Ein Wahlergebnis kann auch dann etwas ändern, wenn die Änderung nicht sofort eintritt.
Denken Sie daran, dass Sie mit der Partei, die sie ankreuzen, nicht zu einhundert, noch nicht einmal zu achtzig oder siebzig Prozent übereinstimmen müssen. Einundfünfzig Prozent genügen. Die Versprechen von allen Seiten, irgendwelche Steuern zu senken oder Zuschüsse zu gewähren – abgebildet oben auf dem schönen Bild von William Hogarth „The Election“ überhören Sie natürlich. Darum geht es nicht.Überlegen Sie, welche Veränderungen Ihnen am nötigsten erscheinen, und welche Begriffe den wichtigsten Stellenwert für Sie einnehmen. Beispielsweise: Öffentliche Sicherheit, Rationalität in der Wirtschafts- und Energiepolitik, Rechtsstaatlichkeit und hier insbesondere Meinungsfreiheit, Vertrauen darauf, dass die politischen Verantwortlichen sich nicht zu weit von dem Mehrheitswillen der Bürger entfernen. Das alles gehört zu einem Grundverständnis, das früher einmal von konservativ bis in weite Teile der Sozialdemokratie reichte. Es geht in dieser Wahl also um die Wiederherstellung ehemals weithin akzeptierter Zustände. Beziehungsweise um die Aussicht, diese Sicherheiten womöglich auf Nimmerwiedersehen zu verlieren. So liegen die Alternativen. Überlegen Sie also, welche politische Konstellation die von Ihnen gewünschte Entwicklung am wahrscheinlichsten macht. Machen Sie es tatsächlich so, wie dieser Mann es zumindest in den ersten Sätzen seiner Videoansprache empfiehlt.
Überzeugen Sie auch Bekannte in Ihrer Umgebung, wählen zu gehen.
Tun Sie aber auch mehr, als am Sonntag nur zwei Stimmen zu vergeben. Zum Beispiel folgendes: Sollte der Direktbewerber, den Sie mit der Erststimme wählen, in den Bundestag einziehen, dann können Sie ihm schreiben, was Sie von ihm oder ihr erwarten. Das heißt, unter welchen Bedingungen Sie ihn oder sie beim nächsten Mal wieder ankreuzen würden. Aber auch, wenn Ihre Erststimme einen Bewerber nicht ins Parlament bringt, können Sie einem Vertreter der von Ihnen bevorzugten Partei eine solche Botschaft schicken. Eine andere Möglichkeit der Rückmeldung besteht darin, einem Vertreter einer Partei, die Sie früher unterstützten, aber 2025 nicht mehr, die Gründe dafür in einer Mail höflich und bestimmt darzulegen.
Schreiben Sie außerdem die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an und verlangen Sie eine konkrete und ausführliche Rechenschaft darüber, wie sie ihre im Rundfunkstaatsvertrag festgelegten Verpflichtungen erfüllen, insbesondere die zur Ausgewogenheit und zur Darstellung aller relevanten gesellschaftlichen Themen. Dabei können Sie sich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2024 berufen, dass ausdrücklich das Recht der Bürger auf einen solchen Leistungsnachweis bekräftigte. Eine Frau hatte gegen die Einforderung der Rundfunkgebühr mit dem Argument geklagt, sie sei grundsätzlich zahlungswillig, nur erfüllten die öffentlich.-rechtlichen Anstalten ihrer Ansicht nach die Vorgaben der Rundfunkstaatsverträge nicht. Ihr Argument lautete also: keine vertragsgemäße Lieferung, also keine Bezahlung. Das bayerische Verwaltungsgericht wies im Juli 2023 die Klage nicht nur ab, sondern ließ auch keine Revision zu. Das sah das Bundesverwaltungsgericht anders: Es machte den Weg zur Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache frei, und begründete die Entscheidung wie folgt:
„Das Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so dass es an einem individuellen Vorteil fehle.“
Noch liegt die eigentliche Sache bei Gericht. Aber jeder kann wie erwähnt schon einmal einen Leistungsnachweis anfordern, auch und gerade mit Bezug auf die berühmtesten Verfehlungen. Und gegebenenfalls die Zahlung bis zu einer befriedigenden Antwort zurückhalten. Bisher schreiben jedenfalls Leute außerhalb des Gebührenfunksystems Woche für Woche an dessen Bilanz. Und sie sieht nicht gut aus.
