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Medien & Kritik

Wochenrückblick: Erweiterte Märtyrer

Zuerst müssen die Vorgänge auf der großen politischen Bühne abgehandelt werden, aber ganz fix. Martin Schulz stellt mit Donnergroll fest, die Nachricht vom Eintritt der SPD in die nächste große Koalition sei grob voreilig. Erst müsste er nämlich mit seinen Genossen das Regierungsprogramm fertigstellen: Also Abschaffung der Privatärzte, viel mehr Europa, hundertprozentige Steuer auf Glyphosat und Abitur für alle, darunter wird es die „stolze Partei“ (M. Schulz) nicht machen. Also dauert es noch ein bisschen,

Der rote Knopf

Das Hauptproblem der Medien liegt nicht in ihren Meldungen. Sondern in ihrer Unfähigkeit, sich zu korrigieren

Eigentlich gilt es als gute Nachricht, wenn sich etwas Schlimmes – eine Straftat, eine Katastrophe – auf den zweiten Blick doch als milder erweist. Für Medien gilt das nicht unbedingt. Am Dienstag traf in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Altena der arbeitslose Maurer Werner S. an einem Imbißstand auf Andreas Hollstein, den Bürgermeister des Ortes. Was dann passierte beziehungsweise passiert sein sollte, wusste bald die ganze Republik: ein rechtsradikales Messerattentat, das der CDU-Politiker nur knapp überlebte.

Wochenrückblick: Slomkarren und Schulzen

Populär sind bei Journalisten Ausflüge in die Jugendsprache. I bims! Großer Beliebtheit erfreut sich auch das Spiel, Neologismen zu erfinden und gleichzeitig zu behaupten, sie kämen aus dem Bauch des Volkes. Beispielsweise „lindnern“. Das Verb, erklärt der SWR, dessen Redakteure sich seit letztem Sonntag kreative Gedanken über den Jamaikazerstörer Christian Lindner machen, „beschreibt das Zurückziehen von einer gemeinsam geplanten Gruppenaktivität zum spätmöglichsten Zeitpunkt.“

Einstürzende Rauten

Nach dem Jamaika-Ende geben sich die deutschen Medien so wirr wie schon lange nicht mehr

Seit der Wahl Donald Trumps und der Brexit-Entscheidung existiert eine gewisse Routine der deutschen Medien: Leitartikler und andere Meinungsinhaber stellen fest, dass die Zeitläufte schmählich darin versagt hat, ihre Prognosen zu erfüllen. Am Mittwoch vergangener Woche lautete der Beschluss der Medienschaffenden noch, mitgeteilt in einer Einheitsformulierung von ARD, Stern, Süddeutsche bis BILD: Jamaika ist auf der Zielgeraden. BILD ragte zugegebenermaßen mit der Doppelmetapher heraus, der „Jamaika-Poker“ befinde sich auf der „Zielgeraden“.

Schweizer Botschaft in Berlin

Es gibt eine neue Farbe in der deutschen Medienlandschaft: Die Neue Zürcher Zeitung dehnt ihre Deutschlandberichterstattung deutlich aus. Der Journalist Marc Felix Serrao, ehemals Süddeutsche Zeitung und FAS, etablierte in diesem Jahr das Berliner Redaktionsbüro der Schweizer. NZZ-Chef Eric Gujer hatte schon vor einiger Zeit darüber gesprochen, dass er mit seinem Blatt auf das mittlerweile so gut wie leere Feld des liberal-konservativen Tageszeitungsmarkts im Nachbarland vorstoßen will.

Vom dezidiert linken Tagesanzeiger gibt es dazu eine besondere Werbung für die Konkurrenz.