
Sagt Ihnen der Name Markus Kurczyk etwas? Bis 2023 leitete er im Rang eines Generalmajors das Zentrum Innere Führung der Bundeswehr. Im September des Jahres entließ Verteidigungsminister Boris Pistorius den hoch dekorierten und einsatzerfahrenen Militär wegen einer Beschuldigung, die in verschiedenen Medien als ‘Kuss-Affäre‘ die Runde machte.
Der damalige Oberleutnant Michael D. beschuldigte Kurczyk, ihn bei der Abschlussfeier der Invictus Games in Düsseldorf – einem internationalen Sportwettbewerb für verwundete und erkrankte Soldaten – „ohne ausdrückliches Einverständnis“ umarmt und am Gesäß berührt zu haben. Der Generalmajor bestritt damals und bestreitet auch heute den angeblichen Vorfall entschieden. Er habe D. lediglich wie unter Kameraden üblich zum Abschied umarmt. Pistorius versetzte Kurczyk in den Ruhestand, ohne den Ausgang des Disziplinarverfahrens gegen ihn abzuwarten. „Ich wusste zu diesem Zeitpunkt gar nicht, was mir überhaupt vorgeworfen wird,“ sagt der demobilisierte Offizier im Gespräch mit Publico. Die Begründung des Ministers lautete, es gebe „öffentlichen Druck“, er könne gar nicht anders, als den Chef des Zentrums Innere Führung nach 41 tadellosen Dienstjahren zu feuern.Der Tagesspiegel, immer wieder in vorderster Front beim Streuen von Falschbehauptungen – mal gegen eine Biologin, mal gegen Coronamaßnahmenkritiker – behauptete, der General hätte den Untergeben auf den Mund geküsst. Davon stand selbst in der Beschwerde von Michael D. kein Wort. Sehr vieles spricht dafür, dass der Oberleutnant den Belästigungsvorwurf als Revanche erhob: Er stand damals an der Spitze des Vereins Queer BW, dem Zusammenschluss schwuler und lesbischer Bundeswehrangehöriger; zwischen dem Verein und dem Generalmajor gab es vorher eine nicht persönlich geprägte, sondern inhaltliche Auseinandersetzung. Es strapaziert außerdem die Fantasie, dass der Familienvater Kurczyk sich auf einer Feier einem Soldaten in zweideutiger Absicht genähert haben sollte, zumal noch in Gegenwart etlicher Gäste, seiner Frau, dem damals 11-jährigen Sohn des Generalmajors und des Adjutanten, der ihn zu der Veranstaltung begleitete.
Als Leiter des Zentrums Innere Führung gab der General vor der sogenannten Kussaffäre dem Spiegel ein Interview, in dem er unter anderem das Problem einer Berufsarmee ansprach innerhalb einer gründlich durchpazifierten Gesellschaft junge Männer und Frauen zu finden, zu deren soldatischen Aufgaben nun einmal das Töten gehört. «Wie bringe ich jemandem bei, Scharfschütze zu werden? Wie trainieren Sie den für den Krieg? Für den Moment, wo der Kopf des Gegners platzt?“ fragte Kurcyk damals rhetorisch. Damit sprach er aus, was prinzipiell jeder weiß, was aber einer politisch-medialen Deutungselite als skandalös gilt, die schon in der falschen Pronomenwahl einen Übergriff sieht. Wer schon Mikroaggressionen für gesellschaftsgefährdend hält, will sich mit der Möglichkeit der Makroaggression gar nicht erst befassen. Selbst manche Bundeswehrangehörige, die politisch nicht auffallen wollen, sparen in der Öffentlichkeit die Frage lieber aus, zu welchem Zweck die Armee dient, und zwar wie jede andere Truppe auch. „In meinem Umfeld haben einige gesagt: Es war nur eine Frage der Zeit, bis du dran warst“, meint Kurczyk im Gespräch. Er vermutet, „dass etwas gesucht wurde.“
Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch an Oberstleutnant Marcel Bohnert, Leiter des Social-Media-Zentrums der Bundeswehr, dem die Redaktion des ARD-Magazins „Panorama“ 2020 Kontakte zu Rechtsradikalen anhängte, kommentiert und ausgeschmückt von einer als Expertin vor die Kamera geholten österreichischen Linksradikalen. Die Beschuldigungen erwiesen sich samt und sonders als haltlos. Sein Arbeitgeber strengte trotzdem ein Disziplinarverfahren gegen Bohnert an, das nach 16 Monaten mit einer Entlastung erster Klasse endete. Eine Entschuldigung der „Panorama“-Redaktion bei dem Offizier gab es nie. Es ließen sich noch andere Fälle für den Umgang von Politik, Medien und der politischen Bundeswehrführung selbst anführen, etwa die angeblich massenhaften rechtsradikalen Umtriebe, die Ministerin Ursula von der Leyen damals entdeckt zu haben glaubte, und von denen nach intensiver Pressebegleitung am Ende ein ab- und dann wieder aufgehängtes Bild von Helmut Schmidt in Luftwaffenuniform und ein Wehrmachtsstahlhelm in einem Traditionskabinett übrigblieben.