Zum großen Bereich der Rückmeldung durch den Bürger gehört auch die Notwendigkeit, seine Meinung über Amtsträger öffentlich und deutlich zu sagen. Das heißt: sehr viel deutlicher als bisher.
Die Redensart: ‘Ich kann nicht sagen beziehungsweise schreiben, was ich denke, mein Bademantel ist gerade in der Wäsche‘ verführt zu Defätismus. Formale Beleidigungen sollte man in der Tat meiden, denn sie nutzen dem Angegriffenen sogar. Die Formulierung aber, dass es sich bei einem Minister um einen Narzissten und Kompetenzvortäuscher handelt, klingt nicht nur besser als ein schlichtes ‘Idiot‘. Gegen sie lässt sich auch juristisch kaum vorgehen. Und selbst wenn eine Anzeige ins Haus flattert: Die meisten Verurteilungen zu einer Geldstrafe wegen des Majestätsbeleidigungsparagrafen 188 oder des völlig überzogen gehandhabten 130 StGB überleben die zweite Instanz nicht. Je mehr Leute sich trauen, ihre Ansichten über das politische Personal auszusprechen, desto geringer die Einschüchterungswirkung.
Publico berichtete vor einiger Zeit über den Fall des Künstlers Simon Rosenthal, der in einer Collage den Satz eines CSU-Landtagsabgeordneten zitierte: „Impfen macht frei“. Während der CSU-Mann völlig unbehelligt blieb, klagte die Bamberger Staatsanwaltschaft Rosenthal mit einer bizarren Rechtsdrechselei wegen Volksverhetzung an. Ein Amtsrichter sprach ihn frei; die Staatsanwältin geht allerdings weiter gegen ihn vor, obwohl sie wissen muss, dass auch das nächste von ihr angestrebte Verfahren mit Freispruch enden muss, weil Rosenthals Kunstwerk für jeden ersichtlich unter Meinungsfreiheit fällt. Nun gibt es eine Strafanzeige gegen die Bamberger Juristin – wegen Verfolgung Unschuldiger. Gegenanzeigen, Beschwerden im Fall der Einstellung solcher sehr berechtigten Ermittlungen, Dienstaufsichtsbeschwerden – all diese Instrumente stehen zur Verfügung. Bürger nutzen sie noch viel zu wenig. Warum sollte man nach diesen Mitteln greifen? Weil das bei den außer Rand und Band geratenen Justizbeamten, wie man sie kürzlich auch in der CBS-Dokumentation von „60 Minutes“ bestaunen konnte, das Gefühl einpflanzt, dass sie am Ende vielleicht doch nicht ungeschoren davonkommen. Übrigens – das nur als Fußnote – geht es manchmal leichter, als man als Erfahrungspessimist denkt.
Vor einiger Zeit klagte der Leipziger Grünen-Politiker Jürgen Kasek auf X, seine eigene Partei sei ihm viel zu lasch und CDU-nah. Der Autor dieses Textes stellte ihm von dem Publico-Account auf X aus die Frage, ob er jetzt seine eigene Baseballschläger-Partei gründen wolle. Denn Kasek posierte einmal für ein Foto, das er selbst auf Twitter verbreitete, vermummt, mit Sonnenbrille und Baseballkeule über der Schulter, was auf eine gewisse mentale Nähe zur linksterroristischen Hammerbande schließen lässt. Damit er wusste, worauf sich die Frage bezog, hängte der Autor dieses Foto an seinen Post. Kasek meinte, das sei ein Verstoß gegen das Urheberrecht, mahnte ab und versuchte dann vor dem Landgericht, eine einstweilige Verfügung gegen Publico durchzusetzen. Damit scheiterte er, ebenso mit seiner Beschwerde beim Oberlandesgericht Dresden, ohne dass Publico auch nur ein Wort hätte vortragen und einen Cent investieren müssen. Der Keulenschwengel bezahlt mithin den gesamten Spaß, bekommt aber wenigstens diese Berichterstattung gratis.
