mehreren Erklärungen für ihren Erfolg: Sobald jemand mit der bunten Flagge wedelt, die etwas Linkes signalisiert, schaltet sich der Kritikreflex nahezu des gesamten akademischen, kulturellen und medialen Betriebs schlagartig ab, völlig unabhängig davon, was der Fahnenträger verkündet. Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus, Neorassismus – nichts trifft dort mehr auf Widerstand, sobald es in einer rötlich-regenbogenfarbigen Verpackung steckt.

Aus genau diesem Grund verdient Martin Luther Kings Rede nach sechzig Jahren noch einmal eine genaue Lektüre. Sein Traum handelte von einer freieren Bürgergesellschaft. Ibram X. Kendis Lehre zielt auf ihre Zerstörung. King wollte tatsächlich fortschreiten. Kendi und seine Gefolgsleute überall im Westen wollen zurück in den Tribalismus.
Um sie daran zu hindern, bräuchte es heute wieder eine milieuübergreifende Allianz, wie sie King 1963 beschworen hatte.

 

 


Zu diesem Thema erscheint 2024 ein Buch des Autors.


 

 

 


Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.


Liebe Leser von Publico: Dieses Onlinemagazin erfüllt wie eine Reihe von anderen Medien, die in den letzten Jahren entstanden sind, eine zentrale und früher auch allgemein selbstverständliche publizistische Aufgabe: Es konzentriert sich auf Regierungs- und Gesellschaftskritik. Offensichtlich besteht ein großes Interesse an Essays und Recherchen, die diesen Anspruch erfüllen. Das jedenfalls zeigen die steigenden Zugriffszahlen.
Kritik und Streit gehören zur Essenz einer offenen Gesellschaft. Für einen zivilisierten Streit braucht es gut begründete Argumente und Meinungen, Informationen und Dokumentationen von Fakten. Publico versucht das mit seinen sehr bescheidenen Mitteln Woche für Woche aufs Neue zu bieten.
Dafür erhält dieses Magazin selbstverständlich kein Steuergeld aus dem Medienförderungstopf der Kulturstaatsministerin Claudia Roth, kein Geld aus dem Fonds der Bundeszentrale für politische Bildung (obwohl Publico zur politischen Bildung beiträgt) und auch keine Überweisungen von Stiftungen, hinter denen wohlmeinende Milliardäre stehen. Ganz im Vertrauen: Publico möchte dieses Geld auch nicht. Die einzige Verbindung zu diesen staatlichen Fördergeldern besteht darin, dass der Gründer des Magazins genauso wie seine Autoren mit seinen Steuern dazu beiträgt, dass ganz bestimmte Anbieter auf dem Medien- und Meinungsmarkt keine Geldsorgen kennen.
Es gibt nur eine Instanz, von der Publico Unterstützung annimmt, und der dieses Medium überhaupt seine Existenz verdankt: die Leserschaft. Alle Leser von Publico, die uns mit ihren Beiträgen unterstützen, machen es uns möglich, immer wieder ausführliche Recherchen, Dossiers und Widerlegungen von Falschbehauptungen anzubieten, Reportagen und Rezensionen. Außerdem noch den montäglichen Cartoon von Bernd Zeller. Und das alles ohne Bezahlschranke und Abo-Modell. Wer unterstützt, sorgt also auch für die (wachsende) Reichweite dieses Mediums.
Publico kann dadurch seinen Autoren Honorare zahlen, die sich nicht wesentlich von denen großer Konzernmedien unterscheiden (und wir würden gern noch besser zahlen, wenn wir könnten, auch der unersetzlichen Redakteurin, die Titelgrafiken entwirft, Fehler ausmerzt, Leserzuschriften durchsieht und vieles mehr).
Jeder Beitrag hilft. Sie sind vermutlich weder Claudia Roth noch Milliardär. Trotzdem können Sie die Medienlandschaft in Deutschland beeinflussen. Und das schon mit kleinem Einsatz. Der Betrag Ihrer Wahl findet seinen Weg via PayPal – oder per Überweisung auf das Konto 
A. Wendt/Publico 
DE04 7004 0048 0722 0155 00
BIC: COBADEFFXXX

Dafür herzlichen Dank.