Diesen Kontrast braucht es schon, um eine Wortmeldung des Vorsitzenden der Grünen Jugend Jakob Blasel angemessen einzuordnen, der kürzlich auf X schrieb:
„Wer in dieser Weltlage immer noch zögert, Europas Freiheit mit der Waffe zu verteidigen, ist nicht links – sondern naiv und unsolidarisch.“
Fast parallel meldete der Sender n-tv in Bezug auf Joseph Fischer, den größten deutscher Außenminister zwischen Klaus Kinkel und Frank-Walter Steinmeier:
„‘Das werden harte Jahre.‘ Joschka Fischer fordert Wehrpflicht für Mann und Frau.“
Die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner sekundierte auf X: „Europa muss wehrhaft werden.“
Wie Freund Blasel bezieht sie sich auf den Kontinent, meint aber die EU, in deren Mitte nun mal Deutschland liegt. Harte Jahre, an die Waffen, wehrhaft werden – noch vor kurzem hätten solche Sätze einem Bundeswehroffizier mindestens einen Vermerk des militärischen Abschirmdienstes eingebracht. Sie wirken bemerkenswert für politische Kreise, die bis eben noch ganz selbstverständlich Soldaten für die höchste Form der toxischen Männlichkeit hielten und die Armee für eine rechtsradikale Vorfeldorganisation, die gegen öffentliche Bundeswehrgelöbnisse demonstrierten und überhaupt eine „Entmilitarisierung des öffentlichen Raums“ forderten. Unter diesem Stichwort verlangten beispielsweise die Kreuzberger Grünen eine Umbenennung der Yorck- und der Blücherstraße. Das änderte sich nach den von Grün befürworteten Waffenlieferungen an die Ukraine nicht wesentlich. In der TAZ vom 30. September 2024 beispielsweise gab eine Bildungsreferentin für Friedenspädagogik namens Nele Anslinger stellvertretend für mehr oder weniger alle urbanen Progressiven zu Protokoll: „Mein ‘Vaterland‘ würde ich allein deswegen nicht verteidigen wollen, weil ich vom Konzept des Nationalstaats nicht überzeugt bin.“
Mit dieser Haltung gegen alles Militärische im eigenen Land standen die Grünen weiß Gott nicht allein. Die Praxis, selbst verdienten Offiziere unter Medienapplaus bei der geringsten Beschuldigung in den Rücken zu fallen, siehe oben, und die Armee ansonsten gerade noch als gesellschaftspolitisches Exerzierfeld zu dulden, setzten bekanntlich auch Verteidigungsministerinnen der Union konsequent durch.
Selbst, wenn man die Meinungselastizität von Politikern in Rechnung stellt, kommt nach der Forderung selbst nach Entblücherung von Straßenschildern der Ruf des Grüne-Jugend-Chefs zu den Waffen ein bisschen plötzlich. Bis eben noch hätte man es für wirklich sehr weit hergeholt gehalten, dass ein Linksnachwuchskader namens Blasel Bürger mit dem Spruch ‘Hamse schon mit Dienen angefangen‘ auf den nächstgelegenen Truppenübungsplatz scheucht, und zwar ausdrücklich ohne Altersbegrenzung. Weshalb und wofür, dazu gleich mehr.