In einem länger zurückliegenden Fall musste ein Thüringer Wurstblatt dem Schreiber dieser Zeilen für die Lüge, er sei ein Klimawandelleugner, auch schon einmal den Gegenwert eines ordentlichen Urlaubs abdrücken. Mit anderen Worten: Wer Bürger anzeigt, wer Unwahrheiten über sie verbreitet oder als Politiker anderweitig herumklagt, kann auch sehr schnell als mit Spott überkübelter Ertztropf dastehen. Teuer wird es für ihn auch noch. Bisher passiert so etwas zumindest Publico noch zu selten. Dieses Medium finanziert sich ganz überwiegend durch die freiwilligen Zuwendungen seiner Leser (herzlichen Dank); es nähme aber auch für den guten Zweck gern mehr unfreiwillige Spenden entgegen.
Apropos Geld: Übrigens kann sich auch jeder Bürger an den Finanzminister von NRW Marcus Optendrenk (CDU) wenden und ihn fragen, warum „Correctiv“ immer noch das Privileg der Gemeinnützigkeit genießt, obwohl sich keinerlei Unterschied zu politischen Kampfplattformen wie „Volksverpetzer“ und „Campact“ erkennen lassen, die dieses Privileg schon lange verloren haben, „Volksverpetzer“ sogar um mehrere Jahre rückwirkend. Ja, man darf Optendrenk auch gern darauf aufmerksam machen, dass er schon jetzt angesichts seiner Passivität in Sachen „Correctiv“ haarscharf am Tatbestand der Untreue entlangsegelt. Falls ein Amtsträger, den Sie ansprechen, in einer öffentlichen Veranstaltung fragt: „Wollen Sie mir drohen?“, dann antworten Sie: „Ich mache Sie auf mögliche Konsequenzen Ihres Handelns aufmerksam.“ Überhaupt sollten Sie bei direkten Konfrontationen mit Politikern im öffentlichen Raum nie direkt auf das eingehen, was der Amtsträger sagt, sondern eine vorher ausgearbeitete Botschaft an ihn bereithalten. Er macht es schließlich auch nicht anders.
Das alles entspricht zwar ungefähr der Wirkung einer Nagelfeile im Vergleich zu einer Kettensäge. Aber viele feine Feilen, geschickt angesetzt, bewirken mehr als nichts. Und sie leisten ein bisschen Vorarbeit, bis jemand den früher oder später unvermeidlichen großen motorisierten Staatsbeschneider anwirft.
Alles in allem: Seid Sand im Getriebe der Postdemokratie.
Es herrschen nicht nur trübe, sondern eigentlich niederschmetternde Verhältnisse. Auch nach dem Mordversuch im Stelenfeld des Berliner Holocaustdenkmals durch einen 19-Jährigen vom deutschen Steuerzahler rundum versorgten Asylmigranten fanden überall im Land die schon vorher geplanten Massenaufmärsche gegen rechts statt – und natürlich keine noch so klitzekleine Demonstration gegen diejenigen, die immer noch meinen, sie müsste jeden weiter ins Land lassen und dürften selbst abgelehnte und kriminelle Asylbewerber nicht hinauswerfen.