Die Redaktion

 

Alexander Wendt: Weitere Profile:

Kommentare anzeigen (25)

  • Zitat:"Martin Luther Kings Rede (ist auch) nach sechzig Jahren noch einmal eine genaue Lektüre wert. Sein Traum handelte von einer freieren Bürgergesellschaft. Ibram X. Kendis Lehre zielt auf ihre Zerstörung."

    Es schält sich immer weiter heraus, dass die linke Ideologie AUSSCHLIEßLICH auf Zerstörung von gesellschaftlich funktionierenden Ordnungen zu bestehen scheinen. Ich bin so frei zu vermuten, dass es sich bei diesen Personenkreis um psychisch Gestörte handelt, die mit sich größere Probleme haben und sie nicht in der Lage sind, diese zu erkennen und zu beheben. Stattdessen muss "alles" von einem imaginären "Feind" zerstört werden. Vielleicht spielt hier u.a. auch schlicht Missgunst eine Rolle. Was Andere haben und ihnen so sehr gefällt wie Familie, Heimat und Glauben, soll ihm/ihr missgönnt und zerstört werden - um jeden Preis.

    Klimawandel soll vermutlich als Vehikel benutzt werden, um im Endeffekt die Beseitigung der (entwickelten) Menschheit zu bewirken. Das Vorspiel dazu waren die ach so lebenserhaltenen Spritzen in der "Corona-Affäre". So meine Vermutung. So sehr viele Leute in wichtigen Positionen haben daran mitgewirkt.

    Hatten nicht bereits die Bolschewisten Böses in die Welt gesetzt? Soll das niemals aufhören?

  • Seher geehrter Herr Alexander Wendt!

    Mein derbes Fazit Ihrer, wie stets sprachlich sehr gelungenen, Darstellungen lautet:
    "Idioten produzieren nun mal Schwachsinn und nichts anderes."
    Es ist höchste Zeit das Kind beim Namen zu nennen und entsprechend zu handelm. Nun was die maostische Sekte in Österreich betrifft, da wird es wohl spätestens mit Herbst 2024 eine entscheidende Änderung geben.