Erst einmal soll es um ein nicht ganz unwichtiges Detail gehen: In der Biografie von Blasel, Jahrgang 2000, findet sich kein noch so kleiner Berührungspunkt zum Militär, höchstens seine Erfahrung bei der Belagerung des letzten AfD-Parteitags. Seit 2018 engagierte er sich bei Fridays for Future, 2019 Abitur, bis 2020 dann hauptberuflich FFF, anschießend Vorsitzender der Grünen Jugend – dazwischen passte kein freiwilliger Reservistendienst, zu dem sich jeder und jede melden kann, aber insbesondere eine Person, der oder die anderen zuruft, sich unverzüglich zur Fahne zu melden. Auch später auf dem Weg zum Staatssekretär kann sich Blasel höchstvermutlich nicht für einen Geländemarsch freimachen.
Der junge Mann im besten wehrfähigen Alter stammt aus einer gutbürgerlichen Familie, Vater stellvertretender Chefredakteur der Kieler Nachrichten, Mutter Juristin; für seine Parteikarriere entschied er sich mit 18. Als er bei Fridays for Future einstieg, löschte er schnell ein Foto in sozialen Netzwerken, das ihn im US-Urlaub beim Verzehr von Schlangenragout zeigt, so, wie Luisa Neubauer einen Hüpfer zu spät ihre Weltreisefotos aus dem Profil putzte. Für Sprösslinge der fortschrittlichen Bourgeoisie versteht es sich von selbst, dass Reisen auf großem CO2-Fuß nicht jedem zustehen. Entbehrung macht sich erst in der Masse gut.
Das gleiche gilt jetzt eben für die gesellschaftliche Mobilmachung. Schließlich haben die Grünen aller Parteien ihr Weltmotto nur geborgt, und zwar von Helmut Schelsky: „Die Arbeit tun die anderen“. Auch Joseph Fischer muss trotz seiner paramilitärischen Vorbildung und passendem Kopf höchstwahrscheinlich nicht zum Kommiss, ebenso wenig wie Robert Habeck, der kürzlich im Spiegel meinte, mit seinem heutigen Bewusstsein hätte er den Wehrdienst nicht verweigert.
Wie sieht die nämliche zur Begründung des neuen Bellizismus herangezogene Weltlage nun aus? Warum und zu welchem Ende müssen die Spätbundesdeutschen jetzt wieder in die Geschichte? Die Antwort kennt der erwähnte Fischer, der kinnwiegend mitteilt: „Trump und Putin, Europa in der Mitte, das ist eine sehr, sehr ernste Situation.“
Und überhaupt sei es nicht mehr fünf vor zwölf, sondern später. Vor allem geht es um Trump, den Erstgenannten, nicht nur in Fischers Analyse, sondern überhaupt. Amerika unter seinem Schreckenspräsidenten zwingt Deutschland zur neuen Wehrhaftigkeit, jedenfalls nach Ansicht von Qualitätsjournalisten und -politikern. Hier eine kleine Presseschau der vergangenen Tage:
Die Zeit: „Die USA unter Trump sind eine Schurken-Supermacht“. Im gleichen Medium, diesmal mit einem amerikanischen Stichwortgeber: „Was passieren muss, damit die US-Bürger aufwachen.“
Spiegel: „Amerika ist jetzt unser Gegenspieler.“
Was meint die Süddeutsche? „Trump und die EU – Europa hofft auf ein entfesseltes Deutschland.“
Der Stern nimmt den Hitler-Stalin-Cartoon des Briten David Low zur Vorlage, erschienen 1939 im Evening Standard, um die beiden Figuren auf dem Cover durch Trump und Putin zu ersetzen.
Die FAZ fragt: „Darf man beten, dass Trump tot umfällt?“
Dem ZDF entnimmt der Zuschauer: „Boykott-Kampagne gegen US-Produkte. ‘Buy from EU‘ in Europa nimmt Fahrt auf“. Was spricht eigentlich dagegen, solchen Meldungen die Fanfare aus „Les Preludes” voranzustellen? Vermutlich nur der Umstand, dass so etwas bei Mitarbeitern wie Publikum einen Ästhetikschock auslösen würde.