Während Argentinien Staatstrauer ausrief, weil die von der Hamas in einer abstoßenden Propagandaschau als Leichen zurückgegeben Kinder Ariel und Kfir Bibas auch die argentinische Staatsbürgerschaft besaßen, kam in Berlin nur eine kleine Mahnwache von etwa hundert Personen zusammen, die daran erinnerte, dass es sich bei den Bibas auch um eine deutsche Familie handelte. Keine Politprominenz ließ sich sehen. Stattdessen verkündete Annalena Baerbock noch einmal, dass sie die deutsche Steuergeldpipeline in den Gazastreifen für alternativlos hielt und immer noch hält. Außerdem, dass sie anderseits nach der aus ihrer Sicht unerhörten Rede von J.D. Vance jetzt „den Druck auf die Amerikaner erhöht“.
Zur gleichen Zeit ruft die Linkspartei zur vollen Soli mit dem Hammerbanden-Mitglied Simeon T. auf, der zurzeit in Budapest unter dem selbstgewählten Fantasienamen „Lisa“ vor Gericht steht, weil er versuchte, in der ungarischen Hauptstadt einen übrigens völlig unbeteiligten Touristen mit dem Hammer zu erschlagen. Für die Linkspartei fuhr der frühere Vorsitzende Martin Schirdewan nach Budapest, um die Verhandlung zu beobachten und warf der ungarischen Justiz ohne jeden Beleg (und natürlich ohne auf die Tat selbst einzugehen) rechtsstaatswidriges Verhalten vor. Dafür räumte die ARD-Tagesschau Schirdewan viel Platz ein.
Robert Habeck schließt eine Koalition seiner Grünen mit der Mauermörder- und Terroristenfreundpartei „natürlich“ nicht aus und meint grundsätzlich, er freue sich „im gewissen Sinne, dass die Linke im Bundestag dabei ist“.
Aus all dem Aufgezählten ergibt sich ungefähr die Antwort auf die Frage, wie ein Staat aussähe, in dem die Linksfront frei durchsetzen könnte, was sie will, ohne noch auf Gegenwehr zu stoßen. Wie schon erwähnt: Für jeden freiheitsliebenden Bürger befindet sich das Land schon jetzt in einer schlimmen Lage.
Publico rät dazu, wählen zu gehen, aber es nicht dabei zu belassen. Politiker benutzen hin und wieder die Phrase, auch und gerade vor Wahlen, dass sie es jetzt wissen wollen.
Das sollen sie auch.
Liebe Leser, Publico erfreut sich einer wachsenden Leserschaft, denn es bietet viel: aufwendige Recherchen – etwa zu den Hintergründen der Potsdam-Wannsee-Geschichte von “Correctiv” – fundierte Medienkritik, wozu auch die kritische Überprüfung von medialen Darstellungen zählt –, Essays zu gesellschaftlichen Themen, außerdem Buchrezensionen und nicht zuletzt den wöchentlichen Cartoon von Bernd Zeller exklusiv für dieses Online-Magazin.
Nicht nur die freiheitliche Ausrichtung unterscheidet Publico von vielen anderen Angeboten. Sondern auch der Umstand, dass dieses kleine, aber wachsende Medium anders als beispielsweise “Correctiv” kein Staatsgeld zugesteckt bekommt. Und auch keine Mittel aus einer Milliardärsstiftung, die beispielsweise das Sturmgeschütz der Postdemokratie in Hamburg erhält.
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Die Redaktion
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Als Wirtschaftsjournalist bin ich hin und wieder recht unfreundlich "zurechtgewiesen" worden. Doch ich bin vermutlich deutlich resilienter als die meisten Politiker. Außerdem ist es nicht strafbar, darauf hinzuweisen, dass die meisten Politiker hierzulande mit Mathematik (Modellrechnung zum Beispiel) oder Wirtschaftswissenschaft wenig am Hut haben. Dazu bedarf es keines frisch gewaschenen Bademantels. Und ansonsten: "Wer sich nicht beschwert, der lebt verkehrt" - eine alte Volksweisheit.