  • 1. Zunächst eine Informationsfrage. Dass der Ausdruck "negro" früher ganz normal und auch von Schwarzen gebraucht wurde, wissen wir. Aber wieso hat sich denn der Charakter dieses Worts so verändert, dass es jetzt auf einmal eine rassistische Beleidigung ist? Wer hat dies dekretiert, und wer hat darüber abgestimmt? Da muss ich wohl was verpasst haben. - Ich würde den Ausdruck zwar nicht verwenden, weil sich niemand beleidigt fühlen soll. Allerdings warte ich noch auf den Nachweis, dass der Ausdruck rassistisch sei.
    2. Mathematik auch rassistisch? Verständlich, dass dies aufkommt. Denn Naturvölker haben im allgemeinen nur eine sehr begrenzte Zahl von Zahlwörtern, bei manchen gibt es nur "eins, zwei.... viele". Mathematik ist eine Erfindung der Hochkulturen, also Ägypter, Inder, Griechen, Chinesen... (siehe dazu D. Gronau, Vorlesung zur frühen Geschichte der Mathematik, Uni. Graz, 2009).
    Zu den Völkern, die nur zwei Zahlen kennen, zählen die brasilianischen Pirahä-Indianer. Die stets vor Fachwissen strotzende 'taz' schreibt dazu (5.9.11, "Ein Leben ohne Angst und Sorgen"):
    "Abseits der modernen Welt führen sie ihr unbeschwertes Dasein... Die ganze Welt ist dem Geld und der (Zeit-)Logik unterworfen. Nein, nicht ganz. Ein kleines Volk in Amazonien... ist standhaft geblieben. 'Leben ohne Zahl und Zeit' schreibt der 'Spiegel'. 'Hüter der Glücksformel' werden sie auch genannt..."
    Das ist wohl in etwa das, was sich Klein-Fritz'chen als Naturvolk darstellt. "Edle Wilde" eben. Die Realität sieht gänzlich anders aus. Wer sich dafür interessiert, wie Naturvölker wirklich leben, kann sich in den zahlreichen Berichten von Weissen, die im vorvorigen Jahrhundert jahre-, teils jahrzehntelang, bei nordamerikanischen Indianern lebten, bedienen. Von Idylle ist da wenig zu finden - sie existiert nur in den Köpfen von kindisch gebliebenen Figuren wir taz- oder Spiegel-Autoren, deren Weltbild einem Winnetou-Roman Karl Mays entsprungen sein könnte. Von Hunger, Krankheiten, ständigen Kämpfen untereinander spricht man im Zusammenhang mit diesen Völkern nicht so gerne. Thomas Hobbes ("life in the state of nature is solitary, nasty, brutish, and short") kam der Wahrheit da schon näher.
    3. An was erinnert mich diese Dichotomie zwischen schwarzen Opfern und weissen Tätern? Da war doch mal was. Richtig! Es gab doch einmal eine Ideologie, die strikt zwischen besitzenden Unterdrückern und besitzlosen Proletariern unterschied. Nichts dazwischen. Selbst Bauern, die ein paar Kühe zu viel hatten, waren "Unterdrücker", böse Kulaken. Ganz ähnliche Argumentationsmuster. Was für ein Zufall aber auch, dass dieses Denkmuster heute wieder auftaucht! Haben wir es mit einem geistigen Wiedergänger zu tun?
    4. Weisse sind strukturell rassistisch, selbst wenn sie als Individuum reinste, unschuldigste Herz'chen in ihrer weissen Brust vorweisen können. Auch das kommt mir irgendwie bekannt vor. Vor 60 Jahren erzählte mir unser Pastor im Religionsunterricht, dass wir Kinder alle sündig seien. "Erbsünde" nannte er das.
    5. Apropos Religion. Eigentlich kommen Schwarze ja gar nicht aus Afrika. Meint jedenfalls die Bewegung (nennen wir sie mal so) "Black Hebrew Israelites". Schwarze seien die Nachfahren der alten Israeliten aus der Bibel. Die seien damals alle schwarz gewesen. Also die Erben des von Gott auserwählten Volkes. Immerhin 4% der am. Schwarzen gehören diesem lustigen Verein an.
    Ich zitiere mal - Gott verzeihe mir! - aus Wikipedia:
    "Some of the Black Hebrew Israelite sects are considered black supremacist and anti-semitic... The Southern Poverty Law Center [gemeinnützige am. Organisation zur Bekämpfung von Rassismus] has described [them] as a hate group which supports segregation, holocaust denial, homophobia, and promotes a race war."
    Alberta Williams King, die Mutter von Martin Luther King jr, wurde von einem Mitglied dieser Sekte erschossen. Ursprünglich hatte der Mörder Jesse Jackson erschiessen wollen.
    6. Wer sozialwissenschaftliche Literatur zu Friktionen und Vorurteilen zwischen am. Schwarzen und Asiaten sucht (im Gefolge von G. Allports klassischem "The Nature of Prejudice"), muss geduldig sein. Denn er wird erst einmal bei der Suche von einem Wust von Theoretikern, Moralisten, Politikern erschlagen, die uns beibringen wollen, dass doch Solidarität zwischen diesen beiden Minderheiten gegenüber den Weissen das Gebot der Stunde sei, und dass eventuelle frühere Feindseligkeiten zwischen diesen Gruppen nur aufgrund böser verschwörerischer weisser 'divide-et-impera-' Strategien vorgekommen seien.
    Wer sich anliest, was Asiaten z.B. zur (jetzt gestoppten) Bevorzugung schwarzer Universitätsbewerber (im Rahmen der 'Affirmative Action') öffentlich gesagt haben, bekommt einen ganz anderen Eindruck.
    - Es entsteht bei diesen einzelnen aufgezählten Mosaiksteinen ein Bild, wonach völlig willkürlich Sprachveränderungen gefordert werden (kennen wir ja von uns - die jüngste Sau, die von Renate Künast durchs Dorf getrieben wird, ist die Verbannung des Begriffs "Clankriminalität").
    Gemischt wird dies mit wilden, teils absurd anmutenden Rückgriffen auf romantische ("Edler Wilder"), kommunistische (Theorie der Klassenfeindschaft) und religiöse ("Erbsünde") Versatzstücke.
    - Es kommt mir vor, als hätten sich alle Verdammten, pardon, Verrückten dieser Erde (wieder in Anlehnung an Frantz Fanon) zusammengetan, um eine absolut bizarre Mixtur zusammenzubrauen, die eine Art geistiges Frankenstein-Monster darstellt. Als gäbe es einen Wettbewerb um die lächerlichste, extremste, realitätsfernste Vorstellung.
    Sozusagen: Durchgeknallte aller Länder, vereinigt Euch!
    Halten wir dem die schöne alte linke Parole entgegen: 'No pasarán!'