Die ARD-Tagesschau holte den österreichischen TV-Experten Gustav Gressel (nichts in Militärdingen geht ohne österreichischen Experten) auf den Bildschirm, der zu „exterritorial abwendbaren Sanktionen gegen amerikanische Unternehmen“ rät, um „Trump die Rute ins Fenster zu stellen“. Denn der US-Präsidenten, so Gressel, sei „im Grunde ein Waschlappen, er weicht immer Druck aus“. Warum wohlmeinende Journalisten und ihre Sachverständigen dann überhaupt dermaßen viel Aufhebens um den Hasenfuß im Weißen Haus machen, erschließt sich nicht ganz. Ihre Obsession überragt jedenfalls die Größe, die sie Trump zugestehen, um ein Vielfaches.
Ein Zuarbeiter der ZDF-heute-show namens Peter Wittkamp sinniert beispielsweise für sein Publikum, wie es wäre, Trump, Vance und Elon Musk zu verprügeln, was er als Person mit der körperlichen Konsistenz eines eingeweichten Milchbrötchens zwar vermutlich nicht selbst erledigen dürfte, wie er ein bisschen zerknirscht einräumt. Aber es hebt ihm offenbar schon Busen und Gemüt, davon bis zur Mundtrockenheit zu fantasieren. Im oben bereits genannten Stern wiederum erklärt ein Autor namens Fabian Huber, dass und weshalb er sich für Amerika schämt.
Wer wissen will, wer da die dicke Schämlippe riskiert, schaue hier. Ja, richtig, er wirkt nicht nur wie der Bruder von ZDF-Wittkamp, sondern ähnelt physiognomisch generell sehr vielen der neu erwachten Feldzügler, denen man ihre unguten Schulhoferfahrungen meist auf den ersten Blick ansieht. Zu dieser Kategorie gesellt sich auch Zeit-Autor Mark Schieritz, der gern ganz groß denkt:
Denn:
Fassen wir zusammen: Bei Trump handelt es sich zum einen um die größte Bedrohung EU-Europas seit Jahrzehnten, andererseits um einen Waschlappen, den die EU schon mit ein paar Sanktionen auswringen kann, falls ihn öffentlich-rechtliche Funker nicht schon vorher mit bloßen Händen erledigen. Andererseits braucht man wohl noch China und – wie Annalena Baerbock kürzlich verkündete – Saudi-Arabien, um gegen ihn ganz auf Nummer sicher zu gehen.
Jedenfalls definiert es sich jetzt als links, andere gegen ihn zu den Waffen zu rufen. Trump gleich Hitler (gegen Stalin scheint es ja deutlich weniger Einwände zu geben), auf diesen Befund können sich ziemlich genau die Journalisten einigen, die 2015 auch schon wussten, dass die Merkelsche Masseneinwanderung ein Jobwunder erzeugt, dass nur die Impfpflicht Corona besiegt und Annalena Baerbock das Kanzleramt 2021 im Sturmlauf nimmt. Man muss zugeben: Ein bisschen entfesselt wirkt das offizielle Deutschland schon jetzt. Das kommt, weil dieses Gebilde wie kein anderes seine Lehren aus der Zeit gezogen hat, als ihm ein anderer österreichischer Militärexperte vorstand. Und diese Lehre lautet, dass nur ein Zweifrontenkrieg Haltung wirklich zählt.
Wie bewältigen die neugeborenen Bellizisten, die eben noch beim Anblick von Flecktarn Schreikrämpfe bekamen, jetzt diese Kehrtmarsch-Wende? Sie kommt nicht völlig aus dem Nichts. Schon in Coronazeiten bewiesen sich gerade Linke, denen vorher die Wendung von der Pharma-Mafia flott von den Lippen ging, von jetzt auf gleich als eifrigste Befürworter der Impfpflicht. Bekanntlich mussten die Nadeln glühen bis zum Sieg über das Virus und Maskentragen im Freien galt Leuten als erste Bürgerpflicht, die eben noch den kapitalistischen Repressionsstaat bis zum äußersten bekämpften.
Am wichtigsten scheint, dass die Wenden jeweils kollektiv erfolgen. Dieses äußerst anpassungsfähige und gerade deshalb langlebige Milieu hängte bekanntlich während des ersten Golfkriegs weiße Laken aus dem Fenster, obwohl die USA seinerzeit gar keine Germans an die Front riefen, es tackerte 2015 ff. „Wir haben Platz“-Transpis ans Fensterbrett, selbstredend ohne Absicht, ein Zimmer dahinter freizuräumen – und 2025 würde die gleiche Blase von ergraut bis grünjung wieder genauso kollektiv eine Flagge für die simultane Züchtigung Washingtons und Moskaus ans Balkongitter knüpfen, sobald die nötige Symbolik dafür bereitsteht. Ein Doppeleinhorn – eins an der Stirn und eins am Derrière jeweils für den Feind in West und Ost – könnte hier womöglich weiterhelfen.
Selbstverständlich geht es den Blasels und Schieritzens, also dem neuzeitlichen Ersatz für die Blüchers und Steubens, nicht wirklich um den Kampf gegen irgendeinen äußeren Gegner. Sondern um die Niederhaltung der inneren Feinde, um moralische Stellungsfestigung an der Heimatfront, um den Willen, beim medial-politischen current thing wie immer ganz an der Tete zu marschieren. Aus ihrer Sicht ganz zu Recht sehen sie nicht in dem längst wieder einigermaßen gekitteten Riss zwischen Trumps Administration und dem ukrainischen Präsidenten die eigentliche Kriegserklärung, sondern in der Münchner Rede des Vizepräsidenten J. D. Vance, der die Frage aufwarf, was die Allianz der USA mit Westeuropa eigentlich verteidigen soll. Und ebenfalls ganz richtig deuten sie die bloße Frage, welche Steuermillion in Deutschland eigentlich an welche linke Kampfplattform geht, als Fernwirkung eines von den USA angestoßenen Wandels, gegen den es Deutschland jetzt gründlich abzudichten gilt. Das erklärt auch, warum sich das harte Trommeln auf schmalen Brüsten vornehmlich gegen den Orange Man richtet, während Putin zum Nebenfeind herabsinkt.
Aber abgesehen davon stellt sich die Frage nach der Wehrhaftigkeit tatsächlich. Anders als manche meinen, sitzt in Moskau kein Friedensfürst. Er stößt vielleicht nach seinen Ukraineerfahrungen nicht gleich morgen an Berlin vorbei nach Bayern vor, also dorthin, wo es etwas zu holen gibt. Aber eine glaubwürdige Abschreckung hält ihn und seien möglichen Nachfolger auch morgen noch davon ab. Außerdem könnte sich demnächst – unverhofft kommt oft – demnächst eine ganz andere Bedrohung aufbauen. Beispielsweise, wenn jemand das neue islamische Regime in Syrien unter der Hand mit Kernwaffen versorgt, und in dieser Lage außerdem ein von Damaskus gelenktes Satellitenregime am Mittelmeer entstünde, also an Europas Gegenküste. Schon wegen der demografischen Entwicklung in Westeuropa wäre dieses Szenario wirklich unangenehm. Ein Trump und auch ein möglicher Präsident Vance ließe Westeuropa auch in diesem Fall vermutlich nicht fallen, würde aber darauf bestehen, die Last nicht allein und auch nicht zum größten Teil zu tragen. Kurzum, Truppen, die nicht nur auf dem Papier stehen, sollte sich dieser Staat aus mehreren Gründen leisten. Was uns zu der zentralen Frage bringt: Wer würde ihn verteidigen, wenn es darauf ankäme? Nehmen wir in diesem Zusammenhang sogar die Blasels einen Moment ernst, und schreiten wir zur Musterung, die allerdings, wie sich gleich zeigt, eher auf eine Ausmusterung beziehungsweise das Spiel hinausläuft, wer überhaupt übrigbleibt.
Blasel, Brantner und andere achten strikt darauf, von neuer europäischer Wehrhaftigkeit zu reden. Laut einer Umfrage der ARD sehen die meisten Deutschen Frankreich dafür als idealen Partner, Leitartikler ernennen Emmanuel Macron schon einmal zum nächsten Anführer des wertegeleiteten Westens. Aber Vorsicht: Frankreich leistete ungeachtet der Lautstärke seines Präsidenten bisher weniger an Waffenhilfe für die Ukraine als Dänemark, seine Streitkräfte verfügen über weniger einsatzbereite Leclerc-Panzer als die Vereinigten Arabischen Emirate, außerdem steckt das Land in einem Schuldenschlamassel, zu dem die Bundesregierung in spe erst einmal aufschließen muss.
Donald Rumsfeld bemerkte einmal nicht ganz grundlos: „Ohne Frankreich in den Krieg zu ziehen ist wie ohne Akkordeon auf Elchjagd zu gehen.“ Kurz und schlecht: Um die Rekrutierung von Truppen auf dem eigenen Terrain kommen die frisch erweckten deutschen Bellizisten nicht herum. Und das versetzt sie in eine erheblichen Zwicklage. Ginge es nach der reinen Lehre unter Beachtung des Kampfs gegen rechts, dann müssten die neuen Bundeswehrdivisionen aus politisch porentief reinen Sörens und Ann-Sophies bestehen, die mit ihren Panzerlastenrädern Stubentiger I und II vorstoßen. Das kommt allerdings, siehe oben, praktisch nicht Frage, erstens aus Neigungsmangel der Betreffenden und zweitens, weil die ganze Chose ja erklärtermaßen der Kampfkraftsteigerung dienen soll. Diejenigen, die jetzt zu den Waffen gegen Trump trommeln, ahnen schon, dass es ohne ein bisschen toxische Männlichkeit und fossile Fahrzeuge nicht geht. Es sei denn, sie gäben offen zu, dass es sich bei ihren Mobilmachungsaufrufen sowieso um eine einzige Windbeutelei aus ganz anderen und weiter oben angedeuteten innenpolitischen Motiven handelt.
Gehen wir also die restlichen Kandidatengruppen einzeln durch. In Deutschland existieren durchaus Truppen, die sich einheitlich gekleidet und in strammer Marschformation durch die Innenstädte bewegen, hier beispielsweise, um ihrem in Budapest wegen Totschlags festgehaltenen Kameraden die Ehre zu erweisen. Nur eigenen sie sich bestenfalls für den Rudeleinsatz gegen Zivilisten, also für Aufgaben hinter der Front. Das steht zwar in einer gewissen Tradition, ersetzt aber Kampftruppen nicht.
Zweitens verfügt gerade Deutschland wie auch Frankreich und selbst Österreich über eine erhebliche Zahl junger waffenfähiger und teils sogar schon waffenbesitzender Männer, die anders als die Grünjakobs kein Zimperlichkeitsproblem mit herumschleppen.
Beispielsweise dieser junge neuerdings in Deutschland beheimatete Herr, der sich ungescheut über das Durchschneiden von Alawitenhälsen auslässt. Warum er sich nicht gleich nach Syrien davonmacht? Nun, auch in Deutschland gibt es schließlich Alawiten, außerdem jede Menge generell Ungläubiger, obendrein Bürgergeld, Wohnung und viel amtliches Verständnis. Aber erstens gehen auch diese Kräfte bevorzugt auf Unbewaffnete los, ob nun in Stadtparks oder anderswo.
Ob sie sich unter Schwarzrotgold an eine Ost- oder Westfront bewegen ließen, das steht dahin. Und in dem oben angedeuteten Spannungsfall, der eher von dem muslimischen Friedensgürtel ausgeht, errichten sie ihre Fronten praktischerweise gleich in Berlin, Paris und Marseille. Alles Biokartoffeldeutsche, was politisch jenseits der Brandmauer steht, darf sowieso an keine Waffe, noch nicht einmal an die Gulaschkanone. Im Krisenfall jedweder Art kämen diese Leute wahrscheinlich am ehesten in Internierungscamps, im Gegensatz zu der anderen gerade erwähnten Klientel, und zwar schon aus Kapazitätsgründen.
Es bleiben noch die Bürger, die nicht klar zu den vorerwähnten Gruppen gehören. Aber auch unter denen macht sich die Frage breit: Sterben für Wokistan? Wer will wirklich für ein Land kämpfen, in dem ein paar Millionen Ungeimpfte kürzlich noch als Gesellschaftsfeinde galten, die aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen und als kollektiver Blinddarm behandelt werden sollten? Für ein Land, in dem ein zwangsgebührenfinanzierter Sender empfiehlt, selbst Familienangehörige bei Meldestellen anzuschwärzen?
Für ein Land, in dem Autochthone lernen, sich gegen bestimmte Gruppen lieber nicht zu wehren, beispielsweise in diesen oder diesen Szenen, während sie sich von einer verkommenen Exkanzlerin darüber belehren lassen müssen, dass ihre kartoffelige Bringpflicht darin besteht, diese Leute für ihre etwas eigenwillige Konfliktlösungsstrategie zu respektieren und rundum mit finanziellen Mitteln auszustatten? Kämpfen für einen, naja, Staat, dessen bisherige und leider auch präsumtive Regierungspartei in einem Papier vorschlägt, selbst abgelehnte nichtarbeitende Asylbewerber nicht auszuweisen, den deutschen Pass praktisch voraussetzungslos zu verschenken und selbst alle, die ihn partout nicht möchten, trotzdem wählen zu lassen? Faktisch löst die SPD damit das Staatsvolk auf, nachdem schon die CDU-getarnte Kanzlerperson die Landesgrenzen für obsolet erklärte.
Für ein Land, in dem Grüne und selbst ein SPD-Politiker das Denkmal des Turnvaters Friedrich Ludwig Jahn schleifen wollen und zwar mit der Begründung, er sei Antisemit gewesen? Jahn war zwar weniger antisemitisch als zehn Meter Sonnenallee oder nur zwei Quadratmeter Berliner Hamas-Aufmarsch, aber eben Angehöriger der falschen Ethnie.
Also: Wen oder was soll jemand in Uniform noch verteidigen, auf der auch noch die Flaggenfarben kleiben, die ein Ordner beim Kölner Karneval engagiert herunterreißt?
Vor kurzem stand hier und da die Nachricht, dass eine Behörde einen Gin-Hersteller beauflagte, alle seine bisher gedruckten Flaschenetiketten zu vernichten und für 10.000 Euro neue zu drucken. Der Grund: Bei einer Untersuchung durch gründliche Beamte stellte sich heraus, dass in der aufgedruckten Firmenadresse das kleine ‚e‘ in Hölderlinweg um 0,07 Millimeter kleiner als vorgeschrieben ausgefallen war. Um das herauszufinden, setzte das Amt ein Mikroskop ein. Was auch sonst? Nur dann fällt die Abweichung ja überhaupt auf.
Zum anderen erklärten Mitarbeiter des Auswärtigen Baerbock-Amtes freimütig, manche der auf Staatskosten eingeflogenen Afghanen kämen mit gefälschten Papieren, das wüssten sie schon. Am Hindukusch sei die Privatausstellung von Dokumenten eben Sitte, da dürfte man nicht mit deutschen Ansprüchen kommen.
Zu der zaghaften Forderungen der Union, vielleicht doch den einen oder anderen abgelehnten Bürgergeldmigranten wieder heimzuschicken, bemerkte der SPD-Politiker Ralf Stegner, mit seiner Partei werde es „keinen Wettbewerb der Schäbigkeit“ geben. Der Schäbigkeitswettbewerb der gleichen Leute gegen die eigenen Bürger läuft schon etwas länger. Und er kennt wie auch die Einwanderung ins Siedlungsgebiet keine Obergrenze.
Wer tatsächlich etwas mehr Wehrhaftigkeit wünscht, der muss seinen Bürgern schon etwas Verteidigenswertes bieten. Und zwar eben nicht nur denen, die sich für den Waffendienst aus diesem und jenem Grund sowieso nicht eignen. Nimmt man die Blasels beim Wort, was allerdings wegen des notorischen Schleimüberzugs nicht ganz leichtfällt, dann müsste man sie vor die Alternative stellen: Wollt ihr Truppen an der Außengrenze, dann müsst ihr den Kulturkrieg im Inneren einstellen. Und zwar mit allem Drum und Dran, von der Endgeldung des linkspolitischen Vorfeldes bis zum Zusammenkneifen der Lippen, ehe noch ein einziges Mal Alterweißermann drüberschlüpft.
Die Meldestellis, die Neuen Deutschen Medienmacher, die Omas gegen rechts und viele andere hätten ihr Staatsgold für Eisen abzugeben. Es muss weh tun. Soldaten tut die Kugel nämlich auch weh. Im Weigerungsfall könnte es passieren, dass die einzigen Wehrtauglichen des Landes im Ernstfall den Eskens und Dröges und Röttgens mit dem legendären Satz des letzten sächsischen Königs von 1918 antworten.
Und außerdem Laken mit der Aufschrift zum Fenster heraushängen: ‘Sankt Florian, Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ Blasels an‘. Keine Angst: die Polizei käme dann nicht mehr zum Morgenmantelempfang; sie würde sich nämlich umgehend der Besatzungsmacht unterstellen, egal welcher.
Übrigens gibt es bei der Bundeswehr mehr Ab- als Zugänge; die für 2031 geplante Sollstärke von 203.000 dürfte damit ungefähr so realistisch sein wie eine Energievollversorgung Deutschlands mit Sonne und Wind. Dass selbst viele Uniformierte wieder gehen, mag daran liegen, dass manche mit den körperlichen Anforderungen nicht zurechtkommen. Aber eben auch an dem Umgang, dass Politiker und Medien selbst altgedienten loyalen Soldaten in den Rücken fallen, sobald sie aus irgendeinem Grund linksintriganten Kreisen ins Fadenkreuz geraten. Für diese Dienstherren, sagt sich vermutlich der eine oder andere, lasse ich mich ungern totschießen. Wer sich bei Militärs umhört, aktiven wie demissionierten, der erfährt, dass es mit der Einsatzbereitschaft und den Munitionsvorräten aller Sonderschuldenmilliarden zum Trotz heute noch deutlich schlechter aussieht als 2022.
Das Disziplinarverfahren gegen den Generalmajor a. D. Markus Kurcyk wegen Umarmung, das 2023 begann, läuft übrigens immer noch.
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
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Henning
14. März, 2025Fast alles richtig, was Sie schreiben. Tatsächlich ist unsere Wehrfähigkeit allerdings schon deutlich vor der woken Wende den Bach runter gegangen. Die Wehrpflichtaussetzung und Abwirtschaftung der Bundeswehr erfolgte in den verhängnisvollen Merkeljahren. Die mangelnde Bereitschaft Deutschland zu verteidigen ist auch nicht erst in den letzten 3 Jahren entstanden. Letztendlich hat auch das süße Gift der amerikanischen Dominanz seinen Beitrag geleistet.
Wie man das je wieder umkehrt, weiß ich nicht. Wobei sich solche Wenden ja manchmal ganz schnell vollziehen bei Menschen, vor allem wenn es einen gemeinsamen Feind gibt. Das wir es tun müssen, ist aber klar. Ich bekomme Bauchschmerzen, wenn ich jemandem wie Josef Fischer recht geben muss, aber es führt kein Weg dran vorbei. Die Realität ist, das sich Europa in einer Sandwich-Position zwischen Russland und den USA, sowie einem instabilen nahen Osten befindet. Ob die USA je wieder ein verlässlicher und vor allem rationaler Partner sein werden, ist momentan überhaupt nicht absehbar. Bei einem Konflikt zwischen den USA und China haben wir auch nichts zu gewinnen. Daher ist das Gebot der Stunde so unabhängig wie möglich von den USA und Russland (militärisch, geheimdienstlich, wirtschaftlich, kulturell) zu werden. Die Chance ist ein starkes und vereintes Europa zu schaffen. Ob es gelingt, da habe ich leider große Zweifel.
Zorn Dieter
14. März, 2025Das ist Wokistan! Eine junge Generation der Erben, die nichts leistet und nichts schnallt. Aber jeden Tag den Mund aufreißt, um diese Tatsache zu verdecken! Und, die sich unter Ihresgleichen in den Medien ganz groß vorkommt. – Es gibt natürlich auch andere, die nicht in einer NGO sind, oder was mit Medien machen. Die Familie haben, einen Job und Verantwortung tragen. Aber! Nur was in den Medien ist existiert und gibt den Ton an (Luhmann). – Schließt sich die Frage an: Was ist schlimmer in einer Massendemokratie – die Politiker oder die Journalisten? Und, wie kann es sein, dass sich diejenigen die Verabtwortung tragen, von einem Haufen irrer Nichtskönner terrorisieren lassen? Hah, habe die Justitz vergessen! Wer so eine Klage wie die oben geschilderte zulässt, ist ebenfalls Teil des Problems. Womit wir der Lösung schon sehr nahe sind: Es ist der Zeitgeist oder sein Widergänger, der Ungeist, dem sich immer alle unterwerfen! Bis der Wind wieder dreht. Dann aber voll hinterher mit Gebrüll!