  • Der Opferkult auf der einen, der Schuldkult auf der anderen Seite: Das ist die moralische Spaltung der Welt, die keine Argumente mehr duldet. Als Wiedergutmachung für historische und rassistische Sünden dient der neue systematischer Rassismus gegen weiße Überheblichkeit als Teil der kommenden Neuen Weltordnung. Es ist in Wirklichkeit ein kriegerisches Weltgericht. Ein großes, zudem destruktives Missverständnis der "Lehren von Karl Marx"! Nirgendwo hat der weiße Dystopiker, der von Ideologie-Anfälligen Sozial-Neidhammeln zum Guru hochgejazzt wurde, neben der klassenlosen auch die rassenlose (oder die geschlechtslose) Gesellschaft empfohlen. Ihre Herde wird von einem starken Pseudomoralmotor angetrieben; die Navigation folgt höchst primitiven, archaischen Reflexen. Die so angetriebene Weltrevolution war in verschiedenen Teilen "erfolgreich". Sie führte zu hunderten von Millionen Toten, Elend und Unfreiheit, und zwar unabhängig von Rasse und Geschlecht! Und hier kommen die intellektuellen Neidhammel ins Spiel, die erkannt haben, dass sie mit Marx-Engels-Lenin falschen Propheten aufgesessen waren. Die Idee sei ja gut gewesen, die Menschen hätten sie nur falsch umgesetzt. Den marxistischen Internationalismus, eine der Lehren des Wahl-Londoners aus Trier hatte man aus den Augen verloren! Also da capo! Um das nachzuholen, organusierte der Superkapitalist György Soros eine weltweite Wühltätigkeit, die zeigen sollte, dass demokratische Nationalstaaten seinen "Open Societies" im Wege stehen. Also weg damit! Er tat einen Teil seiner zusammengezockten Dollarvermögens in eine Stiftung, auf dass es vor dem Fiskus verschont bliebe. Er investierte in subversiv und propagandistisch agierende NGOs allüberall. Diese Charakterwäsche (v. Schrenck-Notzing) stellte nunmehr die Grundlage der Revolution dar, neben verharmlosender Symbole der "soft power". Insbesondere stabile demokratische Staaten wurden intensiv gespalten durch Hetz- und Reedukations- und Zensur-Unternehmen. Und die Regierungen mit gefestigter Demokratien machten fanatisiert mit. Der infantile Regenbogen, das Bunte, das Linksgrüne boten die Kulisse. Auch unkontrollierte Migration als Waffe sollte die Gesellschaften transformieren nach Gusto des Herrn Soros. Wo auch immer in der Welt, ob in Süd- und Osteuropa oder Westasien war der NGO-Igel immer schon allhier! Er kömmerte sich um die Medien und die zuverlässige revolutionäre Desinformation. Er verfügt mit seiner Korruptionsmacht über ein viele Millionen schweres Netzwerk tapferer Antidemokraten und Wahrheitsfeinde. Menschen, die Heimatliebe schon immer zum Kotzen fanden, werden wie von Zauberhand in Ministerposten gehoben und das Urteilsvermögen der letzten Demokraten ist durch seine Propaganda so sturmreif geschossen, dass sich niemand gegen die real existierende neue Fremdherrschaft wehrt, weil er sie nicht mehr erkennen kann. Die Geopolitik à la Soros und Co. ist definitiv ein Krieg. Schuldbeladene, Zerstrittene, gespaltene und isolierte Rassisten und Sexisten werdrn die gesellschaftlichen Ehrenrechte abgesprochen. Sie repräsentieren das "Dunkeldeutschland". AfD-Wähler werden mitsamt ihrer Partei als Nazis beschimpft und Experten bescheinigen ihnen Demokratieunfähigkeit, weil sie das Wokismus-Spiel durchschaut haben. Ja, man fordert ihr Verbot. Aber wohin mit ihnen?
    So gesehen ist es eine gute Nachricht, dass der Sohn und Nachfolger des Wohltäters György Soros (ung. phonet. "Schorrosch") eben angekündigt hat, seine Aktivitäten in Europa (geographisch!) zu beenden. Ich bin sicher, dass die demonetarisierten Dunkelaktivisten neue Förderer finden werden. Die Regenbogen-Ampelregierung treibt die marxistische Weltrevolution selbst nach Kräften voran und kämpft für unser aller moralische Gutwerdung. Und wenn es einst richtig dunkel wird, heißt es, im Kreml brennt noch Licht...

    • Also meinen Sie, hinter allen derzeitigen Weltübeln stecke Soros, habe ich das richtig verstanden?

  • " Sobald jemand mit der bunten Flagge wedelt, die etwas Linkes signalisiert, schaltet sich der Kritikreflex nahezu des gesamten akademischen, kulturellen und medialen Betriebs schlagartig ab, völlig unabhängig davon, was der Fahnenträger verkündet. Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus, Neorassismus – nichts trifft dort mehr auf Widerstand, sobald es in einer rötlich-regenbogenfarbigen Verpackung steckt."

    gottseidank ist es nur diese klassse und noch hat sie die mehrheit der bevölkerung nicht hinter sich und durch selbstbeweihräucherung wird sie sie auch nicht bekommen. sie verwenden den begriff BETRIEB! bedauerlicherweise ein BETRIEB der nichts substanzielles hervorbringt. dabei könnte das land an vielen stellen die energie die dahinter steckt gut gebrauchen. sie haben übrigens einen ganz wichtigen punkt vergessen -"kolonialismus"

  • Das Dumme ist, dass es noch nicht einmal wirklich Dumme (die natürlich sowieso) sind, die diese Dummheiten einesteils verbreiten, andernteils aufnehmen. Ich bin Ihnen, Herr Wendt, für diesen Artikel dankbar, aber immer mehr frage ich mich, wie ich mit all diesen unwissensvhaftlich-kruden Aussagen dieser Personen umgehen soll: Argumente akzeptieren die ja leider nicht, sie drehen einem sofort die Worte um.
    Und schlimm ist: Von interessierter Seite fördert man dass. denn es führt zu weiterer Vereinzelung der Individuen und damit zu einer Fragmentierung der Gesellschaft, die infolgedessen ausgezeichnet gesteuert werden kann. Nicht nur "Linke" sehen das, vielmehr alle Interessengruppen, die auf die Sicherung ihrer Pfründen (welcher Art immer) aus sind. Und so wird eine unheilige Allianz diese ideologischen Abartigkeiten immer weiter vorantreiben, auch "Rechte" oder "Konservative". Was tun?
    Ich trete dem, wo immer, entgegen, aber inzwischen denke ich, wird man zum Don Quixote. Schauderhafter Gedanke!

    • Zitat:"Das Dumme ist, dass es noch nicht einmal wirklich Dumme (die natürlich sowieso) sind, die diese Dummheiten einesteils verbreiten, andernteils aufnehmen."

      Besonders fiel es mir 2020 im Rahmen der "Black Lives Matter" Bewegung auf. Sogar im Wissenschaftsblog "scilogs" des Physikers markus Pössel wurde in seinem Artikel diese "Theorie" propagiert. In seinem von ihm moderierten Kommentarbereich (Kommentare mussten freigeschaltet werden) waren nur wenige Kommentare zu sehen. Ich selber habe einen Kommentar geschrieben, in dem ich auf eine falsche Tatsachenbehauptung in einem seiner Links ("Rassismus im Kinderfernsehen" 2012)aufmerksam machte. Zu dem Artikel eines Herrn "Joe Dramiga" habe ich selber mehrmals auf diese falsche Tatsachenbehauptung aufmerksam gemacht. Daraufhin wurde die Vermutung geäussert, daß ich selber "rassistisch" sei.

  • Es gibt nach der "kritischen Rassenlehre" (/CRT) dann natürlich das Feindbild der "alten weissen Männer", die für alles Schlimme (Klima etc) auf dieser Welt verantwortlich sind. Mein Hinweis auf die Gemeinsamkeiten mit dem Feindbild aus der Satire "Mein Kamm" von Epharim Kishon (Männer mit Glatzen) wird von den entsprechenden Leuten nicht akzeptiert.

  • Lieber Herr Wendt, ich lese viele amerikanische Publizisten. Rechte King-Gegner und linke King-Anhänger sind sich einig, dass King gerade nicht das anstrebte, was sie da befürworten (oder allenfalls erst für das 22. Jahrhundert). De facto wäre er heute ein begeisterter Befürworter des erfolgreichen schwarzen Rassenkampfes in allen Institutionen.
    Natürlich könnte man als theoretische Alternative eine "farbenblinde" Gesellschaft befürworten - aber wozu, wenn niemand (außerhalb eines kleinen Kreises von korporatistischen Konservativen und deren großkapitalistischen Geldgebern) dahin möchte?

    • Um das klarzustellen: Ich bin auch nicht dafür, dass Weiße den schwarzen Schulkindern einreden, "weiße Mathematik" sei nichts für sie. Aber ich finde es okay, wenn schwarze Schulkinder in schwarzen Schulen selbst entscheiden, was "für sie" nützlich ist - eines Tages werden sie vermutlich entdecken, dass weiße Mathematik auch dazu gehört.

  • Fragen der Identität (und der Stellung des Menschen im Universum) ging auch der Autor Fredric Brown nach – in seiner 1949 in „Weird Tales“ erschienenen Erzählung „Come and go mad“ („Komm und werd verrückt“). Darin ermittelt der Reporter George Vine, der seit einem schweren Autounfall an einem Napoleon-Komplex leidet (bzw. Napoleon, der an einem George Vine-Komplex leidet, so genau lässt sich das gar nicht sagen) und ferner von einer Erinnerung an „Das Helle Leuchten“ sowie dem ständigen Dreikampf zwischen „Rot, Schwarz und Weiß“ heimgesucht wird, in einer Irrenanstalt zu einem Thema, bei dem ihm selbst nicht ganz klar ist, um was es überhaupt geht. Letzten Endes scheint er persönlich Gegenstand der Geschichte, zu der er recherchieren soll, zu werden, wobei ihm von einer Stimme mitgeteilt wird, um was es sich bei dem „Hellen Leuchten“ und dem Drei-Farben-Kampf handelt, und er am Ende verrückt wird (der Leser erfährt freilich nicht, was George Vine bzw. Napoleon gezeigt bekommen). Vielleicht handelt es sich ja um Szenen aus dem Zeitalter der „Wokentotten“, dessen Zeugen wir gerade werden. Liebesgeschichten zum hiesigen Thema gab es auch schon einige, wenngleich die drollige Fragestellung „Können sie sich auf Augenhöhe lieben?“ des ZDF (‚Zweites Devotes Fernsehen‘?) schon beinahe obszön daherkommt. Die „Kritische Rassentheorie“ wurde mir persönlich am besten durch ein Sechsaugen-Gespräch im Gefängnis in „Die nackte Kanone 33 1/3“ vermittelt (zumindest in dt. Synchro):
    Fred Ward (alias „Rocco“): "Glaub mir, der Knast macht aus jedem einen anderen!"
    Leslie Nielsen (alias „Drebin“): "Ach ja, in welcher Beziehung?"
    Bruce A. Young (alias „Tyrone“): "Ich war früher mal weiß!"

  • Lieber Herr Iehsenhain, jetzt weiss ich endlich, warum ich bei Betrachtung der deutschen Politik immer das Gefühl habe, ich bin im falschen Film. Nein, ich bin richtig. Es sind die "nackten Kanonen" aus Berlin.

DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN